
Wie schon mehrfach in den vergangen Jahren, so habe ich auch diesmal wieder zur Weihnachtszeit ein paar sehr gut gemachte Abgüsse antiker römischer Münzen von HR-Replikate erhalten (über den Umweg eines Weihnachtsgeschenks von einem Mitglied meiner Familie). Dieser Handwerker aus der Bodenseeregion in Deutschland ist sehr zu empfehlen, da sowohl die Qualität wie auch die Preise stimmen. Ansonsten befindet sich auf dem Markt für antike Münzreplikate ja fast nur Minderwertiges aus Zinnguss oder ähnlichen unauthentischen Materialien.
Irgendwo habe ich einmal gelesen - und ich übernehme für diese Information keine Verantwortung - dass in der Spätantike alte Münzen (oder Nachprägungen?), besonders aus der Zeit Neros, zur Weihnachtszeit (Saturnalien) als Geschenk weitergegeben wurden; quasi als Erinnerung an die gute alte Zeit, als Rom noch nicht von einer Krise in die nächste getaummelt ist. Wenn das wirklich so war, dann passt es ja sehr gut, dass auch ich meine Römer-Münzen üblicherweise am Jahresende bekomme.
Die so im Laufe von ca 12 Jahren angesammelten Münzen (siehe auch die Links am Ende des Beitrags) sind im 1. Jahrhundert nach Christus angesiedelt, weil ich sozusagen den Inhalt einer gut gefüllten Geldbörse zur Zeit der Herrschaft des Kaisers Titus (79-81 n. Chr.) rekonstruieren möchte. Darunter befindet sich auch ein Denar aus der späten Republik, der aber sicher auch im 1. Jahrhundert noch Verwendung hätte finden können. Überhaupt hatten römische Münzen oft sehr lange Umlaufzeiten. Und je länger sie verwendet wurden, umso abgegriffener waren sie. Man sieht das auch an einem der hier behandelten drei Beispielen. So hat etwa beim As das Haar des abgebildeten Domitian bereits einige Details verloren. Das heißt, diese Münze war - bevor sie unter die Erde kam - länger im Umlauf als etwa der Sestertius von Domitians Bruder Titus. Sein Antlitz ist nahezu perfekt erhalten. Auch der Quadrans des Claudius ist in einem sehr guten Zustand, was darauf hindeutet, dass die Münze vergleichsweise selten den Besitzer gewechselt hat. Vielleicht ist sie bald nach der Ausgabe durch den Staat in einem 'Spaarschwein' gelandet, das der Besitzer - aus welchen Gründen auch immer - vergraben und nicht mehr geborgen hat.
Quadrans des Claudius
Der aus einer stark kupferhaltigen Legierung hergestellte Quadrans - dieses Beispiel hat einen Durchmesser von ca 18 mm - war vom Wert her die kleinste der im 1. Jahrhundert zirkulierenden römischen Münzen (vereinfacht ausgedrückt, denn nicht in jedem Reichsteil wurden ausschließlich diese offiziellen Münzen aus Rom verwendet). Aus der Bezeichnung hört vielleicht auch der Nicht-Lateiner bereits die Zahl 4 heraus. Und in der Tat entsprachen vier dieser Münzen von ihrem Wert her einem As; ein Beispiel für den As ist weiter unten abgebildet.
Viel wird man für einen Quadrans nicht erhalten haben. Vielleicht einen Apfel, ein semmelgroßes Brot oder etwas in der Art (diese Schätzungen nehme ich auf Basis überlieferter Preise vor). Der Quadrans soll dementsprechend auch in eher geringen Mengen geprägt worden sein, heißt es. Ob das aber zutrifft, nur weil vergleichsweise wenige dieser Münzen bis heute gefunden wurden, ist eine diskutable Frage, da hier andere Faktoren eine Rolle gespielt haben können.
Bei dem auf der Vorderseite abgebildeten Objekt dieser zur Zeit von Kaiser Claudius geprägten Münze, handelt es sich um ein Gefäß mit der Bezeichnung modius, nicht um einen Turm, wie man leicht mutmaßen könnte, weil ich die Münze aus Gedankenlosigkeit verkehrt herum abgebildet habe 🫣. Mit solchen konisch geformten Gefäßen wurde unter anderem die Menge von Getreide gemessen. Entsprechend bezeichnete "modius" auch ein Hohlmaß. Römische Kaiser haben sich selbst mit dem Abbilden solcher Gefäße auf Münzen als große Wohltäter und und Fürsorger abgefeiert. Einerseits wies man damit auf die Getreidespenden hin, die man einem Teil des stadtrömischen Volks zukommen ließ. Andererseits war man als Herrscher auch dafür verantwortlich, dass Getreide erschwinglich blieb - was in der Realität allerdings nicht selbstverständlich gewesen ist und manch Kaiser in arge Bedrängnis brachte (hier einige unterhaltsame Beispiele dafür).
Bei der Rückseite der Münze hat man sich keine große Mühe gegeben, sondern lediglich die beiden Buchstaben "SC" abgebildet. Sie stehen für "Senatus Consulto" und bedeuten ungefähr auf Beschluss des Senats [geprägt/ausgegeben]. Was freilich das Aufrechterhalten einer schöne republikanischen Fiktion war, denn in der Kaiserzeit verfügte der Senat nicht mehr wirklich über die Münzhoheit. Zwar durfte er offiziell Buntmetallmünzen wie die drei hier von mir vorgestellten ausgeben lassen, aber in der Realität werden mit an Sicherheit grenzender Wahrrscheinlichkeit der Kaiser bzw. seine hohen Beamten die eigentliche Kontrolle über das Prägen ausgeübt haben - so wie es offiziell ja auch schon bei den Edelmetallmünzen der Fall war.

