Donnerstag, 30. Januar 2020

🎧 Hörbares: Streit um 'Judensau' auf Kirche in Wittenberg -- Schatz des Priamos -- Niedergermanischer Limes -- usw.



 'Judensau' in Wittenberg | Spieldauer 3 Minuten | RBB/ARD |  Stream & Info | Direkter Download
Auf diesen Fall habe ich ja schon im Mai 2018 hingewiesen und mich damals bei einem bekannten jüdischen Publizisten danach erkundigt, was er davon hält, dass jemand die Entfernung der 'Judensau' (ein Schwein, das zwei Juden säugt) von einer denkmalgeschützten Kirche in Wittenberg gerichtlich erzwingen möchte. Seine Antwort war: "Ich finde es albern und unnötig. Gut, dass die Initiatoren sonst keine Sorgen haben."
Übrigens, das Relief ist nur schwer erkennbar, da in einigen Metern Höhe angebracht. Überdies verwendet es eine Bildersprache, die heute so gut wie kein Passant richtig wird einordnen können.
Letztendlich wäre es katastrophal, wenn man damit beginnen würde, denkmalgeschützte Bauten auf Grundlage aktueller Moral-Maßstäbe und wegen persönlichen Befindlichkeiten zu 'säubern'. Z.B. könnten den historischen Kontext ignorierende Atheisten darauf bestehen, dass die im Fegefeuer brutzelnden Menschen auf Kirchenreliefs herausgebrochen werden, weil dergleichen beleidigend oder gar verhetzend gegenüber Nichtchristen sei. 

 Alte jüdische Zentren am Rhein - Die SchUM-Städte Speyer, Worms und Mainz | Spieldauer 28 Minuten | SWR/ARD | Stream & Info | Direkter Download

 Römisches Reich - Christentum wird Staatsreligion | Spieldauer 31 Minuten | DF/ARD |  Stream & Info | Direkter Download

 24.1.1881: Heinrich Schliemann verschenkt den "Schatz des Priamos" | Spieldauer 4 Minuten | SWR/ARD|  Stream & Info | Direkter Download

 Genetische Vielfalt war ein Erfolgsfaktor des antiken Rom | Spieldauer 5 Minuten | SWR | Stream & Info | Direkter Download
Nichts in dieser Sendung belegt die im Titel getroffene Tatsachenbehauptung. Im Gegenteil, es handelt sich um eine Hypothese, wie später in einem Nebensatz eingeräumt wird. Wir sind hier also wieder einmal mit einem bei den meisten Journalisten und vielen Geisteswissenschaftlern besonders beliebten Schmäh konfrontiert: Man findet eine scheinbare Korrelation und erfindet sich dazu eine genehme Kausalität. Auch ansonsten ist der Beitrag voller Nebelgranaten: Fast alle altrömischen Autoren seien nicht (in der Stadt) Rom geboren worden, heißt es etwa. Ja, z.B. Cicero kam aus Arpinum, Plinius aus Novum Comum. Und? Das ist ungefähr so, als wenn man sagen würde, dass wer nicht in der Hauptstadt Berlin geboren wurde, sondern in Potsdam oder in Wittenberg, kein Deutscher wäre. Und wenn man in dem Beitrag die Heterogenität der DNA antiker römischer Hauptstadtbewohner hervorhebt, dann sollte man, sofern man nicht in den Verdacht geraten möchte, eine selektive Quellenauswahl zu betreiben, tunlichst erwähnen, dass sich anderenorts im Reich ein gegenteiliges Bild zeigt. So ist, um hier nur Beispiel zu nennen, die DNA der Bewohner im relativ nahen Pompeji sehr homogen, schreibt der Archäologe Alberto Angela in seinem Buch "Pompeji - Die größte Tragödie der Antike". Richtige ethnische Schmelztöpfe gab es zwar, aber sie waren nicht zwingend die Regel, wie hier insinuiert wurde. Es ist unseriös, sich Großstädte wie Rom herauszupicken, um daraus dann allgemeine Schlüsse fürs gesamte Reich abzuleiten. Die treiben da nach meinem Dafürhalten nichts anderes, als die Haus- und Hof-Wissenschaftler des verblichenen Mussolini - lediglich die Vorzeichen wurden gewechselt: Während früher die reine Rasse das Maß aller Dinge war, ist es nun die genetische Durchmischung, die den überlegenen Supermenschen kennzeichnet. Beides ist aber letztendlich nur dem jeweiligen Zeitgeist geschuldeter Ideologie-Schmarrn. Ernstzunehmende Wissenschaftler und Journalisten differenzieren hingegen, anstatt mittels Komplexitätsreduktion das eigene Weltbild bestätigen zu wollen.  

 Kaiserjahr 2020: Vorbereitung auf die große Mittelalter-Ausstellung in Mainz | Spieldauer 4 Minuten | SWR/ARD| Stream & Info | Direkter Download

 Bei einer archäologischen Grabung live dabei sein | Spieldauer 6 Minuten | RBB/ARD |  Stream & Info | Direkter Download

 Niedergermanischer Limes - Eine Grenze als Weltkulturerbe | Spieldauer 9 Minuten | DF/ARD |  Stream & Info | Direkter Download

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7 Kommentare:

  1. Demnächst: Atheistische Lesbe klagt auf Abriss von Kirchturm, weil der ein phallokratisches Herrschaftssymbol ist.
    ;-)

    Gero

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    1. Das mit der atheistischen Lesbe hat es meines Wissens zwar (noch?) nicht gegeben, aber in Limburg an der Lahn beschwerte sich einmal eine Veganerin beim Bürgermeister weil sie es unangemessen fand, dass das Glockenspiel des Rathauses u.a. "Fuchs du hast die Ganz gestohlen" spielte.
      https://diekolumnisten.de/2017/02/13/schilda-an-der-lahn/

      Von daher: Wehret den Anfängen!

      Grüße
      Ulrich

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    2. Auch nicht schlecht sind die zunehmenden Beschwerden wegen dem Läuten von Kirchenglocken oder dem Schlagen einer Kirchturmuhr. Wir leben in einer zunehmend verrückter werdenden Welt!

      Karl0

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  2. Diese moderne Form der Bilderstürmerei halte ich auch für sehr fragwürdig. Lieber eine Tafel mit Erklärung anbringen.

    Guinevere

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  3. dieser "bekannte jüdische publizist" hat wie so oft den nagel auf den kopf getroffen. grüße aus der schweiz, chris

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  4. "Christentum wird Staatsreligion" ist schon interessant. Noch interessanter fände ich, wie aus den radikalen jüdischen "Ur"-Christen in reichlich 200 Jahren das breite Heidenchristentum werden konnte - neben der "orthodoxen" jüdischen Religion. Musste vielleicht der Mithraskult in den Legionen eingeführt werden, weil der vehemente Kampf der Juden(-Christen) gegen Rom die Legionäre nachhaltig beeindruckte? Erfolgte später eine Synthese der "Kulte" - im Sinne des aus Jerusalem verjagten Paulus? (Sh. Konstantins Sieg an der Milvinischen Brücke, Martin von Tours...)

    irgendwer

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