Sonntag, 27. Oktober 2024

📖 Buch-Rezension: Faszination Luftbildarchäologie

Die Luftbildarchäologie ist seit vielen Jahrzehnten nicht mehr aus der archäologischen Wissenschaft wegzudenken. Was mit kostspieligen Flugzeug- und Hubschrauberflügen begann (sofern man die nur sporadisch eingesetzten Heißluftballon der Frühzeit ignoriert) wird mittlerweile oft mit sogenannten "Drohnen" bewerkstelligt (wobei diese, weil es sich meist um Quadrocopter mit relativ geringer Reichweite handelt, eher für kleinräumigere Prospektionen eingesetzt werden).
Auch die bildgebenden Techniken haben sich im Laufe der Jahre verändert. Nicht nur die Qualität der Fotos verbesserte sich stark (wir kennen das von unseren Telefonen), sondern daneben hat der zunehmende Einsatz der Laser-Technologie LIDAR (Light Detection and Ranging) es vor allem in den vergangenen Jahren ermöglicht, erstaunliche archäologische Entdeckungen zu machen. Eines der spektakulärsten Beispiele sind die wohl überwiegend als Geoglyphen anzusprechenden Strukturen im Amazonas-Urwald.

Im vorliegenden Buch von Baoquan Song und Klaus Leidorf spielen LIDAR-Aufnahmen keine Rolle; ebenso wenig werden die technischen Aspekte der Luftbildarchäologie behandelt (das wurde schon gesondert in einem 2019 erschienene Buch der beiden Autoren gemacht - in den kommenden Wochen werde ich dieses auch noch besprechen). Stattdessen wird hier eine Vielzahl von kommentierten Fotos präsentiert, die von Leidorf und Song im Laufe von rund 30 Jahren aus dem Flugzeug heraus gemacht wurden. Darin werden die unterschiedlichsten archäologischen Strukturen sichtbar; zum Beispiel ein römischer Burgus und jungsteinzeitliche Langhäuser in Deutschland, eine Höhensiedlung in China, eine frühmittelalterliche Kirche in Ungarn, ein Reihengräberfeld in der Lombardei, die Siedlungsreste einer phönizischen Stadt auf Sardinien usw. 
Der geographische Schwerpunk der vorgestellten Beispiele liegt in Deutschland - ca. ein Drittel der Seiten wird damit gefüllt. 

Mit 27 cm x 33,5 cm ist das Buchformat ausreichend groß, um die schönen Luftbildaufnahmen anständig darstellen zu können. Nur wenige Fotos erscheinen mir eine Spur zu klein geraten. Die Kommentierung der Bilder ist ausreichend. Manchmal hätte ich mir dann allerdings doch etwas umfangreichere Informationen gewünscht; etwa zur zeitlichen Einordnung der fotografierten Strukturen.

Blick ins Buch: Links oben eine römische oder hallstattzeitliche (keltische) Anlage. Links unten das römische Legionslager von Markbreit und die Reste eines ebenfalls römischen Marschlagers. Rechts Reste des römischen Zwei-Legionen-Lagers Vetera castra I. | (C) Wissenschaftliche Buchgesellschaft/Verlag Herder

Kostenlose Online-Dienste wie Google Maps oder Bing Maps ermöglichen es heute jedem Interessierten, bis zu einem gewissen Grad selbst Luftbildarchäologie zu betreiben. Siehe etwa meine Entdeckung in der südlich von Graz gelegenen Gemeinde Dobl. Das Buch "Faszination Luftbildarchäologie" kann aufgrund der darin enthaltenen repräsentativen Beispiele eine nützliche Hilfe bei der Interpretation solcher Entdeckungen sein. Egal ob man sein Augenmerk auf ein fernes Land legt oder auf die Gegend vor der eigenen Haustüre. Ich würde übrigens letztere Option empfehlen, weil hier die Überprüfung vor Ort und eventuell auch die Kontaktaufnahme mit den zuständigen Archäologen wesentlich leichter ist. Naja, zumindest theoretisch, wie meine Erfahrungen mit dem österreichischen Bundesdenkmalamt (BDA) gezeigt haben. Zwei Jahre für eine Antwort war nicht gerade eine Meisterleistung....

