Freitag, 18. Februar 2022

⚣ Schwule Eliteeinheiten und Transvestiten-Killerkommandos in der Antike



Homosexuellen Männern haftet ja immer noch ein wenig das Klischee an, sie wären allesamt weicheihaft und sozusagen 'WARMduscher' im doppelten Wortsinn 😉. Verantwortlich dafür ist nicht zuletzt das Privatfernsehen, welches zwecks höherer Einschaltquoten seit Jahrzehnten 'tunitige' bzw. sich übertrieben 'weibisch' gebende 'attention whores' und Selbstdarsteller  in diversen Formaten wie Casting-Shows platziert. Ein repräsentatives Abbild der Realität kann dergleichen keinesfalls sein. Und das gilt nicht nur für die Gegenwart, sondern auch für die weit zurückliegende Vergangenheit. Bezeugt wird dies etwa durch die wahrscheinliche Homosexualität des berühmten Feldherren Alexander, aber auch durch antike Quellen, in denen sogar eine komplett homosexuelle Eliteeinheit Erwähnung findet! Gleichzeitig scheuten sich dazumal Hetero-Männer in Kriegszeiten nicht, sozusagen vorübergehend das Geschlecht zu wechseln; ein Vorgang, der im normalen Zivilleben inakzeptabel gewesen wäre. Hier nun vier Beispiele aus dem im 2. Jahrhundert entstandenen Werk "Strategika", die einen kleinen Eindruck von diesem spannenden Themenfeld vermitteln.


Das Transvestiten-Killerkommando und der notgeile Verehrer

Aus dem Leben des listenreichen thebanische Feldherren Epaminondas (4./5. Jh. v. Chr.) ist der nachfolgende Fall von mörderischem 'Transvestitentum' überliefert. Bezeugt wird darin auch, dass es für Männer wenig ratsam ist, die Denkfunktion vom Hirn in den Penis zu verlagern...

Phoibidas, der die Kadmeia (Burg von Theben) besetzt hielt, hatte sich in die Frau des Epaminondas verliebt. Diese aber deckte ihrem Mann die ihr gemachten Avancen auf. Epaminondas befahl ihr, den Phoibidas <Textlücke> zu heucheln und eine Nacht mit ihm zu verabreden, in der sie auch für seine Freunde andere Frauen mitbringen wollte. Sie wurde mit dem Phoibidas darüber einig und die Frauen kamen und becherten mit ihm und seinen Freunden bis zur Trunkenheit. Sie baten nun darum, kurz zu einem nächtlichen Opfer hinausgehen zu dürfen, sie würden aber sogleich zurückkehren. Jene gestatteten es und befahlen den Türhütern, sie wieder einzulassen. Darauf entfernten sich die Frauen. Vor der Tür aber tauschten bartlose junge Männer die Kleider mit den Frauen, nahmen eine von ihnen zur Führerin im Inneren des Hauses, die auch ein paar Worte mit den Türstehern sprechen sollte, drangen so hinein und töteten den Phoibidas selbst mit allen die um ihn waren. 
Polyainos | Strategika 2.3.1 | Übers.: Kai Brodersen | De Gruyter, 2017


Noch ein Transvestiten-Sonderkommando

Dazumal gingen Männer ohne Bart anscheinend relativ leicht als Frauen durch, denn im Zusammenhang mit dem Tyrannen Phalaris, der im sechsten Jahrhundert vor Christus einen Teil Siziliens beherrschte, wird dergleichen ebenfalls berichtet. Auch ansonsten gibt es Gemeinsamkeiten zur vorangegangen Story.

Phalaris schickte an Teutos, den Herrscher von Vessa, der reichsten und größten Stadt der Sikaner, Gesandte, die für ihn um dessen Tochter werben sollten. Nachdem dieser sie ihm zugesagt hatte, brachte er bartlose Soldaten in Frauenkleidern auf Wagen und schickte sie voraus, als wären sie Sklavinnen, die dem Mädchen Geschenke bringen sollten. Sobald diese in das Haus getreten waren, zogen sie Dolche; gleich darauf  erschien Phalaris und brachte Vessa in seine Gewalt.
Polyainos | Strategika 5.1.4 | Übers.: Kai Brodersen | De Gruyter, 2017


Listig wie Odysseus oder feige wie wie Huhn?