TIBERIUS CLAUDIUS = Name | CAESAR, AUGUSTUS = quasi die Herrschertitel (bis zu einem gewissen Grad war "Caesar" in dieser Zeit aber auch noch Teil des eigentlichen Namens), wobei "Augustus" der bedeutendere Titel war. Interessanterweise leitet sich unser deutsches Wort "Kaiser" vom weniger bedeutenderen Titel "Caesar" ab, den man übrigens im klassischen Latein dieser Zeit nicht "Cäsar", sondern ziemlich genau wie "Kaiser" aussprach.

PONTIFEX MAXIMUS = Oberpriester Roms, betraut mit der Aufsicht über die bedeutenden sakralen Angelegenheiten der Stadt; die christlichen Päpste haben viel später diesen Titel übernommen | TRIBUNICIA POTESTATE = Inhaber der tribunizischen Gewalt (nähere Infos siehe weiter unten) | IMPERATOR = bedeutender Militärischer Sieger | Consul II = hatte zweimal das Amt des Konsuls inne (mächtigstes Regierungsamt zur Zeit der Republik, ausgestattet mit dem sogenannten Imperium, also der Befugnis eine Armee zu befehligen usw.; es wurde in der Kaiserzeit von den Kaisern selbst, nahen männlichen Familienmmigliedern und Günstlingen bekleidet) | SENATUS CONSULTO = Senatsbeschluss bzw. auf Beschluss des Senates (siehe auch oben)
As des Domitian
Der - wie der Quadrans - aus einer sehr stark kupferhaltigen Legierung hergestellte As war in Rom eine weit verbreitete Münze. Viele der überlieferten Preise sind dementsprechend in As angegeben. Vier Asses entsprachen dem Wert von eine Sestertius (Sesterz) - siehe die letzt der drei Münzen.
Das hier vorgestellte Beispiel hat einen Durchmesser von ca 25 mm. Auf der Vorderseite ist Domitian zu sehen, allerdings Jahre bevor er Kaiser wurde. Zum Zeitpunkt der Prägung war Domitian lediglich der privilegierte Sohn des regierenden Kaisers Vespasian. Immerhin führt er hier bereits den Titel Caesar, ist aber noch nicht Augustus und verfügt auch nicht über die tribunizische (Amts-)Gewalt, die sich vom alten Volkstribunat der Republik ableitete und ihren Inhaber quasi unantastbar machte. Die Macht der römischen Herrscher beruhte ja lange Zeit, anders als bei den Königen und Kaisern der Spätantike und vor allem des Mittelalters, nicht auf einer Art Gottesgnadentum, sondern auf dem Anhäufen von Ämtern und Privilegien, die sie mit einer alles überragenden Macht ausstatteten (und natürlich benötigte man die Unterstützung des Militärs, die man sich mehr oder weniger erkaufte).
Auf der Rückseitezu sind wieder die beiden Buchstaben SC zu sehen. Hunzu kommt hier aber eine bereits leicht (abgegriffene) Darstellung von Spes, der pedsonifizierten "Hoffnung".