Auch in diesem Buch findet sich wieder einmal ein Hinweis darauf wie schlecht es um die Bodendenkmalpflege bzw. die archäologische Forschung in Deutschland/Bayern bestellt ist. Klaus Leidorf schreibt nämlich, dass aufgrund von Budgetkürzungen nur noch ein Fünftel jener Luftbild-Flugstunden in Bayern finanziert werden können, die noch vor 30 Jahren üblich gewesen sind. U.a. sind deshalb Überwachungen von größeren Baugebieten aus der Luft kaum noch möglich; viele im Boden verborgene Strukturen werden in weiterer Folge unabsichtlich (oder absichtlich) weggebaggert. ☹️
Ein Trauerspiel, aber das darf nicht verwundern, wenn Parteipolitiker über Jahre hinweg das ihnen anvertraute Steuergeld fahrlässig verschleudern, indem sie etwa Unsummen in einen osteuropäischen Kriegsverlierer in spe buttern oder meinen, die Energieversorgung - auf maximal dümmste und Art und Weise - wenden zu müssen
Wie viele der Archäologen, die jetzt unter Kürzungen leiden, haben gegen diesen und ähnlichen Nonsens öffentlich ihre Stimme erhoben? In bester Kenntnis dieser Kreise, die aufgrund des quasi staatlichen Archäologie-Monopols berufsbedingt eng am Parteien- und Obrigkeitsstaat dranklebenden, darf ich konstatieren: So gut wie keiner. Im Gegenteil, gerade die großkopfertsten und einflussreichsten unter ihnen gerieren sich nicht selten als Klatschautomaten für diese Art Politik. Sie sind freilich auch diejenigen, welche aufgrund ihrer fetten Gagen und einer oft damit einhergehenden Verbeamtung die Auswirkungen auf ihr Fach am allerwenigsten persönlich spüren. 

Eine kleine Randbemerkung zum Schluss: Erschienen ist das Buch in der Edition AiD (=Zeitschrift "Archäologie in Deutschland") beim (Ex-)Verlag Theis, der eigentlich schon vor vielen, vielen Jahren Teil der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft (WBG) geworden ist. Nun wurde mittlerweile aber ihrerseits die WBG übernommen, und zwar vom Verlag Herder...
Das wird wirklich immer komplizierter! Da nämlich die Verlage sich ständig gegenseitig aufkaufen und dann häufig den renommierten Verlagsnamen des Gekauften als "Imprint" (Wortmarke) weiterführen.
Besser wird dadurch für den Leser/Konsumenten aber eher nichts. Beispielsweise sind bei Theiss - meiner Meinung nach - die besten Archäologie-Bücher erschienen, bevor man Teil der WBG und eben jetzt von Herder wurde. Siehe etwa hier, hier und hier. Vom letzten Beispiel abgesehen, sind diese Bücher gebraucht sehr günstig erhältlich und jenen Lesern, die solche Themen interessieren, unbedingt zu empfehlen (alleine schon wegen der tollen Bebilderung).


Mittwoch, 23. Oktober 2024

🎧 Hörbares: Göbekli Tepe als ein Social Hub der Jungsteinzeit -- Hark Olufs Abenteuer -- Migration in der Steinzeit -- Denker und Tyrannen -- usw.


 Göbekli Tepe: ein Social Hub der Jungsteinzeit | Spieldauer 14 Minuten | WDR | Direkter Download
Zitat: "Jüngst wurden Überreste von Wohngebäuden gefunden, mit zahlreichen Steingefäßen, Feuerstein-Werkzeugen, verkohlten Wildsamen und Gräbern unter den Fußböden der Wohnhäuser. Göbekli Tepe ist demnach kein reiner Kultplatz, sondern auch ein Siedlungsplatz. Und zwar von der ersten Phase an." Bis vor wenigen Jahren wurde noch heftig von Forschern aus der Kategorie Arschäologe (kein Schreibfehler) in sozialen Medien mit Schaum vor dem Mund bestritten, dass der Platz etwas anderes als eine Art religiös-saisonale Disko für Jäger und Sammler gewesen ist, wo gelegentlich getanzt, gesoffen und irgendwie gekultelt wurde (was man nicht erklären kann, sieht man gern als kultisch an). Aber so plötzlich kanns gehen. Eben noch 'Wahrheit', dann plötzlich Schmarrn. Damit haben jene Kollegen Recht behalten, die schon länger Zweifel daran geäußert haben. Es ist ja auch völlig realitätsfremd, zu glauben, dass man eine dermaßen aufwendig errichtete Anlage die meiste Zeit des Jahres verwaist lässt. 