Lachares war ein griechischer Politiker/Militär, der sich im Zuge der Diadochenkriege in Athen an die Macht putschte und den Stadtstaat für einige Jahre mit harter Hand regierte. Immer wieder gelang es ihm, sich aus gefährlichen Situationen herauszuwinden - wobei er bei der Wahl der Mitteln nicht allzu wählerisch gewesen ist und sogar bereit war, seine Würde vorübergehend über Bord zu werfen. Beispielsweise verfuhr er nach einer militärischen Niederlage in Thrakien folgendermaßen:

Als die Feinde (die Stadt) Sestos eingenommen hatten, brachte Lachares einige Tage in einer Grube zu, in der er sich versteckte, wobei er nur so viel Proviant hatte, dass er nicht umkommen müsse. Als dann eine Frau einen verstorbenen Verwandten bestattete, mischte er sich in weiblicher Kleidung unter die trauernden Frauen, kam so mit einem schwarzen Schleier versehen aus der Stadt und gelangte in der folgenden Nacht hinüber nach Lysimacheia (Stadt).
Polyainos | Strategika 3.7.3 | Übers.: Kai Brodersen | De Gruyter, 2017

Dass Männer in aller Öffentlichkeit Frauenkleider trugen, war im antiken Griechenland gesellschaftlich tabu, es sei denn man war Schauspieler, da Frauennrollen von passend maskierten und kostümierten Männern gespielt wurden. Bei Geschichten wie der obigen muss man daher immer den Wahrheitsgehalt kritisch hinterfragen. Denn wollte der ursprüngliche Autor tatsächlich die Schläue des Lachares preisen? Gut möglich wäre es auch, dass seine politischen Feinde - und davon gab es zweifellos unzählige - ihn mit der Behauptung, er sei nicht nur vor dem Feind geflüchtet, sondern habe dabei auch noch Frauenkleider getragen, in Misskredit bringen wollten. Ähnliche Beispiele aus der Antike gibt es etliche (übrigens: sogar der in der Ilias so heldenhaft in Erscheinung tretende Achilles wollte sich ursprünglich - laut einer außerhomerischen Quelle - in Frauenkleidern davonmachen, um nicht am Troianischen Krieg teilnehmen zu müssen).
Die Anekdote über Lachares erinnert außerdem an Ereignisse in der Gegenwart. Kämpfer des IS warfen sich nämlich nach ihrer Einkesselung in einer irakischen Stadt Burkas über, um so ungeschoren davonschleichen zu können. Nachdem sie trotzdem enttarnt und gefangen genommen wurden, führte man sie zum großen Gaudium eines internationalen Publikums medial vor. Ziel war es natürlich auch hierbei, den politischen und militärischen Gegner der Lächerlichkeit preiszugeben. Was nicht nur dank dessen freundlicher Mitwirkung gelang, sondern auch, weil Männer in Frauenkleidern - trotz aller Toleranzbekundungen - in den Augen der breiten Bevölkerung immer noch etwas 'Unnatürliches' und 'Lachhaftes' darstellen. Gleichzeitig genießen heutzutage interessanterweise Frauen in 'Männerkleidung', zumindest im Westen, eine nahezu einhundertprozentige Akzeptanz. Warum eigentlich dieses Messen mit zweierlei Maß? 


Die schwule Eliteeinheit des Gorgidas

Der aus dem griechischen Theben stammende Militär Gorgidas hatte im 4. Jahrhundert v. Chr. einen außergewöhnlichen Einfall, um eine besonders todesmutige militärische Eliteeinheit aufzustellen.

Gorgidas bildete in Theben zuerst den heiligen Lochos (eine Elite-Heeresabteilung). Dieser Lochos bestand aus 300 Liebenden und Geliebten (homoerotische Paare), denn von solchen ließ sich nicht erwarten, dass sie jemals fliehen, sondern entweder füreinander sterben oder die Feinde besiegen würden.
Polyainos | Strategika 2.5.1 | Übers.: Kai Brodersen | De Gruyter, 2017

Man beachte die Zahl 300. Eine Anspielung auf die legendären 300 Spartaner der Thermopylen-Schlacht? Möglich wäre es. Wobei ja interessanterweise über den locker darauf beruhenden Film "300" gewitzelt wurde, er wäre ein verkappter Softporno für Schwule gewesen. Tatsächlich sieht man bis heute noch bei Gay-Pride-Paraden Menschen in der entsprechenden Spartaner-Kostümierung. Und so schließt sich dann der Kreis zu den Gegebenheiten in der Antike.

6 Kommentare:

  1. Damit hätte ich jetzt nicht gerechnet, dass du dich für mehr Toleranz für Männer in Frauenkleidern aussprichst?
    ;-)

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  2. Trägt der vorderste Hoplit im Artikelbild als Helmzier ein Herzzeichen? Und hat er Rouge auf den Wangen? :D

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  3. https://www.youtube.com/watch?v=yfgs9FRD25M
    Kennst du vielleicht? ;-)

    Gero

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