
Die (unfreiwillig) komischste Stelle im ganzen Comic findet sich weit vorne. Dort steht schwarz auf weiß: "Goscinny und Uderzo präsentieren ein neues Abenteuer von Asterix". Als ich das las, dachte ich mir: Beim Belenus, haben die zwei längst verstorbenen Asterix-Erfinder etwa den Fährmann Charon mit einem Hinkelstein bestochen, um aus der Unterwelt zurückkehren zu können!? 😄
Die eigentliche Story hat mir zwar ab und zu ein kleines Schmunzeln entlockt, aber wirklich warm bin ich damit nicht geworden. Das scheitert bereits am Ort der Handlung: Portugal bzw. Lusitanien (wie nämlich die Gegend in der Antike einige Zeit lang hieß). Nichts gegen das Land und seine heutigen Einwohner, aber was weiß man denn schon über das kleine, am Rand von Europa liegende Portugal? Welche allgemein bekannten Klischees gibt es im Zusammenhang damit, über die man sich in einer Asterix-Geschichte lustig machen könnte? Fast nichts - wie man beim Lesen rasch feststellt. Auch wenn die tatsächlichen Macher dieses Bandes - Didier Conrad und Fabcaro - sich offenbar einbilden, der angeblich exzessive Kabeljau-Konsum der Lusitanier/Portugiesen wäre genau so ein Klischee, weshalb man dies dann auch die ganze Handlung hindurch immer und immer wieder bemüht. Doch mich hat das, und einiges mehr, einfach nur rat- und emotionslos zurückgelassen. Vielleicht ist ja in wenigen Ausnahmefällen wie im Fast-Nachbarland Frankreich der kulinarische Kabeljau-'Fetisch' der Portugiesen bekannt, hingegen der großen Masse der internationalen Asterix-Leserschaft wird es dabei wohl wie mir ergehen.
Trotz des eher uninteressanten Handlungsorts hätte es noch eine gute und unterhaltsame Geschichte werden können - wenn diese entsprechend geistreich gewesen wäre. Aber das ist sie nicht. Stattdessen ist es das übliche Aneinanderreihen der immer gleichen Elemente, die dem langjährigen Leser nur zu bekannt sind. Mein Gott, z.B. die Touristen mit dem Haus auf einem Ochsenkarren (=Wohnmobil) hatten wir doch schon zigfach! Wer soll sich denn darüber noch amüsieren? Vom Versenken des Piratenschiffs will ich gar nicht erst anfangen. All das wirkt nur noch wie liebloser Fan-Service bzw. wie ein Pflichtprogramm. Dabei bietet die Welt der Antike dermaßen viel, das sich stattdessen wunderbar persiflieren ließe. Aber wenn man als Autor bzw. als Zeichner nicht über das entsprechende Vorwissen verfügt, dann führt das natürlich zu nichts. Man müsste den Verantwortlichen wahrscheinlich einen Archäologen, Althistoriker oder Altphilologen zur Seite stellen...
Wobei man nicht jeder Veränderung gegenüber abgeneigt ist. So wurde nicht nur die Physiognomie des schwarzen Piraten im Ausguck verändert, sondern nun hat dieser auch noch seinen lustigen Sprachfehler verloren. Scheibchenweise jubelt man den Lesern diese von weltanschaulich einschlägig gefärbten Journalisten schon länger eingeforderten Änderungen unter. Ein solcher Kotau vor der politischen Korrektheit ist schlicht erbärmlich. Nun hat offenbar auch das kleine gallische Dorf aufgehört, Widerstand zu leisten. Es wird wohl bald der Tag kommen, an dem seine führenden Köpfe beschließen werden, sich endlich dem Römischen Reich unterzuordnen - diesem heutzutage gerne zum Toleranzwunderland verklärten Gebilde -, welches damit quasi zu einem Vorläufer der sogenannten Europäischen Union wird. Denn tatsächlich wurden Asterix und Obelix von journalistischen Stusstextern bereits als verkappte Gegner genau dieser EU gebrandmarkt...
Das FAZIT kann im Angesicht der oben geschilderten Lage nur lauten: Asterix und sein Freund Obelix mögen im langweiligen Lusitanien unterwegs sein, die Verantwortlichen für die Story befinden sich hingegen in kreativer Hinsicht auf der Lusitania*. Wie lange wird dieser lecke Eimer sich noch mit Fanboy-Hilfe über Wasser halten können, bevor er absäuft?
* Die Lusitania war ein britischer Luxusliner, der im 1. Weltkrieg vom deutschen Unterseeboot U20 torpediert und versenkt wurde - über 1000 Todesopfer waren die Folge davon. Das Schiff war trotz eindringlicher Warnungen des deutschen Kaiserreichs - das sogar entsprechende Anzeigen in amerikanischen Zeitungen hatte schalten lassen (!!!) - in Richtung Großbritannien ausgelaufen; außerdem hatte die Lusitania nachweislich Munition für die britische Armee geladen; was sie zu einem legitimen Ziel der deutschen Marine machte. Schlussendlich nahmen US-Politiker und mediale Einpeitscher wie der Herausgeber William Randolph Hearst - der schon ein Hauptverantwortlicher für den Spanisch-Amerikanischen Krieg einige Jahre zuvor gewesen ist - die Versenkung als willkommenen Anlass, um die USA endlich in den großen europäischen Krieg gegen die unmenschlichen "Hunnen" (Deutschen) zu führen.
Notiz am Rande: Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich. Denn nicht nur der Eintritt der USA in den 1. Weltkrieg basierte auf einem bewusst provozierten und/oder herbeigelogenen 'casus belli' (Kriegsgrund), der mit einem maritimen Zwischenfall zu tun hatte. Im bereits erwähnten Spanisch-Amerikanischen Krieg war das genauso der Fall (Explosion an Bord der USS Maine) wie auch später beim Vietnamkrieg (Golf-von-Tonkin-Zwischenfall). Und dann wäre da noch die Angelegenheit mit Japan und Pearl Harbor, die zumindest extrem dubios ist. Eigenlicht unfassbar, dass dieses Schema immer und immer wieder funktioniert. Es muss am schlechten Gedächtnis sowie an mangelhaften historischen Kenntnissen der Menschen liegen. Doch das ist eine völlig andere Geschichte...
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