 19.10.1469: Eine geheime Hochzeit verändert Spanien: Isabella und Ferdinand | Spieldauer 15 Minuten | WDR | Direkter Download

 Seemann, Sklave, Schatzmeister im Orient: Hark Olufs Abenteuer im 18. Jahrhundert | Spieldauer 15 Minuten | WDR |  Direkter Download

 Der große Sturm 1634: Die Nordsee verschlingt die Insel Strand | Spieldauer 14 Minuten | WDR | Direkter Download

 Sahen die Kelten aus wie die Comic-Gallier Asterix und Obelix? | Spieldauer 2 Minuten | SWR | Stream & Info | Direkter Download

 Migration in der Steinzeit – Warum wir fast alle anatolische Wurzeln haben | Spieldauer 34 Minuten | SWR | Stream & Info | Direkter Download
Bei der Überschrift und dem Info-Text musste ich an Goethe denken: Man merkt die Absicht und man ist verstimmt.

 Denker und Tyrannen - Verhängnisvolle Allianzen | Spieldauer 24 Minuten | BR | Stream & Info | Direkter Download
Wenn ich mir gewisse Kretins ansehe, die etwa in Deutschland in einem sogenannten "Ethikrat" sitzen, dann komme ich zu dem Schluss, dass es diese verhängnisvollen Allianzen auch in Demokratien gibt. Man muss also nicht räumlich und zeitlich in die weite Ferne schweifen, um etwa Platon und Dion von Syrakus zu bemühen. Da könnte man ja fast meinen, es soll von gegenwärtigen Zuständen zuhause abgelenkt werden...

 Das Museum - Ein Ort der Macht | Spieldauer 24 Minuten | BR | Stream & Info | Direkter Download
Wenn es ein staatliches Museum ist, auch ein Ort der fetten Gagen, Parteibuchwirtschaft und Beamtenprivilegien ^^

 Das Deutsche Museum - Technikgeschichte zum Anfassen | Spieldauer 23 Minuten | BR | Stream & Info | Direkter Download


Sonntag, 20. Oktober 2024

📽️ Videos: "Ancient Apocalypse" und der geprügelte Graham Hancock überall! -- Kämpfen wie im Mittelalter -- Paulinzella, der Schatz im Wald


Am 16. Oktober 2024 ist auf Netflix die sechsteilige zweite Staffel der Archäologie-Dokureihe "Ancient Apocalypse" gestartet. Geographisch bewegt sich darin der Ideengeber, Sachbuchautor und Präsentator Graham Hancock nahezu ausschließlich auf dem amerikanischen Doppelkontinent (in der ersten Staffel war man hingegen noch global unterwegs).

Dass die Reihe eine zweite Staffel erhalten hat ist auf den sehr großen Erfolg der ersten Staffel zurückzuführen. Und das alles obwohl einige wenige Akteure aus der Archäologie Hancock auf die übelste Weise bis heute diffamieren. Vorgegangen wird dabei mittels selektiver Quellenauswahl, Halbwahrheiten, Andeutungen (Innuendo), dem Kontaktschuld-Schmäh usw. Einer der Hauptakteure der Schmutzkübelkampagne gegen Hancock, ein verhaltensorigineller US-Archäologe namens "Flint Dibble", gibt in seinem "X"-Profil "preferred pronouns" an. Was durchaus beredt ist und man - pars pro toto - als Hinweis betrachten darf, aus welcher politisch-weltanschaulichen Ecke auf Hancock (erfolglos) eingeprügelt wird.

Nun ist es so, dass Graham Hancock aus Anlass des Starts der 2. Staffel von "Ancient Apocalypse" eine Art Promo-Tour macht und in ihrem Rahmen bei angesagten Podcastern wie Lex Friedman und Joe Rogan ausführlich über seine These spricht. In ihr geht es es um einen eiszeitlichen Kulturtransfer von einer verschollenen frühen Hochkultur - die bereits globale Hochseefahrt betrieben haben soll - hin zu steinzeitlichen Jägern und Sammlern. Was schließlich die sogenannte "jungsteinzeitliche Revolution" bzw. die Sesshaftwerdung des Menschen angestoßen haben soll. 
Wie schon mehrfach hier gesagt: Mich überzeugt Hancock damit nicht wirklich, allerdings sind Teilaspekte seiner These - wie die postulierte Hochseefahrt - durchaus von einigem Interesse.


