Dienstag, 14. März 2023

Alter Wein in neuen Schläuchen: Der unerträglich unwissenschaftliche Megastuss einer SWR-Journalistin


Die studierte Politikwissenschaftlerin (BA) Vinetta Richter ist Journalisten beim SWR. Laut ihrer Biographie interessiert sie sich "für alle möglichen Themen", am meisten jedoch für "Archäologie, Psychologie und Biologie"
Als ausgewiesene Universaldilettantin fühlt sie sich nun dazu berufen, in einem aktuellen Text über die Körperkraft bronzezeitlicher Frauen zu dozieren. Der Titel ihres Ergusses lautet: "Frauen aus der Bronzezeit waren durchtrainierter als gedacht". Und weiter: 

Landwirtschaft ist harte Arbeit. Eine Arbeit, die Frauen in der Bronzezeit regelmäßig verrichteten. Deshalb hatten Frauen damals größere und stärkere Muskeln als jetzt. Das fanden Forschende aus England heraus. 

"Forschende", soso. Jene Abneigung, die hier die 'Dummschwätzende' gleich zu Beginn hinsichtlich des generischen Maskulinums zur Schau stellt ist ein guter Indikator dafür, dass wir es mit einer ideologisch motivierten 'Schreibtischtäterin' zu tun haben. Der erfahrene Medienkonsument ahnt daher sofort, dass er sich von einer solchen Journalistin keine hohe Qualität bzw. Kompetenz erwarten darf. Die zum Sender passende ideologische Gesinnung hatte bei der Jobvergabe Vorrang.
Diese Frau geht mit ihrer  Sprachverhunzerei übrigens auch auf TikTok hausieren. Was die Seher dort von ihrer Wortwahl und Performance halten, zeigt die mit Spott gespickte Kommentarspalte.

Männer, die mit Bronzespeeren jagen, metallenes Werkzeug schmieden und Ackerbau mit ersten Pflügen betreiben. Frauen, die sich um die Kinder kümmern, Weintrauben pressen oder aus Schilfrohren Körbe flechten, vermutlich, um die Früchte der Arbeit ihrer Männer auf dem Feld einzusammeln. So in etwa stellen sich viele die Bronzezeit vor. 

An dieser Vorstellung ist erst einmal nichts falsch. Wie außerdem der weitere Text enthüllen wird ist Frau Richter auch gar nicht in der Lage, dahingehend etwas zu falsifizieren. Was sie freilich nicht davon abhält, trotzdem das Gegenteil zu insinuieren. 
Im Übrigen: Von "Bronzespeeren" zu sprechen ist reichlich ungeschickt, besteht doch lediglich die Spitze aus Bronze. Kein Archäologe oder Historiker mit Sachverstand würde das machen. Und auch kein angeblich an Archäologie interessierter Laie - wie sie ja einer sein will. 

Es folgt ein kleiner Einschub/Exkurs: 

Bronzezeit
Die Epoche der Bronzezeit in Mitteleuropa datieren Forschende auf den Zeitraum zwischen 2200 bis 800 Jahren vor Christus. In dieser Zeitperiode begannen die Menschen Metallgegenstände herzustellen. Neben Schmuck und Gerätschaften für zum Beispiel den Ackerbau, stellten sie auch Waffen vorwiegend aus Bronze, einer Kupfer-Zinn-Legierung, her. 

Diesen Inhalt wurde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bei Wikipedia abgeschrieben und dann zwecks Verschleierung paraphrasiert. Dort steht nämlich: "Die Bronzezeit ist die Periode in der Geschichte der Menschheit, in der Metallgegenstände wie Waffen, Gerätschaften und Schmuck vorwiegend aus Bronze, einer Kupfer-Zinn-Legierung, hergestellt wurden. Diese Epoche umfasst in Mitteleuropa etwa den Zeitraum von 2200 bis 800 v. Chr."
Man möchte im Angesicht dessen gar nicht erst wissen wie Vinetta Richter in ihrer Bachelorarbeit mit Quellenangaben bzw. Zitationsregeln umgegangen ist ... 

Frauen in der Bronzezeit waren durchtrainiert 

Mit einem kleinen Computertomographen und einer Gruppe studentischer Probandinnen ausgestattet, entdeckten Forschende der Universität Cambridge, dass die Armknochen mitteleuropäischer Frauen aus dieser Zeit etwa 30 % stärker waren als die moderner Frauen. 

