Samstag, 19. Dezember 2020

🥣 Hiltibold backt römisch: Opferfladen / Libum à la Cato


Über den Autor

Der im 3./2. Jh. v. Chr. lebende römische Politiker Marcus Porcius Cato der Ältere ging mit einem berühmt-berüchtigten Satz in die Geschichte ein, den er an das Ende jeder seiner politischen Reden angefügt haben soll:

"Ceterum censeo Carthaginem esse delendam" 
(„Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden muss“).

Cato war allerdings viel mehr als nur ein ultraharter Politknochen. Er betätigte sich nämlich auch als Autor. Sein vielleicht bekanntestes, für die moderne Geschichtsforschung aber auf jeden Fall nützlichstes Werk ist "De agri cultura" ("Über die Landwirtschaft"). Darin widmet er sich in umfassender Weise den landwirtschaftlichen Methoden seiner Zeit, streift jedoch auch andere Bereiche wie etwa die römische Küche. In diesem Zusammenhang wird ein Rezept für Libum erwähnt. Wer im Alten Rom Geburtstag hatte, brachte diesen Fladen seinem persönlichen Genius (einer Art Schutzengel) als Opfer dar. Daher rührt auch die dafür gängige deutsche Bezeichnung "Opferfladen", obschon das Libum auch in anderen Zusammenhängen verspeist worden ist. Vorstellbar wären etwa die Saturnalien, die möglicherweise bis zu einem gewissen Grad Vorbild für das in wenigen Tagen wieder bevorstehende christliche Weihnachtsfest waren. 


Catos Rezept

Ein Libum mache wie folgt:
Man zerstampfe 2 Pfund Käse gut in einem Mörser. Nachdem man ihn zerstampft hat, gebe man 1 Pfund Weizenmehl oder, wenn das Libum flacher werden soll, nur ein halbes Pfund Weizenmehl dazu und vermenge es gut mit dem Käse. Gib ein Ei hinzu und menge dieses gut ein. Daraus forme den Fladen, lege Blätter darunter und backe ihn auf warmem Herd bei mäßiger Hitze unter einer warmen Tonschüssel.
Cato d. Ä., De agri cultura, 84

- Das römische Pfund entspricht gut 325g. Selbstverständlich kann man die Menge dieses sehr einfachen Rezepts variieren, solange das Verhältnis der Zutaten zueinander ungefähr gleich bleibt. 

- Hinsichtlich des Käses ist wohl ein salziger Hartkäse gemeint - der die einzige Möglichkeit in der Antike darstellte, Milch für eine längere Zeit haltbar zu machen. Heutzutage bietet sich der auf Schafsmilch basierende Pecorino an. Er ist in vielen Supermärkten z.T. schon in geriebener Form erhältlich (blöderweise nicht in meinem, sodass ich deshalb zu einem Einkaufszentrum fahren musste).
Im Netz findet man auch Rezept-Varianten mit Feta bzw. weichem Schafskäse. Allerdings würde es wenig Sinn machen, diese Art Käse in einem Mörser gut zu zerstampfen (wir können heute auch eine Reibe verwenden) - wie das ja Cato explizit verlang. Stattdessen wäre es problemlos möglich, ihn direkt ins Mehl einzukneten. Daher will mir Weichkäse für dieses Libum-Rezept wenig authentisch erscheinen.

- Das Weizenmehl wird von Cato als "farinae siliginae" bezeichnet. Damit war dazumal ein feines Weizenmehl von bester Qualität gemeint. In unserer modernen Welt gibt es freilich ohnehin kein qualitativ minderwertiges Mehl mehr zu kaufen, in dem z.B. noch Reste der Getreidekörnerschalen enthalten sind.

- Ohne das Ei wäre der Teig viel zu trocken/bröselig. Wobei nur ein Ei bei meinem Backversuch nicht ausgereicht hat, ich musste auch noch ein klein wenig Wasser hinzugeben, bis die Konsistenz des Teigs zum Formen von Fladen geeignet war.

