Samstag, 18. Juli 2020

📖 Buch: Georgica / Vom Landbau


Informativer Schwulst

Ich bin eigentlich kein großer Freund von Vergil, dem servilen 'Haus- und Hofdichter' des ersten römischen Kaisers. Seine Texte sind mir einfach zu schwülstig und die deutschen Übersetzungen - vor allem die älteren - machen es in der Regel nur noch schlimmer. Die "Georgica" (nicht Georgy girl 😉) ist in sprachlicher Hinsicht für meinen Geschmack jedoch noch halbwegs erträglich. Vor allem aber ist dieses Werk, das in Hesiods Tradition eines Lehrgedichts steht, hinsichtlich der antiken Landwirtschaft eine nützliche Quelle (wenn auch nicht ganz so nützlich wie Catos "De agri cultura").
Beispielsweise gibt Vergil Tipps zum Düngen der Felder; rät Bauern, bei schlechter Ernte Eicheln (!) statt Getreide zu essen (um im folgende Jahr noch genügend Saatgut zu haben); erklärt wie die Böden von Getreidespeichern zum Schutz vor Schädlingen mit Tonerde zu versiegeln sind; beschreibt besonders ausführlich die Bienenzucht; usw. 
Neben solchen klassischen Erläuterungen finden sich - sozusagen 'en passant' - auch noch andere interessante Informationshäppchen. Z.B. dass bessergestellte Römer ihr Olivenöl gerne mit Zimt verfeinerten; dass die Sternbilder ursprünglich von Seeleuten erfunden wurden (was ebenfalls manch heutiger Wissenschaftler vermutet); dass von den Römern Baumwolle aus Äthiopien und Bibergeil aus Pontus am Schwarzen Meer importiert worden sind; usw.

Die vorliegende zweisprachige Ausgabe stammt von Otto Schönberger, umfasst 224 Seiten und Enthält neben dem eigentlichen Text ein recht ausführliches Nachwort, Literaturhinweise und einige Anmerkungen (die allerdings nicht so zahlreich ausgefallen sind wie bei vielen ähnlichen Reclam-Übersetzungen antiker Texte).

Fazit: Wer sich mit antiker Landwirtschaft beschäftigt, sollte Vergils Georgica in seinem Bücherregal stehen haben. Hinsichtlich des Informationsgehaltes ist der Text - wie schon erwähnt - nach Catos "De agri cultura" angesiedelt, aber ungefähr auf einer Stufe mit Hesiods "Werke und Tage".
Da Vergil auch noch im Mittelalter gelesen wurde, kann davon ausgegangen werden, dass seine Schrift über den Landbau auch einen gewissen Einfluss auf Klöster und deren landwirtschaftliche Tätigkeiten ausübte; doch das nur als kostenloser Tipp für die Meßkircher Klosterbauer 😉

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Weiterführende Informationen:



3 Kommentare:

  1. Eicheln wurden auch hierzulande noch lange als (Not)Nahrungsmittel verwendet. Sie werden geschält, zerstampft und gewässert, um die eiche-typischen Bitterstoffe zu entfernen. Das "Mehl" kann verbacken werden. Eichelkaffee aus gerösteten Stücken ist heute noch erhältlich, soll blutzuckersenkend wirken.
    - Fränkin -

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    1. Meine Großeltern haben während dem Krieg wegen der schlechten Versorgungslage Eichelkaffee, sogenannten Muckefuck, getrunken. Ich habe ihn vor ein paar Jahren auch einmal ausprobiert, hat einen ziemlich eigentümlichen Geschmack, aber wenn er gesund ist .....
      RR

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  2. Vergils überschießender Pathos ist für mich auch nichts. Ich erinnere mich noch mit Grausen an den Lateinunterricht, in dem wir die ganze Aeneis haben lesen müssen.

    Grüßle,
    Maria

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