Und: 11 bis 16% stärker als die der modernen Frauen des Weltmeisterteams der Cambridge Women's Crew, die täglich mehrere Stunden trainieren, um ein circa 18 Meter langes Boot so schnell wie möglich zu rudern. 

"Dies ist die erste Studie, die prähistorische Frauenknochen, mit denen von lebenden Frauen vergleicht", erklärte Alison Macintosh, Forschungsstipendiatin an der Universität Cambridge und Hauptautorin der Studie, in einer Pressemitteilung. 

Dass man mit Probandinnen "ausgestattet" sein kann ist ja schon wieder so eine drollige Formulierung. Doch das nur am Rande. Viel wichtiger ist, dass - im Vergleich zur Gegenwart - natürlich nicht nur die Frauen in der Bronzezeit kräftiger gebaut waren, sondern auch die Männer! Das wird hier allerdings verschwiegen. Warum eigentlich? Etwa, weil es das im Subtext transportierte einseitige Narrativ beeinträchtigt hätte? Dass nämlich nur die Frauen dazumal mehr hackeln mussten?
Der Forschung jedenfalls ist das alles schon seit vielen Jahrzehnten bekannt. U.a. deshalb, weil bei Untersuchungen an einschlägigem Knochenmaterial festgestellt wurde, dass die Muskelansätze dazumal im Durchschnitt ausgeprägter waren; schlicht und ergreifend, weil die Menschen damals viel häufiger manuelle Arbeit verrichten mussten. Ja, selbst die Kiefer waren kräftiger, was man gerne darauf zurückführt, dass Nahrungsmittel verzehrt worden sind, die oft relativ starke Kauarbeit verlangten.

Die Forschenden vermuten, dass die Frauen in der Bronzezeit nicht nur Getreide mahlten, sondern auch eine Reihe anderer Tätigkeiten ausübten, die Muskelmasse aufbauten: 

...wie z. B. das Schleppen von Viehfutter, das Schlachten und Zerlegen von Tieren für den Verzehr, das Abziehen der Haut von toten Tieren und deren Aufhängen an Haken, um sie zu Leder zu verarbeiten, sowie das Pflanzen und Ernten von Feldfrüchten ausschließlich von Hand. 

Ist die Frau eigentlich von allen guten Geistern verlassen? Das ist doch nicht neu! Welcher seriöse Vorgeschichtler oder Anthropologe hat den in den vergangenen 50 Jahren etwas anderes behauptet? Die fachlich völlig unbeleckte Journalistin stellt hier in klassischer Rabulistenmanier eine Strohpuppe auf, nur um die dann selber umhauen zu können. 

Die Autorinnen und Autoren der Studie gehen sogar noch weiter. Sie meinen, dass die Ergebnisse daraufhin deuten, dass diese harte Handarbeit von Frauen die entscheidende Triebkraft der frühen Landwirtschaft war. 

Jaja, so etwas zu behaupten ist wohlfeil. Harte Belege werden freilich keine präsentiert, stattdessen wird mit Schwafelformulierungen hantiert. Was soll denn z.B. "entscheidend" im vorliegenden Kontext bedeuten? Hierbei handelt es sich in Wirklichkeit um eine Null-Aussage. Der Typ, der am Fließband bloß die Reifen ans Auto schraubt ist schließlich auch "entscheidend" dafür verantwortlich, dass das Auto am Ende fahrtüchtig ist. Obwohl seine Tätigkeit nur einen winzig kleinen Prozentsatz der nötigen Gesamtarbeitsleistung für den Autobau ausmacht. 
Was keinesfalls bedeuten soll, dass die landwirtschaftliche Arbeitsleistung der bronzezeitlichen Frauen gering war. Wir wissen allerdings nicht bis in jedes Detail hinein, in welcher Form sie zum Tragen kam. Daran wird sich auch zukünftig kaum etwas ändern. Wer hier etwas anderes insinuiert, argumentiert wissenschaftlich unseriös.

Den Forschenden aus England zufolge haben Frauen in der Bronzezeit vermutlich bis zu fünf Stunden am Tag Getreide gemahlen. So war die Ernährung der Dorfbewohner gesichert, auch wenn die Männer bei der Jagd leer ausgingen. 

