Dienstag, 9. April 2024

📖 Zeitschrift Bayerische ArchĂ€ologie - Heft 1.24: SpĂ€te Kelten in Bayern (und warum ich das nĂ€chste Heft nicht besprechen werde)

Der Zusammenbruch keltischer Kultur

Ich habe noch immer nicht verstanden, warum die Hefte der Reihe "Bayerische ArchĂ€ologie" bei Amazon in der komischen Rubrik "BroschĂŒre" zu finden sind, anstatt wie z.B. das SturmgeschĂŒtz der Idiotie, auch bekannt als "Der Spiegel", unter "Magazin". 
Egal, im ersten Heft des Jahres 2024 geht es schwerpunktmĂ€ĂŸig um "SpĂ€te Kelten in Bayern". Zeitlich bewegt man sich dabei ungefĂ€hr von 250 bis 15 v. Chr. Florierende Oppida (StĂ€dte, Großsiedlungen) und Viereckschanzen (Gehöfte mit viereckiger Umwallung) prĂ€gten damals weite Teile der Landschaft, bis die ausgeklĂŒgelte keltische Gesellschaftsstruktur mit ihren weit ausgreifenden Handelsnetzwerken in der 2. HĂ€lfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. auf dem Gebiet des heutigen Bayern weitestgehend zusammenbrach. Wohl nicht zuletzt wegen Caesars jahrelangem Krieg in Gallien, aber auch wegen den AktivitĂ€ten der germanischen Sueben unter ihrem Herrscher Ariovist; der dann seinerseits von Caesar geschlagen wurde. Einige Jahrzehnte spĂ€ter kamen die Römer auch nach Bayern und haben das Land fĂŒr rund ein halbes Jahrtausend ĂŒbernommen - aber auch nur, um schlussendlich doch noch gegen die Germanen den KĂŒrzeren zu ziehen. Dass ĂŒbrigens die daraufhin in Erscheinung tretenden Bajuwaren so eine Art germanisierte Romanen gewesen sein wollen, wie eine Theorie besagt, ist falsch. Das meinen zumindest Peter Wiesinger und Albrecht Greule in ihrem 2019 veröffentlichten Buch "Bayern und Romanen", welches im vorliegenden Heft beworben wird.

In mehreren BeitrĂ€gen werden unter anderem die Oppida Manching, Staffelberg und Kelheim betrachtet. Aber auch das Leben außerhalb der Ballungszentrum wird z.B. anhand der Viereckschanzen ein wenig erlĂ€utert. Wobei diese nicht ĂŒberall anzutreffen waren, so etwa war diese Form landwirtschaftlicher Großbetriebe in den Alpengebieten nicht ĂŒblich, wie es in einem gesonderten Beitrag zu diesem Teil des keltischen Bayerns heißt. Aber auch das angrenzende Österreich mit der bedeutende Salzmetropole auf dem DĂŒrnberg wird bei den Betrachtungen miteinbezogen. Interessanterweise verdeutlichen Funde im keltischen Alpenraum die enge Verbindung zur Mittelmeerwelt. So wurde etwa ein Eisenbarren entdeckt, der exakt zwanzig römische Pfund wog und wohl fĂŒr den Export nach Rom bestimmt war.

Viele recht interessante Rekonstruktionszeichnungen von Bauten und ganzen Siedlungen geben einen schönen Eindruck hinsichtlich des Erscheinungsbilds keltischer Architektur. Eine der dargestellten Großsiedlungen hat mich mit ihrem "mediterranen Flair" ziemlich ĂŒberrascht. Ein Modell  des Oppidums Manching enthĂ€lt nĂ€mlich lĂ€ngliche HĂ€user mit flachen Giebeln und vorne angebauten SĂ€ulenhallen/Portiken - sofern man den Interpretationen der ArchĂ€ologen vollstĂ€ndig vertrauen darf (was immer so eine Sache ist ...). Es heißt, die Kelten hĂ€tten sich hier einiges von den Mittelmeervölkern abgeschaut. Haben gegebenenfalls FernhĂ€ndler diese Ideen mitgebracht? Vielleicht aber auch heimkehrende keltische Söldner, die z.B. im Dienste Alexanders oder Hannibals gestanden hatten?


Ansonsten ...

Abseits des Schwerpunkts enthĂ€lt das Heft auch einige andere interessante Themen wie den archĂ€ologischen Fund eines Skeletts mit eiserner Handprothese. Datiert wird alles mittels C14 in die Zeit zwischen 1450 und 1620 (was beredt ĂŒber die Genauigkeit dieser Datierungsmethode Auskunft gibt ...). Erstaunlicherweise sollen alleine in Mitteleuropa bisher rund 50 solcher Prothesen aus dem SpĂ€tmittelalter und der frĂŒhen Neuzeit entdeckt worden sein. Daraus schließe ich, dass sie dazumal relativ hĂ€ufig anzutreffen gewesen sein dĂŒrften.

In der Rubrik "GefĂ€hrdete HĂ€user" geht es um den drohenden Abriss eines Renaissance-Hauses mit romanischem Kellergewölbe in einer ensemblegeschĂŒtzten Altstadt. Darf man den Schilderungen glauben, dann haben wir es - wie so oft - mit einer Mischung aus VernachlĂ€ssigung durch den EigentĂŒmer und dem hirnlosen Agieren von ignoranten Politikern zu tun, fĂŒr die die Bezeichnung "Vollpfosten" ein inadĂ€quater Hilfsausdruck wĂ€re. Aber so ist das eben mit dem bayerischen "Denkmalschutz": Finder von archĂ€ologischen Objekten enteignet man aufgrund eines angeblich öffentlichen Interesses, wĂ€hrend man den abrissbegeisterten EigentĂŒmern von denkmalgeschĂŒtzten HĂ€usern quasi die RĂ€uberleiter macht. 

