Da ich vom Verlag Zauberfeder bereits zwei Kochbücher besitze (Römer-Kochbuch, Gladiatoren-Kochbuch) und mir beide gut gefallen haben, war es eigentlich naheliegend, mir auch das neu erschienene "Kelten-Kochbuch" anzusehen (der Verlag mag, zumindest auf dem Cover, noch immer keine Bindestriche; ich schon 😊).
Auch hier war für mich bei der Bewertung wieder die Frage von einiger Bedeutung, wie leicht sich die Rezepte nachkochen lassen. So können z.B. nur schwierig erhältliche oder teure Zutaten das Kochvergnügen arg trüben; manch Kochbuch für historische Gerichte endet deshalb als Staubfänger.
Gleichzeitig ist schon auch die Frage interessant, wie authentisch die beschriebenen Gerichte sind, denn schließlich möchte man einen ungefähren Eindruck von den geschmacklichen Besonderheiten erhalten, die die Küche unserer Vorfahren auszeichneten. Während allerdings z.B. von den Römern Kochrezepte Wort für Wort überliefert wurden, gilt das für die überwiegend schriftlose keltische Kultur, die vor der römischen Landnahme in großen Teilen Europas den Ton angab, nicht. Ein brauchbares Kelten-Kochbuch zu schreiben ist daher etwas knifflig...
Als ich das Buch nach Erhalt rasch von hinten nach vorne durchblätterte, war das erste Rezept, das mir unter die Augen kam jenes für "manx potato griddle cakes". Ach du meine Güte, schoss es mir durch den Kopf, das fängt ja schon mal 'gut' an; ein angebliches "Kelten-Kochbuch", in dem die Gerichte auch Pflanzen enthalten, die erst lange nach dem Verlöschen der keltischen Kultur in Europa heimisch geworden sind! Wahrscheinlich, so war meine Vermutung, wurde der Keltenbegriff hier äußerst großzügig auf das moderne oder wenigstens frühneuzeitliche Irland und Schottland ausgedehnt, wie es ja mitunter leider vorkommt. Die Autorin Ingeborg Scholz wird womöglich so eine Hobbyistin mit kräuterfrauhaftem Halbwissen sein, die zu viel Diana Gabaldon gelesen oder geschaut hat - kam mir in den Sinn (zufälligerweise hat der Verlag auch ein 'Outlander'-Kochbuch im Angebot).
Doch man sollte keine voreiligen, allzu pauschalen Schlüsse ziehen. Rasch stellte sich beim Lesen des 136-seitigen Buchs heraus, dass Frau Scholz durchaus fachlich kompetent ist. Bereits auf den einleitenden Seiten gibt sie einen sehr gelungenen Überblick zu den archäologisch-historischen Quellen, die die Hauptgrundlage für unser Wissen über die keltischen Ernährungsgewohnheiten bilden. Dazu zählen etwa verkohltes Gebäck, widerstandsfähige Fettreste an den Wänden poröser Tongefäße und sogenannte menschliche Koprolithen - also konservierte Exkremente (wer hätte gedacht, über so etwas ausgerechnet in einem Kochbuch zu lesen 😃). Ja, sogar auf die Sprachforschung wird zurückgegriffen, wenn es beispielsweise darum geht Hinweise zu finden, welches Gemüse die Kelten bereits verputzt haben (Gemüse an Siedlungsplätzen archäologisch zweifelsfrei nachzuweisen ist nämlich vergleichsweise schwierig). Darüberhinaus wird erläutert, welchen Einfluss die jeweilige gesellschaftliche Stellung, der Lebensraum oder das Geschlecht eines Individuums auf dessen Ernährungsmöglichkeiten gehabt haben dürfte.
Die vorgestellten Rezepte wurden in drei Haupt-Kapitel unterteilt. Im Zentrum des ersten steht die 'klassische' keltische Welt. Im zweiten und dritten kommt der von mir nicht sehr geschätzte erweiterte Keltenbegriff zum Tragen. Wobei die Autorin selbst einräumt, dass dieser nicht unumstritten ist. Und immerhin zieht sie eine für den Leser klar ersichtliche Trennlinie.
