Römische Globi / Mohnknödel | Keine Rechte vorbehalten, doch um die Nennung der Quelle wird gebeten: https://hiltibold.blogspot.com |
Die Advent- und Weihnachtszeit ist immer auch die große Zeit der Süßspeisen. Da liegt es nahe - thematisch passend zum Blog - sich ein entsprechendes Gericht aus der Antike genauer anzusehen. Dabei bin ich wieder einmal bei Cato dem Älteren gelandet, der im 2. Jahrhundert vor Christus in seinem Buch "De agri cultura" ("Über die Landwirtschaft") das einfache und relativ kostengünstige Gericht "globi" beschreibt. Der Name bedeutet ungefähr "Kugeln" (vergl. "Globus"), ist also nicht sehr aussagekräftig; in einigen Übersetzungen ist auch von "Bällchen" oder sogar "Krapfen" die Rede. Letzteres ist allerdings irreführend. Schlussendlich handelt es sich bei diesem Gericht um eine sehr alte Variante der auch heute noch beliebten Mohnknödel (und anders als "Globuli" bestehen die globi nicht zu 99,999 Prozent aus Zucker 😉).
Für ca. acht Stück von Catos globi benütigt man die nachfolgenden Zutaten. Wobei die von mir verwendeten Angaben und Anweisungen nicht direkt aus der antiken Originalquelle stammen (diese ist wie so oft wenig präzise), sondern aus Marcus Junkelmanns Kochbuch "Römische Naschkatzen" (siehe auch weiter unten das rosa Kästchen).
- 200g Weizen- oder Dinkelgrieß
- 300g Frischkäse oder Ricotta
- Olivenöl
- Flüssiger Honig
- Mohn
Hier nun Catos Rezept: Links die Texte aus der "De agri cultura"-Ausgabe des Verlags Reclam. Rechts die Variante aus Marcus Junkelmanns Kochbuch "Römische Naschkatzen", inklusive ergänzender Hinweise des Autors.
De agri cultura (Verlag Reclam) Globos sic facito: Caseum cum alica ad eundem modum misceto. Inde, quantos voles facere, facito. In aenum caldum unguen indito. Singulos aut binos coquito versatoque crebro duabus rudibus. Coctos eximito. Eos melle unguito, papaver infriato. Ita ponito. Übersetzung des Originaltextes: Krapfen mache wie folgt: Vermenge Käse mit Spelzgraupen auf gleiche Weise (wie bei einer Placenta). Daraus forme (Bällchen), wie groß du sie haben willst. Gib Fett in einen warmen Kessel. Backe (die Bällchen) einzeln oder zu zweien und drehe sie häufig mit zwei Holzlöffeln 24 um. Sind sie gebacken, nimm sie heraus. Besteiche sie mit Honig, bestreue sie mit Mohn. So serviere sie. | Römische Naschkatzen (Verlag Nünnerich-Asmus) Übersetzung des Originaltextes: Globi mache so: Käse mische in der oben beschriebenen Weise mit Weizengrieß. Forme daraus so viele Knödel wie du brauchst. In ein heißes Bronzegefäß gib Fett. Brate darin die globi und wende sie mit zwei Holzspachteln häufig um. Wenn sie fertig sind, bestreiche sie mit Honig, bestreue sie mit Mohn und trage sie auf.Ergänzende Hinweise: Wenn der Käse von ausreichend flüssiger Konsistenz ist, braucht man den Grieß nicht einzuweichen. Sollte dies nötig sein, dann nur sehr wenig Wasser verwenden, damit der Teig nicht zu flüssig wird, da sonst die Knödel nicht ihre Form behalten. Den sehr zähen Käse-Grießteig sorgfältig kneten, in Kugeln formen und im heißen Olivenöl unter häufigem Wenden goldbraun braten. Dann in flüssigem Honig, den man am besten heiß gemacht hat, wälzen und mit reichlich Mohn bestreuen. Die globi können warm wie kalt gegessen werden. |
Gedanken und Erläuterungen:
- Bei Reclam bzw. dem verantwortlichen Übersetzer Hartmut Froesch ist von Spelzgraupen die Rede, Marcus Junkelmann schreibt von Weizengrieß (oder Dinkelgrieß). Was liegt hier näher am Original? Nun, der betreffende Begriff lautet im lateinischen Text alica. PONS übersetzt mir das mit Spelzgrütze -brei. Andere Wörterbücher spucken dazu Speltgraupen aus. Die aus Gerste oder Weizen erzeugten Graupen dürfte demnach näher am Original liegen. Außer ich habe hier etwas missverstanden (was mich bei dem Begriffsdurcheinander nicht wundern würde). Ob freilich in geschmacklicher Hinsicht überhaupt ein signifikanter Unterschied zwischen Graupen und Grieß feststellbar wäre, bezweifle ich. Allerdings müsste man das ausprobieren, um zu einem abschließenden Urteil gelangen zu können.