Was für eine blödsinnige Halbwahrheit! Ich würde mir die Haare raufen, wenn ich noch welche hätte! Die Jagd spielte in der Bronzezeit bei der Nahrungsversorgung der Sippe längst keine zentrale Rolle mehr. Das weiß man u.a. aufgrund von archäologisch beackerten Abfallgruben. Die große Zeit der Jäger und Sammler war seit der 'neolithischen Revolution' aus und vorbei. Will heißen, der hierzulande lebende Mensch (d.h. Frau UND Mann!) war vor allem Landwirt. Entsprechend sind auch BEIDE Geschlechter primär in diesem Bereich tätig gewesen. 
Außerdem, das sei an dieser Stelle ausdrücklich angemerkt, darf man nicht vergessen, dass es DIE Bronzezeit eigentlich nicht gegeben hat. Auch innerhalb dieser Epoche war die menschliche Gesellschaft im Fluss. Einiges änderte sich von der frühen bis zur späten Bronzezeit. So verlor etwa der Feuerstein drastisch an Bedeutung.

Die Ergebnisse der Studie verändern also das Bild der Arbeitsteilung der Bronzezeit deutlich. Nicht nur Männer, sondern auch Frauen haben Felsbrocken geschliffen, Tiere gezähmt, große und schwere Dinge gehoben und dadurch nicht nur Armmuskeln aufgebaut, sondern auch für ihre Familien gesorgt. 

Was?! "Felsbrocken geschliffen" haben sie?!? Was soll denn das bedeuten 😂?!?  Wieso schreibt diese Nuss denn nicht, dass es sich dabei um das Herstellen von Steinwerkzeugen handelt? In der von ihre herangezogenen Arbeit steht doch unmissverständlich "polished stone tools". Bei so einer unausgegoren Formulierung/Übersetzung kann doch kein Leser den Sinn richtig erfassen! 

Natürlich haben sich auch Frauen dazumal krumm gebuckelt. Man muss - neben den oben erwähnten stark ausgeprägten Muskelmarken - nur die z.T. massiven Abnutzungsspuren an den Knochen betrachten. An dieser Erkenntnis ist absolut gar nichts neu! Die SWR-Journalistin füllt im Jahr 2023 - unter Berufung auf eine bereits 2017 erschiene Studie, alten Wein in neue Schläuche. Damit sie anschließend so tun kann, als ob wir irgendwelche vorgeschichtlichen Rollenbilder über en Haufen werfen müssten. 
Der hier dargebotene Stuss erinnert an jenes haarsträubende Video von Arte, in dem sogar insinuiert wurde, in der Steinzeit sei die Frau körperlich gleich stark wie der Mann gewesen! 

Vinetta Richters Geschreibsel ist ein Paradebeispiel für ziemlich lausigen Journalismus. Personen lassen sich über Sachthemen aus, von denen sie keine Ahnung haben. Dass im konkreten Fall außerdem feministische Beweggründe vorliegen, darf man getrost annehmen. Die öffentlich-schlechtliche Journalistin unternimmt hier nämlich den ungeschickten Versuch, die Frauen der Bronzezeit hochzupumpen, um so in der Vergangenheit Argumente für heutige gesellschafts- und identitätspolitische Anliegen zu finden. Dabei vergisst und marginalisiert diese ahnungslose und möglicherweise genuin doofe Person jedoch all die fleißigen Frauen, die in unseren Breiten in der Landwirtschaft bis mindestens in die 1950er-Jahre (!) hinein aufgrund einer noch relativ gering ausgeprägter Mechanisierung von klein auf körperlich schwer arbeiten mussten - gemeinsam mit ihren Vätern und Brüdern! 

Burgenland, späte 1950er-Jahre | Meine Großmutter (2. von rechts) und meine Urgroßmutter (2. von links) bei der Feldarbeit

Schlussbemerkung: Es ist längst bekannt, dass der deutliche Rückgang bei der Körperkraft des Menschen mit der Industrialisierung/Automatisierung an Fahrt aufnahm. Eine Entwicklung, die bis heute nicht abgeschlossen ist

In a study of Americans ages 20-34, occupational therapists found that men younger than 30 have significantly weaker hand grips than their counterparts in 1985 did. The same was true of women ages 20-24, according to the study published online by the Journal of Hand Therapy a few months back.

In 1985, men ages 20-24 had an average right-handed grip of 121 pounds and left-handed grip of 105 pounds. Today, men that age had grips of only 101 and 99 pounds, the study found. Men 25-29 posted losses of 26 and 19 pounds.

Women ages 20-24 showed smaller, but significant losses in their right hand grip. With right-handed grips today of 60 pounds, they've lost roughly 10 pounds of force.