Die Autorin gibt in den Einleitungen zu den Kapiteln - sowie in eingestreuten Exkursen wie auch in den schön bebilderten Rezepten selbst - historische Hintergrundinformationen, Hinweise und Ratschläge; etwa wie man Wildkräuter richtig sammelt, wie von den Kelten Kochtöpfe und Backsteine gehandhabt wurden oder welche Aspekte der keltischen Kultur bei Gelagen zum Tragen gekommen sein könnten.
Die Kochanweisungen sind leicht verständlich, auch das Beschaffen der authentischen Zutaten stellt wohl nur in Ausnahmefällen eine Herausforderung oder gar ein Problem dar - etwa wenn diese nur saisonal verfügbar sind wie frischer Bärlauch.
Fazit: Definitiv ein gelungenes bzw. informatives archäologisch-historisches Kochbuch. Wobei allerdings für mich persönlich nur die Rezepte im 1. Teil von Interesse waren. Fünf Sterne hätte ich gerne vergeben, wenn sich Ingeborg Scholz auf die historisch 'echten' Kelten beschränkt hätte. So sind es dann - immer noch gute - vier Sterne geworden.
PS: Ich werde in den kommenden Wochen ein von mir gekochtes Gericht aus dem Buch hier vorstellen.
Auch hier war für mich bei der Bewertung wieder die Frage von einiger Bedeutung, wie leicht sich die Rezepte nachkochen lassen. So können z.B. nur schwierig erhältliche oder teure Zutaten das Kochvergnügen arg trüben; manch Kochbuch für historische Gerichte endet deshalb als Staubfänger.
Gleichzeitig ist schon auch die Frage interessant, wie authentisch die beschriebenen Gerichte sind, denn schließlich möchte man einen ungefähren Eindruck von den geschmacklichen Besonderheiten erhalten, die die Küche unserer Vorfahren auszeichneten. Während allerdings z.B. von den Römern Kochrezepte Wort für Wort überliefert wurden, gilt das für die überwiegend schriftlose keltische Kultur, die vor der römischen Landnahme in großen Teilen Europas den Ton angab, nicht. Ein brauchbares Kelten-Kochbuch zu schreiben ist daher etwas knifflig...
Als ich das Buch nach Erhalt rasch von hinten nach vorne durchblätterte, war das erste Rezept, das mir unter die Augen kam jenes für "manx potato griddle cakes". Ach du meine Güte, schoss es mir durch den Kopf, das fängt ja schon mal 'gut' an; ein angebliches "Kelten-Kochbuch", in dem die Gerichte auch Pflanzen enthalten, die erst lange nach dem Verlöschen der keltischen Kultur in Europa heimisch geworden sind! Wahrscheinlich, so war meine Vermutung, wurde der Keltenbegriff hier äußerst großzügig auf das moderne oder wenigstens frühneuzeitliche Irland und Schottland ausgedehnt, wie es ja mitunter leider vorkommt. Die Autorin Ingeborg Scholz wird womöglich so eine Hobbyistin mit kräuterfrauhaftem Halbwissen sein, die zu viel Diana Gabaldon gelesen oder geschaut hat - kam mir in den Sinn (zufälligerweise hat der Verlag auch ein 'Outlander'-Kochbuch im Angebot).
Doch man sollte keine voreiligen, allzu pauschalen Schlüsse ziehen. Rasch stellte sich beim Lesen des 136-seitigen Buchs heraus, dass Frau Scholz durchaus fachlich kompetent ist. Bereits auf den einleitenden Seiten gibt sie einen sehr gelungenen Überblick zu den archäologisch-historischen Quellen, die die Hauptgrundlage für unser Wissen über die keltischen Ernährungsgewohnheiten bilden. Dazu zählen etwa verkohltes Gebäck, widerstandsfähige Fettreste an den Wänden poröser Tongefäße und sogenannte menschliche Koprolithen - also konservierte Exkremente (wer hätte gedacht, über so etwas ausgerechnet in einem Kochbuch zu lesen 😃). Ja, sogar auf die Sprachforschung wird zurückgegriffen, wenn es beispielsweise darum geht Hinweise zu finden, welches Gemüse die Kelten bereits verputzt haben (Gemüse an Siedlungsplätzen archäologisch zweifelsfrei nachzuweisen ist nämlich vergleichsweise schwierig). Darüberhinaus wird erläutert, welchen Einfluss die jeweilige gesellschaftliche Stellung, der Lebensraum oder das Geschlecht eines Individuums auf dessen Ernährungsmöglichkeiten gehabt haben dürfte.