- Cato schreib von unguen. Das heißt schlicht Fett. Junkelmann geht dabei von Olivenöl (oleum) aus. Das mag im Kontext der Zeit und der Gegend eine naheliegende Annahme sein, allerdings wäre Schmalz (lardum) ebenfalls denkbar, da dieses in der römischen Küche durchaus Verwendung fand. Meiner Erfahrung nach ist Schmalz außerdem in der Lage, gerade Gebackenes geschmacklich ordentlich aufzupeppen (siehe Catos Mostbrötchen). Was im konkreten Fall vielleicht nicht geschadet hätte... doch ich greife dem Fazit vor.
- Der Käse (caesum) wird nicht näher spezifiziert. Da wir es hier aber mit einer Süßspeise zu tun haben, ist die Verwendung von Frischkäse eine naheliegende Annahme.
- Wie in der Kochanweisung habe ich die Knödel bzw. globi in einem metallenen Gefäß herausgebraten. Man muss dabei wirklich aufpassen, da Ankleben vorprogrammiert ist; zumindest in der von mir verwendeten Gusseisenpfanne. Ich war daher ständig am Wenden (ein Esslöffel eignet sich dafür besser als die genannten Holzspateln). Möglich, dass es grundsätzlich besser gewesen wäre, die Knödel im Fett schwimmend herauszubacken. Und eventuell wurde das auch so in der Antike gemacht. Obwohl Catos Hinweis mit dem ständigen Umdrehen das eher nicht nahelegt. Denn diese Umdreherei ist nur im Fall von relativ wenig Fett nötig.
Drei Personen haben meine globi probiert. Einer davon haben sie ziemlich gut geschmeckt. Bei mir und dem dritten Tester hat der Gaumen hingegen keine Purzelbäume geschlagen.
Es ist nicht so, dass diese altrömischen Mohnknödel eine Totalkatastrophe gewesen wären, aber so richtig überzeugen konnte sie mich nicht. Der Teig selbst hat eine leicht säuerliche Note, der Honigüberzug hingegen ist naturgemäß sehr süß; für meinen Geschmack schon zu süß. Und der Mohn... war irgendwie fade.
Ich war noch nie ein großer Süßspeisenfreund. Vielleicht liegt es ja auch daran, dass ich mich nicht ganz für die globi erwärmen kann. Oder meine Zubereitung der Knödel war an einer oder mehreren Stellen Stelle nicht optimal.
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Weiterführende Informationen / Quellen:
Ich glaube, solche Globi habe ich vor etlichen Jahren mal bei einer Veranstaltung des Freilichtmuseums Carnuntum probiert. Fand die gar nicht so schlecht, aber ich bin auch eine Naschkatze, die gerne Süßes mag 🙂.
AntwortenLöschenVielleicht waren in Carnuntum bessere Köche am Werk ;)
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