Graham Hancocks "Ancient Apocalypse" | Spieldauer je 40 Minuten | Netflix | Stream & Info
Eine handwerklich sehr gut gemachte Netflix-Dokureihe. Mir persönlich ist zwar die audiovisuelle Verpackung zu groß geraten, aber die meisten Leute wird das nicht stören. Auch wenn man von Hancocks These nicht recht überzeugt ist, so lohnt sich das Ansehen meiner Meinung nach allemal. Ich habe mir innerhalb von zwei Tagen alle Folgen mit großem Vergnügen und viel Popcorn reingezogen.

 Lex Fridman Podcast: Graham Hancock: Lost Civilization of the Ice Age & Ancient Human History | Spieldauer 153 Minuten | Lex Friedman | Stream & Info 
Hancock, den die erwähnten Archäo-Dreckschleudern neben Rassismus und Sexismus auch Antisemitismus andichten wollen, um ihn so aus dem Äther zu kicken, wird hier von Lex Friedman - der jüdischstämmig ist - in Schutz genommen. Friedman kritisiert den Missbrauch dieser drei 'Tatbestände' und ihre zunehmend inflationäre Verwendung in den letzten 10 Jahren. Bezeichnenderweise wird Hancocks Friedman-Interview - trotz 1,1 Millionen Youtube-Aufrufe innerhalb von nur drei Tagen - von seinen Gegnern so gut wie völlig ignoriert. Passt ja nicht zum Narrativ. 


 Joe Rogan Experience: Graham Hancock | Spieldauer 149 Minuten | PowerfulJRE | Stream & Info 
1,2 Millionen Aufrufe innerhalb von 2 Tagen alleine auf Youtube. Derweilen plärren Hancocks Feinde in ihrer vergleichsweise kleinen Echokammer. Der oben bereits erwähnte Ungustl Flint Dibble hat sogar vor sechs Monaten bei Rogan mit Hancock diskutiert, jedoch, wie sich im Nachhinein herausstellte, wurden von ihm die Seher/Hörer mittels Halbwahrheiten hinter die Fichte geführt. Hancock und Rogan sprechen das hier gleich in den ersten 10 Minuten des Interviews an. Ich empfehle dazu auch einen etwas ausführlicheren "X"-Thread des eigentlich Hancock-kritischen Archäologen Paul Hill, der die Niedertracht und intellektuelle Insuffizienz seines Berufskollegen Dibble dort hervorragend in ihre Einzelteile zerlegt: Klick mich. Auch Hancock selbst hat kürzlich dazu ein Video veröffentlicht. Den Namen Flint Dibble muss man sich in diesem Zusammenhang unbedingt merken. Denn das, was an Negativem über Hancock gelegentlich in die Berichterstattung der Journaille sowie von Archäologie-Magazinen/Bloggern durchsickert, geht zu erheblichen Teilen auf das boshafte Geschreibsel und das Intrigieren dieses unübersehbar mental nicht ganz koscheren Akteurs zurück (hierzu noch einmal der ausdrückliche Hinweis auf den oben verlinkten "X"-Thread). PS: Die Kommentare unter dem Rogan-Interview sind durchaus auch lesenswert.


 Kämpfen wie im Mittelalter | Spieldauer 3 Minuten | HR | Stream & Info 
"Vollkontaktkampf in historischer Rüstung". Geh bitte, die träumen wohl ... ^^

 Der Schatz im Wald - Paulinzella | Spieldauer 45 Minuten | Alpha | Stream & Info 


Donnerstag, 17. Oktober 2024

📖 Buch-Rezension: Von harter Arbeit und faire Löhnen - Texte aus der Antike

Was ist Arbeit? Für die meisten Menschen ist sie ein notwendiges Übel. Einige aber empfinden sie als Vergnügen oder sehen in ihr zumindest etwas, das dem eigenen Leben Sinn verleiht. Wobei die unterschiedliche Bewertung naturgemäß stark vom Charakter der jeweiligen Arbeit abhängt. Wer etwa auf einer Baustelle bei Wind und Wetter körperlich schuften muss, wird vergleichsweise selten sein Los preisen; anders der leitende Angestellte im Home Office, dessen größte Herausforderung es darstellt, die Zeit bis zum nächsten Zoom-Meeting irgendwie totzuschlagen.