Die vorgestellten Rezepte wurden in drei Haupt-Kapitel unterteilt. Im Zentrum des ersten steht die 'klassische' keltische Welt. Im zweiten und dritten kommt der von mir nicht sehr geschätzte erweiterte Keltenbegriff zum Tragen. Wobei die Autorin selbst einräumt, dass dieser nicht unumstritten ist. Und immerhin zieht sie eine für den Leser klar ersichtliche Trennlinie.
- 1. Die keltische Welt bis zur Eroberung Galliens
- Alltagsküche
- Getreidebrei und Eintopf (Grundrezepte für Getreidebrei, Keltischer Standardeintopf, Ritschert, Haferfladen usw.)
- Feines Brot und guter Käse (Gebildbrot usw.)
- Festzeiten und Gelage
- Frauenfest (Wachtleier, Waldbeer-Pfankuchen usw.)
- Häuptlingsgelage (pikantes Bohnenmus, Schweinebraten mit Honig glasiert usw.)
- Die vier Jahreszeiten
- Frühling (Kräutersuppe usw.)
- Sommer (Gebackener Käse mit Wildkräutern usw.)
- Herbst (Deftiger Pfankuchen usw.)
- Winter (Fruchtige Linsensuppe usw.)
- 2. Geographische Kontakte und kulinarische Inspirationen
- Rom (Rindfleisch mit würziger Tunke usw.)
- Amerika (Shepherd's Pie usw.)
- Afrika (Irish Coffee)
- 3. Kulinarischer Streifzug durch das keltische Europa
- Porridge
- Irland (Irish Stew, Soda Bread usw.)
- Schottland (Apple Frushie usw.)
- Wales und Cornwall (Welsh Rabbit, Cornish Pasty usw.)
- Bretagne (Kigh-ha-farz usw.)
Die Autorin gibt in den Einleitungen zu den Kapiteln - sowie in eingestreuten Exkursen wie auch in den schön bebilderten Rezepten selbst - historische Hintergrundinformationen, Hinweise und Ratschläge; etwa wie man Wildkräuter richtig sammelt, wie von den Kelten Kochtöpfe und Backsteine gehandhabt wurden oder welche Aspekte der keltischen Kultur bei Gelagen zum Tragen gekommen sein könnten.
Die Kochanweisungen sind leicht verständlich, auch das Beschaffen der authentischen Zutaten stellt wohl nur in Ausnahmefällen eine Herausforderung oder gar ein Problem dar - etwa wenn diese nur saisonal verfügbar sind wie frischer Bärlauch.
Fazit: Definitiv ein gelungenes bzw. informatives archäologisch-historisches Kochbuch. Wobei allerdings für mich persönlich nur die Rezepte im 1. Teil von Interesse waren. Fünf Sterne hätte ich gerne vergeben, wenn sich Ingeborg Scholz auf die historisch 'echten' Kelten beschränkt hätte. So sind es dann - immer noch gute - vier Sterne geworden.
PS: Ich werde in den kommenden Wochen ein von mir gekochtes Gericht aus dem Buch hier vorstellen.
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Weitere interessante Themen:
- Buch-Empfehlung: Die Kelten in Bayern - Archäologie und Geschichte
- Eine kritische Betrachtung archäologisch-historisch orientierter Kochbücher - Ein Gastbeitrag von Achim Werner
- Hiltibold kocht römisch: Pfannenbrot und gefüllte Fladen ("panis in patina coctus" et "placentae plenae")
Das Römerkochbuch von Zauberfeder habe ich auch, das Lob dafür kann ich bestätigen.
AntwortenLöschenBin jetzt aber gespannt, was du für ein keltisches Gericht kochst.
:-)
LG,
Martina