Freitag, 26. Mai 2017

Buch: Einführung in die antike Ikonographie

Wer die Antike möglichst gut verstehen möchte, kommt nicht drumherum, sich näher mit den in dieser Epoche entstandenen Bildwerken bzw. deren Deutung auseinanderzusetzen. Man spricht in diesem Zusammenhang von der sogenannten Ikonographie. Der Begriff setzt sich zwar aus den altgriechischen Wörtern eikon (=Bild) und graphein (=schreiben, beschreiben) zusammen, stammt jedoch - wie man vorschnell annehmen könnte - nicht aus der Antike, sondern ist modernen Ursprungs.

Im Buch Einführung in die antike Ikonographie (Wissenschaftliche Buchgesellschaft) erläutert der Archäologe Patrick Schollmeyer die inhaltliche Bedeutung bzw. Aussagekraft antiker, von Menschenhand geschaffener Bildwerke. Dazu zählen unter anderem Statuen, Reliefs, Wandgemälde, Vasenmalereien usw. 
Wohl weil es sich um ein Einführungswerk handelt, beschränken sich die Ausführungen des Autors fast ausschließlich auf die Blütezeit der griechischen und römischen Welt (wobei ich meine, eine gewisse "Griechen-Lastigkeit" festgestellt zu haben).
Da sich viele antike Darstellungen auf die Mythologie bzw. die Götterwelt beziehen, nimmt diese Thematik einiges an Raum ein: Welche bedeutenden Götter gab es? Was war ihre 'Aufgabengebiete' und was ihre Attribute? 
Neben den Göttern sind uns aus der Antike vor allem Darstellungen der Eliten und Herrschenden überliefert, sodass auch auf sie ein genauerer Blick geworfen wird: Welche Funktion sollten beispielsweise in der Öffentlichkeit aufgestellte Statuen erfüllen? Welche Schlüsse lassen sich aus Kleidung und Gestik der Dargestellten ableiten? Usw.

Unterm Strich sind die Erläuterungen allgemein verständlich formuliert. Will heißen, auch wenn es punktuell sicher nicht schadet, so muss der Leser über kein einschlägiges Vorwissen verfügen. Der Sinn und Zweck einer Einführung in das weite Feld der Ikonographie wird damit erfüllt. Zwei kleinere Kritikpunkte gibt es aus meiner Sicht aber: 1. Man hätte von Abbildungen etwas großzügigeren Gebrauch machen können, was mir gerade in Anbetracht des Buch-Themas sinnvoll erscheint. 2. Die mittlerweile als bewiesen geltende Buntheit antiker Bildwerke wird so gut wie nicht berücksichtigt; das ist schade.


Inhaltsverzeichnis:

Vorwort

I. Einführung in Gegenstand, Fragestellung und Methoden

II: Themen
  1. Mythos versus. Lebenswelt
  2. Mythische Einzelgestalten
   2.1 Göttinnen und Götter
   2.2 Personifikationen
   2.3 Göttliche Trabanten
   2.4 Mythische Mischwesen und Ungeheuer
   2.5 Heroinnen und Heroen
  3. Der Mensch und seine Rolle
   3.1 Allgemeine Körper und Verhaltensideale
   3.2 Spezifische soziale Rollen und ihre Handlungszusammenhänge
  4. Darstellungen von Tieren, Landschaft und Architektur

III. Fubnktion
  1. Repräsentation der herrschenden Eliten
  2. Gegenbilder und Traumwelten
  3. Magische Funktion
  4. Trost- und Trauerbilder
  5. Feier und Memoria historischer Ereignisse
  6. Bild-Räume
  7. Erotische Aspekte

IV. Bilddetails
  1. Körperbilder
  2. Alterstufen
  3. Mimik
  4. Gestik
  5. Klidung
  6. Frisuren
  7. Attribute und Insignien
  8. Waffen
  9. Pferde und Wagen
 10. Möbel, Gefäße und Geräte
 11. Kompositorische Gestaltungsmittel
 12. Formen des Erzählens

V. Kontexte 
  1. Tempel und Heiligtümer
  2. Öffentliche Plätze: Agora und Forum
  3. Öffentliche Bauten
  4. Palast, Haus und Villa
  5. Grabanlagen

VI. Auftraggeber, Künstler Publikum

Epochen der griechischen und römischen Kultur

Bibliographie

Abbildungsnachweis

Register

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Weiterführende Informationen:



2 Kommentare:

  1. Die meisten Bücher dieser Einführungsreihe der WBG sind sehr gut gelungen und auch preislich ok. Aber ich finde es auch bedauerlich, dass hier die Kolorierungen nicht berücksichtigt werden, obwohl gerade die das Verständnis für die Darstellungen sehr unterstützen können.
    Keine Ahnung, wie sich das heute verhält, aber während meines Kunstgeschichte-Studiums war das auch noch kaum ein Thema, obwohl man längst bescheid gewusst hat, dass es die Menschen der Antike gerne farbenfroh hatten. Das Thema wird glaube ich gerne von der akademischen Forschung verdrängt, weil es nicht den lange gepflegten Vorstellungen von der marmornen, blütenweißen Antike entspricht.

    Liebe Grüße,
    Britta

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    1. Dabei weiß man spätestens seit dem frühen 19 Jh. ganz genau, dass bemalte Bildwerke in der Antike die Regel und nicht die Ausnahme waren. Winckelmann hat sich noch blind gestellt, aber schon in der nächsten Generation hat das nicht mehr funktioniert.

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