- Blätter übernahmen in der antiken Küche allem Anschein nach ein wenig die Funktion von Backpapier. Soll heißen, dem Ankleben/Anbrennen wurde damit vorgebeugt. Möglicherweise wurden sie aber auch aus hygienischen Gründen verwendet, da sich auf den erhitzten Platten/Steinen gerne Reste von Asche und Ruß befanden. Diese Staubschicht verhinderte zwar bis zu einem gewissen Grad ebenfalls ein Ankleben des Teiges, war aber vermutlich nicht auf Nahrungsmitteln erwünscht.
Zum Teil wird man in den Blättern auch Gewürze sehen müssen, denn im Falle des Rezepts für Mostkuchen wird von Cato explizit das Unterlegen von Lorbeerblättern verlangt, während bei anderen Speisen einfach nur die Blätter von Eichen oder nicht näher definierten Gewächsen üblich gewesen zu sein scheinen. Wie man es im Fall des Libum halten möchte, bleibt jedem selbst überlassen. Ich habe die eine Hälfte mit untergelegten Lorbeerblättern gemacht, die andere mit normalem Backpapier. Der geschmackliche Unterschied war nicht sehr groß, aber feststellbar.

- Der Backvorgang erfolgt heutzutage natürlich nicht mehr auf einer erhitzen Steinplatte mit darübergestülpter Keramikschüssel, sondern in einem Elektroherd (Ober- und Unterhitze). Ich habe ihn mit 200 Grad vorgeheizt und dann die Fladen ca 25 Minuten lang darin gebacken. Danach sollte man sie auf einem Teller mindestens eine Stunde auskühlen lassen, besser besser jedoch zwei bis drei.

Hier die knapp handtellergroßen Teiglinge. Die vorgenommenen Einschnitte sind bildlich und archäologisch für römische Backwaren belegt. Davon abgesehen mache sie die Oberfläche beim Backen knuspriger. | Keine Rechte vorbehalten, doch um die Nennung der Quelle wird gebeten: HILTIBOLD.Blogspot.com
Die fertigen, sehr gut schmeckenden Opferfladen. In dem Becher ist übrigens kein echter Wein, sondern nur Traubensaft 😃 | Keine Rechte vorbehalten, doch um die Nennung der Quelle wird gebeten: HILTIBOLD.Blogspot.com


Fazit 

Der Käse beherrscht in absolut positiver Weise den Geschmack. Wegen des Verhältnisses der Zutaten - 2 Drittel Käse, ein Drittel Mehl - kann der Fladen allerdings kaum aufgehen (hat mich nicht gestört). 'Treibmittel' werden im Rezept ja nicht erwähnt, wobei ich mir vorstellen könnte, dass deren Verwendung vom Autor eventuell still vorausgesetzt wurde; alte römische Rezepte sind nur selten präzise. Wie auch immer, meine Fladen waren innerhalb kürzester Zeit aufgegessen, so gut haben sie allen geschmeckt.

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Weiterführende Literatur /Quelle:

Weitere interessante Themen:


4 Kommentare:

  1. Wusste nicht, dass in De agri cultura auch Kochrezepte zu finden sind. Das werde ich mir auf jeden Fall einmal anschauen und vielleicht auch das Rezept zu diesen "Käsebrötchen" einmal ausprobieren. Sieht nicht übel aus :-)
    RR

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    1. Das Buch enthält einige nützliche Infos hinsichtlich der römischen Küche. Man muss sie sich allerdings zusammensuchen, da sie nicht an einer Stelle bzw. in einem Kapitel zusammengefasst wurden.

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    2. Ich habe es teilweise vor vielen Jahren im Lateinunterricht gelesen, aber altersbedingt ohne viel Freude und Interesse. Deshalb wahrscheinlich meine Erinnerungslücken bezüglich der kulinarischen Ratschläge vom alten Cato. Danke auf jeden Fall für den Tipp!
      RR

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  2. Das etwas andere Weihnachtsgebäck, warum aber auch nicht?!

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