CAESAR = Titel | AUGUSTUS FILIUS = Sohn des Augustus | DOMITIANUS = Name | CONSUL II = zweimaliger Konsul

SENATUS CONSULTO = Senatsbeschluss bzw. auf Beschluss des Senates [geprägt]
Sestertius (Sesterz) des Titus
Der Sestertius ist vielleicht die typischste römische Münze. Diese massive Messingmünze (Kupfer-Zink-Legierung) existierte in der vorliergenden Form zeitlich von der Republik bis ins 3. Jahrhundert nach Christus. Sie hatte aber - bedingt durch eine galoppierende Inflation - zum Ende hin wohl keine große Bedeutung mehr.
Der vorliegende Sestertius (bzw. dessen Vorlage) stammt aus dem Jahr 80 n. Chr. und wurde unter Kaiser Titus geprägt, dem Eroberer Jerusalems und älteren Bruder Domitians. Die Münze hat einen Durchmesser von gut 30 mm, damit beewegt sie sich hinsichtlichlich ihrer Größe am unteren Ende meiner Sesertii. Überhaupt gilt für römische Buntmetallmünzen, dass Gewicht und Abmessungen nicht streng genormt waren. Die Abweichungen voneinander waren z.T. erheblich. Was die Ursache für diese Größenunterschiede war, kann ich nicht mit sagen, denn das weiß heute niemand mehr mit Bestimmtheit. Fakt ist freilich, dass man mit einer kleineren Münze Material einsparen konnte, was die Kosten für die Münzherstellung reduzierte. Ohnehin entsprach die Kaufkraft des Sestertius nicht seinem Materialwert. Erst bei den beiden Edelmetallmünzen Denarius (Silber) und Aureus (später der Solidus) war das der Fall. Wobei man vor allem ab dem 3. Jahrhundert besonders das Silbergeld dermaßen stark mit unedlen Metallen wie Kupfer streckte, dass es zu einer enormen Inflation im Römischen Reich kam, die sogar zu Preisobergrenzen führte. Zu Titus' Zeite lag das freilich noch in ferner Zukunft.

IMPERATOR = bedeutender militärischer Sieger | TITUS = Vorname | CAESAR = Herrschertitel | VESPASIANUS = Teil des Familiennamens (sein kompletter Geburtsname lautete: Titus Flavius Vespasianus) | AUGUSTUS = Herrschertitel | PONTIFEX MAXIMUS = Oberpriester Roms | TRIBUNICIA POTESTATE = Inhaber der tribunizischen Gewalt | PATER PATRIAE = "Vates des Vaterlandes", ein Ehrentitel, den viele römische Kaiser auf ihre Münzen prägen ließen. Er stammt allerdings schon aus republikanischer Zeit. Einer der berühmtesten Täger ist der herausragende Politiker Marcus Tullius Cicero, der ihn vom Senat für seine mutigen Taten gegen die Verschwörer rund um Lucius Sergius Catilina verliehen bekommen hatte. | CONSUL VIII = achtmaliger Konsul

FELICITAS AUGUSTI = das in Frauengestallt personifizierte Glück (der römischen Herrscher). Alternativ dazu wurde zum mehr oder weniger selben Zweck auch gerne die Göttin Salus auf solchen Münzen dargestellt und genannt. | SENATUS CONSULTO = Auf Beschluss des Senats [geprägt].
Die Überschrift dieses Blogbeitrags hat gelautet: "Drei römische Münzen und was sie uns über das Alte Rom erzählen können." Und doch sind meine Erläuterungen lediglich ein bescheidenes Schlaglicht gewesen. Viel mehr gäbe es eigentlich noch zu schreiben...
Wie ein wahrer Schatz aussieht, der aus solchen Buntmetall-Münzen besteht, zeigt ein toller Fund, der im Umfeld einer römerzeitlichen Thermalquelle im italienischen San Casciano dei Bagni vor wenigen Jahren gemacht wurde. Die Münzen waren - neben anderen Bronzeartefakten - einst als Weihegaben von Badegästen zurückgelassen worden.
Ein sehr gutes Video über die Herstellung römischer Münzen findet man auf Youtube. Im zweiten, erst kürzlich veröffentlichten Video, geht es um die Kaufkraft des römischen Geldes. Der betreffende Kanal enthält darüber hinaus auch weitere gute gemachte Videos zum Thema antike Münzen.
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