Sonntag, 13. Dezember 2020

📖 Buch: De imperio Cn. Pompei oratio / Rede über den Oberbefehl des Cn. Pompeius

De imperio Cn. Pompei ad Quirites oratio
Nachdem der große römische General Gnaeus Pompeius Magnus gerade erst der immensen Piratenplage im Mittelmeer ein Ende bereitet hat, strebt er unmittelbar danach auch den Oberbefehl im Krieg gegen König Mithridates von Pontos - den Erzfeind Roms - an. Der bisherige Befehlshaber, Lucius Licinius Lucullus - der sich in späteren Jahren mit seinen "lukullischen Genüssen" in der Geschichte verewigen sollte - muss dafür abgelöst werden. Politisch war das kein leichtes Unterfangen, da Lucullus in Rom mächtige Freunde hatte. Richten soll es deshalb der begabte Redner und aufstrebende Politiker Marcus Tullius Cicero. Seine Aufgabe war es, die Römer von der Notwendigkeit dieses Schritts in einer Rede zu überzeugen. Cicero selbst hat sich zweifellos erwartet, dass ihn Pompeius im Gegenzug bei seiner politischen Karriere unterstützt. 

Wie es in Ciceros bzw. antiken Reden allgemein so ist, bestehen diese aus relativ viel Verpackung bzw. schwülstigem Wortgedrechsel. Pompeius ("der mehr Kriege führte, als andere Bücher lasen") wird unablässig in den Himmel gelobt: So soll alleine wegen der Aussicht auf sein Kommen der Sklavenkrieg (des Spartacus) in Italien an Gewalt verloren haben: Diese Behauptung wird freilich den hauptverantwortlichen Beender des besagten Krieges - Marcus Licinius Crassus, den reichsten Römer seiner Zeit und Erzrivalen des Pompeius -  schwer verärgert haben. Gleichzeitig ist aber das Bemühen Ciceros erkennbar, sich nicht auch noch den mächtigen Lucullus zum Feind zu machen. Entsprechend lobt er dessen bisherigen Leistungen im Krieg gegen Mithridates; jedoch auch nicht zu viel, anderenfalls hätte man ja (durchaus zutreffend) einwenden können, seine Ablösung wäre gar nicht erst nötig.

Das Buch enthält mancherlei sehr interessante historische Informationen - was für mich überhaupt erst der Grund war es zu lesen (mit Ciceros viel gelobten Rhetorik-Künsten kann ich hingegen nur wenig anfangen). So ist etwa davon die Rede, dass es Feldherren gab, die Centurionen-Posten verkauften. Bemerkenswert ist auch, wie die Spekulation mit Waren in der Antike den Zuständen an den auf jedes Gerücht reagierenden Börsen in unserer heutigen Zeit ähnelt. Z.B. heißt es, dass alleine die öffentlich gemachte Ernennung des Pompeius zum Oberbefehlshaber im Kampf gegen die Piraten zu einem Sinken der Getreidepreise führte; kein Wunder, Pompeius hatte einen glänzenden Ruf als Militär und die für die Stadt Rom so wichtigen Getreideflotten waren ja mitunter Opfer der Piraten. Überhaupt waren die gerade in den ersten Jahrzehnten des 1. Jahrhunderts v. Chr. eine immense Plage, wie hier aus Ciceros Aufzählung ihrer Untaten hervorgeht: Römische Truppentransporter wagten die relativ kurze Überfahrt von Brundisium nach Griechenland nur im tiefsten Winter, wenn die Schiffe der Seeräuber wegen des rauen, gefährlichen Wetters in den Häfen lagen. Doch trotz diverser Vorsichtsmaßnahmen musste Rom manch Demütigung hinnehmen. Beispielsweise wurden Gesandte auf hoher See gefangen genommen und erst nach Zahlung eines sicher nicht geringen Lösegelds freigelassen (übrigens, auch Caesar geriet damals als junger Mann in Seeräuber-Gefangenschaft, wie Plutarch in seinen Parallelbiographien schildert). Noch peinlicher war, als zwei hochrangige Praetoren bzw. Provinzstatthalter gefangen genommen wurden. Vor den Augen eines weiteren Praetors wurde die mittelitalische Hafenstadt Caieta geplündert und wiederum in am Golf von Neapel gelegenen Misenum entführte man im Zuge eines Angriffs die Kinder eines Militärs, der zuvor gegen die Piraten gekämpft hatte. Gewiss ein unrühmlicher Höhepunkt war, als vor Roms Hafen Ostia die von einem waschechten römischen Konsul geführte Flotte gekapert und versenkt wurde. 
Ja, das waren spannende Zeiten und mich ärgert es seit Jahren ein wenig, dass Autoren von historischen Romanen das meist übersehen. 

Die vorliegende Ausgabe von Otto Schönberger enthält den Text in lateinischer und deutscher Sprache - gut 60 der 88 Seiten (zum Glück ist das nur die Seitenanzahl und steht nicht auf einer Autonummerntafel) werden davon in Beschlag genommen. Der Rest besteht aus einem erhellenden Nachwort, nützlichen Anmerkungen (Endnoten) und einem Literaturverzeichnis. Sprachlich ist die Übersetzung aus den späten 1970er-Jahren nicht ganz so zeitgemäß wie ich es mir wünschen würde (z.B. "ihr wared" statt "ihr ward"). Allerdings bewegt sie sich durchaus im Bereich des Akzeptablen. 

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