Drogen bzw. Substanzen, die einen Rauschzustand herbeiführen, kann man bekanntlich auf verschiedene Weisen konsumieren. Eine besonders beliebte ist in unserer modernen Zeit der sogenannte Joint bzw. das Rauchen von Cannabis/Hanf. Wie eine rustikale Vorstufe davon, mutet jener Brauch an, den uns der im 5. Jahrhundert v. Chr. lebende Geschichtsschreiber Herodot von Halikarnassos überliefert hat. Im 4. Buch seines berühmten Geschichtswerks "Historien" heißt es über das am Schwarzen und Kaspischen Meer lebende Reitervolk der Skythen:
Es
wächst für sie in dem Gebiet auch Hanf, der bis auf die Dicke und Größe
sehr mit Flachs zu vergleichen ist; darin übertrifft der Hanf jenen bei
weitem. [...] Wenn
von diesem Hanf die Skythen den Samen genommen haben, schlüpfen sie
unter die Filzdecken und werfen dann den Samen auf die im Feuer glühend
gemachten Steine. Der darauf geworfene Samen verraucht und macht einen
Dampf von so großer Menge, dass kein griechisches Schwitzbad dagegen
ankommt. Die Skythen fühlen sich in dem Dampf wohl und sie jauchzen. [...] Herodot | Historien, 4. Buch, 74-75 | Übers.: C. Ley-Hutton | Hrsg.: K. Brodersen | Verlag Reclam, 2002/2007
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Sollte man wirklich nur die Samen verbrannt haben, dann dürfte hier freilich keine berauschende Wirkung entstanden sein, da diese kaum den berühmt-berüchtigten Wirkstoff THC enthalten, sondern nur jede Menge Rauch erzeugen. Das erwähnte "Jauchzen" der Skythen müsste demnach andere Gründe haben. Oder aber, es wurden auch die THC-haltigen Blätter und Blüten des Hanf verbrannt, wovon uns Herodot - eventuell aus Unkenntnis - einfach nichts berichtet. Im Übrigen wurden von Archäologen in skytischen Gräbern Räuchergefäße entdeckt, die Hanfsamen enthielten. Da Samen jedoch beständiger sein können als Blätter und vor allem Blüten, ist das Fehlen der letzteren beiden Pflanzenbestandzteile hier kein Beleg dafür, dass sie nicht auch im rituellen oder oder einem sonstigen Kontext mitverbrannt wurden.
Ohne den geringsten Zweifel geht es jedoch im 1. Buch von Herodots Historien um Drogenkonsum. Dort heißt es über das mit den Skythen sprachlich und kulturell verwandte Nachbarvolk der Massageten:
Vom Araxes (der Fluss Aras) heißt es einmal, er sei größer, einmal, er sei kleiner als der Istros (Ister, der Unterlauf der Donau). Man sagt, es gäbe auf ihm zahlreiche Inseln, an Größe Lesbos vergleichbar, auf ihnen lebten Menschen, die sich dadurch ernährten, dass sie im Sommer mancherlei Wurzeln ausgraben, die von Bäumen geernteten Früchte aber, wenn sie reif sind, als Nahrung aufbewahren und diese im Winter essen. Es seien bei ihnen aber auch noch andere Bäume entdeckt worden, die Früchte von solcher Art tragen: Wenn die Massageten sich in Scharen an einem Ort versammelt und ein Feuer angezündet haben, werfen sie, im Kreise herum sitzend, diese Früchte ins Feuer; wenn sie dann den Duft der hingeworfenen verbrennenden Frucht einatmen, werden sie vom Duft berauscht wie die Griechen vom Wein; wenn mehr Früchte hineingeworfen werden, dann werden sie noch betrunkener, bis sie sich zum Tanz erheben und zu singen anfangen. Dies soll ihre Lebensweise sein. Herodot | Historien, 1. Buch, 202,1-2 | Übers.: C. Ley-Hutton | Hrsg.: K. Brodersen | Verlag Reclam, 2002/2007
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Das hört sich doch nach einer sehr unterhaltsamen Party an, oder? 😃 Und wenn man nun weiß, dass die Massageten sich am Rauch verbrannter Pflanzen berauschten, dann macht es dieser Umstand wahrscheinlicher, dass auch ihre Verwandten, die oben genannten Skythen, ähnlich verfuhren.
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