Nicht uninteressant ist außerdem der Bericht ĂŒber den Bau sowie den Praxistest von zwei rekonstruierten römischen Patrouillenbooten, deren Vorbilder auf der Zeitachse relativ weit auseinander lagen (Typ Oberstimm und Typ Lusoria). Ort des Tests unter Rudern und Segeln waren die Donau, der AltmĂŒhlsee am RĂ€tischen Limes und Belgien. Offenbar dĂŒrften die Originale auf keine allzu lange Haltbarkeit ausgelegt gewesen sein, wie sich bei einem der Nachbauten unter anderem anhand eines ĂŒblen Pilzbefalls zeigte. 
Mir sind in dem Beitrag die Bilder von den Booten ĂŒbrigens zu klein geraten. Die mĂŒssten wesentlich grĂ¶ĂŸer sein. Getrost hĂ€tte man stattdessen auf den am Artikelende befindlichen aufgeblasenen Anhang mit Literaturangaben verzichten können. Oder, noch besser, man hĂ€tte die an eine SchĂŒlerzeitung oder an ein Gemeindeblatt erinnernden Erlebnisberichte der "Gesellschaft fĂŒr ArchĂ€ologie in Bayern" weggelassen sollen, die immer in der Heftmitte abgedruckt werden. Das banale Gequassel interessiert vermutlich so gut wie keinen Leser. Warum betreibt dieser Verein nicht einfach ein Blog, in dem er dann exklusiv seine paar Mitglieder langweilen kann?


Abschließende Hinweise

1. Die Hefte kosten ab der aktuellen Ausgabe ĂŒbrigens € 9,90 statt wie bisher € 9,20. Wegen den höheren Produktionskosten, wie es heißt. Stichwort "Inflation", die wiederum bekanntlich von den deutlich gestiegenen Energiepreisen angefeuert wird. 
Der "Dank" der Leserschaft fĂŒr die teurer gewordenen Hefte geht deshalb logischerweise nicht an den Verlag Friedrich Pustet, sondern an die dafĂŒr hauptverantwortlichen Politdeppen. Und vergessen wollen wir auch nicht all jene BlödmĂ€nner und Blödfrauen, die diese Mischpoke immer und immer wieder wĂ€hlen.

2. Die nĂ€chste, irgendwann im Mai erscheinende Ausgabe von "Bayerische ArchĂ€ologie" hat das Thema "Die NS-Zeit im Fokus der ArchĂ€ologie". Danke, ich passe; will heißen, die Rezension des Hefts erspare ich mir vermutlich. Nicht primĂ€r weil der Schwerpunkt thematisch wenig zum Blog passt (ich habe ja auch die PLW-ErklĂ€rvideos verlinkt), sondern vielmehr weil nach meiner festen Überzeugung die sogenannte "ArchĂ€ologie der Moderne" weitestgehend eine Verschwendung von Mitteln der öffentlichen Hand darstellt. Hier werden Zeitabschnitte archĂ€ologisch beackert, ĂŒber die wir bereits aufgrund einer Vielzahl von erhaltenen Objekten, Augenzeugenberichten, Foto- und Filmaufnahmen sowie schriftlichen Quellen sehr gut bescheid wissen. Das steht im krassen Gegensatz zu Ă€lteren Phasen der Menschheitsgeschichte - wie etwa der Bronzezeit - die wesentlich schlechter erforscht sind. 
Die ArchĂ€ologie ist kein Selbstzweck, sondern eine Hilfswissenschaft der Geschichtsforschung. Entsprechend sollten sich ArchĂ€ologen auch verhalten und ihre Ă€ußerst knappen Ressourcen treffsicher einsetzen. Freilich, mit einer bronzezeitlichen Wallanlage lĂ€sst sich als narzisstischer AusgrĂ€ber nicht so kommod die eigene Tugend signalisieren wie mit einem mörderischen Konzentrationslager; oder wenigstens einem Kriegsgefangenenlager. DarĂŒber hinaus funktioniert auch das politische Instrumentalisieren der Vor- und FrĂŒhgeschichte eher weniger gut. Einige ForscherInnen versuchen es natĂŒrlich trotzdem, siehe etwa die Ideologie-Irrwische von der sogenannten "Feministischen ArchĂ€ologie". Was die seit einigen Jahren so alles an Seemannsgarn zusammenspinnen, reicht aus, um einen Matrosenanzug zu nĂ€hen, in den sogar die Ko-Parteichefin einer gewissen deutschen Partei passen wĂŒrde.

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WeiterfĂŒhrende Informationen:



3 Kommentare:

  1. Ja, der denkmalschutz in bayern....

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  2. Meine 100-prozentige Zustimmung zur Kritik am Denkmalschutz in Bayern. Ich selber warne schon lange davor, dass die grĂ¶ĂŸte Gefahr fĂŒr unser kulturelles Erbe nicht von Sondengehern ausgeht, sondern von Lokalpolitikern, die durch ihre UntĂ€tigkeit und GleichgĂŒltigkeit den grĂ¶ĂŸten Schaden anrichten. Es muss sich hier dringend vieles Ă€ndern!

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    1. Es muss sich hier dringend vieles Àndern!

      Mit der zurzeit aktiven Generation von Politikern und ArchÀologen leider nicht möglich, da inhÀrent ideologisiert, ignorant und schlicht verblödet.

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