Nicht nur der Rückgang an manueller Arbeit ist für diese Entwicklung verantwortlich, sondern auch die Ernährung. So wirkt sich etwa ein Mangel an tierischen Eiweiß nachteilig auf das Muskelwachstum aus. Z.B. wurde der Mensch im Verlauf des Mittelalters kleiner, weil er sich im Vergleich zu früher stärker von pflanzlicher Nahrung wie Getreide und Gemüse ernährte. Das ist anthropologisch-archäologisches Grundlagenwissen. Wer etwa dem 'woken' Vegan-Kult frönt, der darf sich freilich nicht wundern, wenn ihm ähnliches widerfährt. 
Hinzu kommt, dass sich der heutige Mensch mit Plastik regelrecht vergiftet. So gibt es Inhaltsstoffe, die dem Östrogen sehr ähneln; diese stehen im dringenden Verdacht, den Hormonhaushalt des Mannes durcheinanderbringen. Neben der abnehmenden körperlichen Tätigkeit könnte das einen nicht unerheblichen Beitrag dazu leisten, dass der durchschnittliche Testosteronspiegel seit einigen Jahrzehnten geradezu abstürzt.

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7 Kommentare:

  1. Als ob es nicht ausreichend studierte Historiker am Arbeitsmarkt geben würde, die man an einen solchen Text setzen konnte. Stattdessen überlässt das die Wissenschaftsredaktion einer Politologin. Dafür bezahle man doch gerne TV Gebühren .....

    W.T.C.

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  2. Diese journalistische Dummheit ist auch alters- und milieubedingt. Die meisten heutigen Journalisten haben einfach keinen Bezug zum traditionellen Landleben mehr. Deshalb glauben sie, man muss bis in die Vorgeschichte zurückreisen, um körperlich hart arbeitende Frauen zu finden.

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  3. Damals waren die Frauen fit, heute sind sie fett.

    Und wegen der Geschlechtergerechtigkeit: Gilt selbstverständlich auch für die Männer!

    LUDWIG

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  4. Der Artikel vom SWR wirkt wie mit der heißen Nadel gestrickt. Da hat sich jemand einen schlanken Fuß machen wollen.
    Ansonsten würde es mich aufgrund meiner Beobachtungen außerdem nicht wundern, wenn der Mensch in den letzten 3000 Jahren nicht nur körperlich schwächer, sondern auch dümmer geworden ist.
    Landgraf

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    1. Das Dümmerwerden ist erst in den letzten dreißig Jahren verstärkt passiert, nur bei Linken und Grünen schon deutlich früher.

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  5. Journalismus kann heute so leicht sein. Du überfliegst eine 6 Jahre alte Studie, die deiner Weltanschauung entspricht, greifst dir ein paar passende Stellen heraus, schreibst dann noch etwas bei Wikipedia ab und verwurstest schlussendlich alles in einem Artikelchen, denn kaum jemand lesen wird. Da es dafür Geld vom Staatsfunk gibt und die meisten Journalisten mittlerweile Frauen sind, kann man das unter dem Oberbegriff "Frauenförderung" subsummieren.

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  6. Besten Dank für den Artikel. Der bringts auf den Punkt. Meine Mutter hat mir öfters erzählt wie es denn so war so um 1940 bis 1950, nicht nur Männer und Frauen mußten körperlich hart arbeiten, natürlich auch die Kinder. Die hat man für Pilze und Beeren in den Wald geschickt, es nicht lustig wenn nur mehr Kraut zu essen da ist. Ich selber kann mich noch an meine Kindheit in der Wachau erinnern (Melker-Seite, also nix mit lieblichen Marillen) da hat genau ein Bauer einen Traktor gehabt, die anderen Ochsen. Ich bin Jahrgang 1959. Wäsche waschen war anstrengend und im Winter war noch Korbflechten angesagt, Holz machen einfach tägliche Routine. Zu Kaufen gab es wenig. Ich nehme jetzt einmal an die Menschen der Bronzezeit hätten sowas als Luxusleben empfunden. Ich kann mich noch gut erinnern als wir unsere erste Waschmaschine bekamen, statt eine Woche ein Waschtag. Dasselbe mit Mischmaschine und Kreissäge. Natürlich sinkt dann die Muskelkraft aber nicht zu vergessen, die ganzen Buckligen, die mit dem Kropf und den kaputten Knochen gibts auch nicht mehr. Und das alles weil die Frauen in der Bronzezeit so hart gearbeitet haben.

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