Montag, 4. Juli 2022

⚔️ Schon in der Antike gab es restriktive Waffengesetze!


In den USA diskutiert man zum x-ten Mal wegen einem höchst unerfreulichen Anlass eine Verschärfung der Waffengesetzgebung - Stichwort '2nd Amendment'. Wobei sich - tausende Kilometer entfernt - gerade deutschsprachige Journalisten besonders berufen fühlen, dieses Thema mit ihrer üblichen Parteilichkeit zu kommentieren. An des Schreibsöldners moralisch überragendem Wesen, sollen offenbar die USA genesen. 
Freilich, wer andererseits meint, restriktive Waffengesetze für Privatleute seien eine relativ neue Erfindung, der irrt gewaltig. Nicht nur im Mittelalter, sondern sogar schon in der Antike gab es dergleichen. Ein später von den Römern als "Aeneas Tacticus" bezeichneter griechischer Autor schreibt darüber im 4. Jahrhundert vor Christus in seinem militärischen Fachbuch "Poliorketika" ("Stadtverteidigung"). Hier nun zwei interessante Textstellen daraus. In der ersten wird von den Stadtbewohnern folgendes gefordert: 

Wer mehr als einen Satz Waffen besitzt, hat sie registrieren zu lassen. Und niemand hat irgendeine Waffe auszuführen oder als Pfand anzunehmen, niemand Soldaten anzuwerben oder sich selbst anwerben zu lassen ohne die [Zustimmung der] Archontes (=Bürgermeister).
Aeneas Tacticus, Poliorketika / Stadtverteidigung 10, 7 | Übers.: Kai Brodersen | De Gruyter, 2017

Zweck dieser Bestimmung war es wohl einerseits, die Bewaffnung von oppositionellen Kräften in einer Stadt zu verhindern (siehe auch unten) - daher nur ein Satz Waffen pro erwachsenem männlichem Bürger (Haushalt?). Andererseits sollte aber in Krisenzeiten auch die Ausfuhr von Waffen unterbunden werden, damit den eigenen Verteidigungskräften im Belagerungsfall daran kein Mangel entsteht (wie man es hingegen nicht macht, zeigt ein ganz aktuelles Beispiel: wahre Unmengen der in die Ukraine gelieferten Waffen (Raketenwerfer usw.) landen, zur Freude von Terroristen, nicht an der Front, sondern auf dem Schwarzmarkt - aber das nur am Rande).

Fremde beäugte man besonders misstrauisch. Hinsichtlich der Loyalitätsfrage wollte man ihnen keinen Persilschein ausstellen. Nicht ganz zu Unrecht - wie nämlich viele überlieferte Beispiele aus der Antike zeigen. Allzu leicht konnten beispielsweise Feinde einsickern, um später einem anrückenden Heer die Tore zu öffnen oder um der innerstädtischen Opposition zur Seite zu stehen. Daher musste eine kluge Stadtverwaltung gesetzlich Vorsorge treffen:

Die ankommenden Fremden haben ihre Waffen sichtbar und offen zu tragen; sie sind ihnen sofort abzunehmen. Und niemand, auch die Gastwirte nicht, hat einen von ihnen ohne Wissen der Archontes aufzunehmen. Die Archontes haben aufzuschreiben, bei wem sie sind, wenn sie einkehren. Nachts sind von den Archontes die Wirtshäuser von außen zu verschließen.
Aeneas Tacticus, Poliorketika / Stadtverteidigung 10, 9-10 | Übers.: Kai Brodersen | De Gruyter, 2017

Ob Regeln wie diese vor allem in Kriegs- und Krisenzeiten galten, nicht aber in Friedenszeiten, ist mitunter schwer zu sagen. 

Auch in Rom gab es einen räumlich recht ausgedehnten Bereich, in dem das Tragen von Waffen verboten war - im sogenannten "Pomerium", dem alten Sakralbezirk der inneren Stadt. Man fühlt sich dabei ein wenig an die "gun-free zones" in den USA erinnert, die von Kritikern als Einladung an Amokläufer und sonstige Schwerkriminelle angesehen werden, weil diese dort mit keiner Gegenwehr von bewaffneten Bürgern rechnen müssen. Dass dieser Einwand nicht ganz von der Hand zu weisen ist bezeugt ebenfalls in gewisser Weise die antike Stadt Rom: Als der berühmt-berüchtigte Lucius Sergius Catilina im Jahr 63 v. Chr. seinen Umsturz plante, ließ er höchstwahrscheinlich auch innerhalb des Pomeriums - also im Herzen und Machtzentrum der Stadt - geheime Waffenlager anlegen, um so unmittelbar vor dem Losschlagen seine Anhänger ausrüsten zu können. Nachdem man ein solches Waffenlager im Haus eines hochrangigen Mitverschwörers des Catilina - es handelte sich dabei um den Senator Gaius Cornelius Cethegus - ausgehoben hatte, rechtfertigte der sich allen Ernstes damit, dass er schon immer ein Liebhaber und Sammler schöner Metallarbeiten gewesen sei 😁.
Als 19 Jahre später der Diktator Gaius Julius Caesar von Senatoren erdolcht wurde, fand diese Tat sicher nicht zufällig in einem angebauten Saal des Pompeius-Theaters statt. Dieser Bau befand sich nämlich - anders als die meisten der üblichen Sitzungsorte des Senats (Curia, diverse Tempel) - außerhalb des Pomeriums. Die Attentäter konnten somit nicht beschuldigt werden, dass sie sich mit dem Tragen von Waffen eines Sakrilegs schuldig gemacht hatten. Etwas, mit dem anderenfalls die Freunde Caesars den Tyrannenmord in den Augen der Öffentlichkeit hätten 'delegitimieren' können.

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2 Kommentare:

  1. " wie man es hingegen nicht macht, zeigt ein ganz aktuelles Beispiel: wahre Unmengen der in die Ukraine gelieferten Waffen (Raketenwerfer usw.) landen, zur Freude von Terroristen, nicht an der Front, sondern auf dem Schwarzmarkt - aber das nur am Rande. " Lass mich das mal so kommentieren, lieber Hiltibold: Den für die Waffenlieferungen verantwortlichen Politikern werden die gelieferten Waffen möglicherweise eines Tages im wahrsten Wortsinn um die Ohren fliegen. Karma is a bitch! ;-) Der Wanderschmied

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  2. Schöne Grüße von Mudschahidin und Taliban: Geschichte wiederholt sich nicht, sie reimt sich bloß...

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