Dienstag, 21. Februar 2023

📖 Buch: Römer und frühe Bayern in Straubing (ein Buch für LeserInnen und LeserAußen)

Das im östlichen Bayern gelegene Straubing - in der Antike "Sorviodurum" genannt - war aufgrund seiner verkehrstechnisch günstigen Lage an der Donau ein wichtiger Siedlungsplatz und Militärstützpunkt der Römer. Doch auch nach dem Ende der römischen Herrschaft blieb Straubing besiedelt, wobei der massive kulturelle Abstieg - der neuerdings von diversen Schlaubergern beschönigend als "Transformation" bezeichnet wird - für die Forschung unübersehbar ist. Nun waren es die Bajuwaren, die das Heft in die Hand genommen hatten. Über deren 'Ethnogenese' bzw. ethnische Zusammensetzung gibt es bis heute manch hitzige Diskussion. Naheliegend ist aber, dass trotz der offensichtlichen Dominanz der germanischen Kultur im Volk der Bajuwaren mancherlei aus der Römerzeit weiterlebte. Neben einigen sprachlichen Auffälligkeiten  sind es nicht zuletzt langjährige archäologische Untersuchungen - wie jene in Straubing - die zu dieser Erkenntnis führten (mehr zum Thema Bajuwaren findet man in einem hochinteressanten Podcast mit Gerald Huber und Irmtraud Heitmeier).

Laut den Autoren Veronika Fischer und Günther Moosbauer ist das vorliegende Buch ein "Kompendium aller bisherigen kaiserzeitlichen und frühmittelalterlichen Grabungsergebnisse". Wobei der Leser hier keinesfalls mit einer stumpfsinnigen Aneinanderreihung von Grabungsberichten konfrontiert wird. Vielmehr handelt es sich um einen anständig strukturierten, allgemein verständlich formulierten Überblick hinsichtlich der römischen und bajuwarischen Geschichte in Straubing. Es wird dabei auch immer wieder über die Grenzen der Region hinausgeblickt, um den historischen Gesamtkontext nicht aus den Augen zu verlieren. Viele Alltagsaspekte der damaligen Menschen kommen dabei zur Sprache; z.B. erfährt man etwas über Bestattungssitten und die Schifffahrt auf der Donau. 

Die 248seitige Publikation ist überaus reichhaltig mit Fotos von archäologischen Objekten bebildert; angefangen bei einfachen Keramikscherben, Nägeln, Hufschuhen und Gürtelschnallen bis hin zu metallenen Rossstirnenen, Statuetten, Schwertklingen, einem Hobel aus Hirschgeweih und Pfeilspitzen, welche die katastrophalen Ungarneinfälle im 10. Jahrhundert dokumentieren. Daneben finden sich einige schöne Rekonstruktionsdarstellungen wie z.B. von einem römischen Gutshof sowie einer karolingerzeitlichen Saalkirche. 

Freilich, die 'woke' Spachverhunzung hätten sich die beiden Autoren getrost schenken können. Ihr 'virtue signalling' für die eigene soziale Blase ist ohnehin total inkonsequent; denn wenn sie aus Angst vor dem generischen Maskulinum und der vermeintlichen 'Geschlechtergerechtigkeit' wegen im Vorwort Formulierungen wie "der Leser / die Leserin" verwenden, dann müsste sie selbstverständlich umso mehr schon im Buchtitel von 'Römern / Römerinnen' sowie von 'frühen Baiern / frühen Baierinnen' schreiben. Denkt man außerdem genauer darüber nach, dann sollten doch mittlerweile längst auch Personen mit nichtbinärer Geschlechtsidentität Berücksichtigung finden ... 🙄


Fazit: Vom punktuellen Sprachstuss abgesehen, hat man es hier mit einem gelungenen Buch über die römische und bajuwarische Zeit zu tun, das ganz bestimmt nicht nur für jene Leserinnen und Leseraußen von Interesse ist, die etwas über die frühe Geschichte Straubings in Erfahrung bringen wollen. 



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