In der antiken Welt war es nicht wesentlich anders. Zwar unterschieden sich die beruflichen Tätigkeiten von den heutigen teilweise drastisch, aber das soziale Gefälle drückte sich schon damals gerade in der Arbeit und ihre Sicht darauf aus. Holger Sonnabend wirft in seinem Büchlein "Von harter Arbeit und fairen Löhnen" einen Blick auf die damaligen Verhältnisse. Und zwar anhand kommentierter Stellen aus antiken Texten. Als Quellen dienen ihm dabei so berühmte Zeitzeugen wie Cicero, Plinius, Plutarch, Herodot usw. 
Es wird manch Leser überraschen, wie ausgerechnet in einer vorindustriellen Gesellschaft die "Eliten" über manuell arbeitende Menschen hergezogen sind. Zumindest legen die überlieferten literarischen Texte, die naturgemäß von gebildeten Mitgliedern der griechischen und römischen Oberschicht verfasst wurden, eine weit verbreitete, extrem snobistische Betrachtungsweise nahe. Beispielsweise meint Xenophon in seinem Werk "Oikonomikos" folgendes über körperliche ("banausische") Arbeit.

Die banausischen Arbeiten sind berüchtigt. In den Städten werden sie zu Recht geringgeschätzt. Sie schwächen die Körper der Arbeiter und die der Aufseher. Denn sie sind gezwungen, im Dunkeln (einer Werkstatt) zu sitzen, manche sogar dazu, den ganzen Tag am Feuer zu verbringen. Dadurch aber wird der Körper in Mitleidenschaft gezogen, und es lassen auch die Kräfte des Geistes nach. Doch vor allem rauben die banausischen Tätigkeiten die Muße, sich den Freunden und der Politik zu widmen. Aus diesem Grund sind diese Menschen nicht geeignet, Freundschaften zu pflegen oder ihre Heimat zu verteidigen.

Was für ein Unsinn, was für eine Gemeinheit! Da wünscht man sich fast, Xenophon wäre bei seinem legendären "Zug der 10000" ("Anabasis") von einem Perserschwert der Scheitel neu gezogen worden. ^^

Die Zusammenstellung der Texte finde ich recht gelungen, auch wenn das eine oder andere Beispiel vom eigentlichen Thema abschweift. Mir persönlich waren darüber hinaus bereits einige Zitate bekannt; z.B. Senecas legendärer Besuch im öffentlichen Bad, wo u.a. ein Haarausrupfer mit seiner schmerzhaften Tätigkeit für eine gehörige Geräuschkulisse sorgte.
Es werden in den Textstellen verschiedenste Aspekte des Themas 'Arbeit' behandelt und mal mehr, mal weniger vom Autor in erklärender Weise kommentiert. Vom gesellschaftlichen Ansehen bestimmter Berufe abgesehen geht es beispielsweise auch um Fragen wie den Verdienst, was Armut bedeutete, in welchen beruflichen Feldern Frauen tätig waren, was es für Karrierenetzwerke gab oder wie Vitamin B funktionierte (bzw. nicht funktionierte, siehe den berüchtigten militärischen Versager Publius Quinctilius Varus, der seinen Job als Statthalter Germaniens wohl nicht zuletzt seiner Verwandtschaft mit Augustus verdankte).
Man muss klar sagen: Außerordentlich tief wird bei all dem nicht in die Materie vorgedrungen. Doch gerade dieser Umstand macht das Buch kurzweilig; besonders in Kombination mit den z.T. amüsanten und kuriosen Inhalten der antiken Überlieferungen. Sozusagen im Vorbeigehen streift man dabei auch manch andere Besonderheit des damaligen Lebens, was einen zusätzlichen Gewinn für den Leser darstellt. Dementsprechend ist "Von harter Arbeit und fairen Löhnen" wohl besonders jenen zu empfehlen, die sich zwar kein Expertenwissen aneignen wollen, aber trotzdem an einer anschaulichen und authentischen Schilderung der antiken Verhältnisse interessiert sind. 


Montag, 14. Oktober 2024

📽️ Videos: Graham Hancock und ein Lehrstück charakterlicher Verwahrlosung -- Wilhelm der Eroberer -- Der letzte Neandertaler -- Das Erbe des Assyrischen Reiches -- Wandgemälde in der Burg Ziesar -- usw.


 Fact-checking science communicator on Joe Rogan Experience episode 2136 | Spieldauer 55 Minuten | Graham Hancock Official Channel | Stream & Info
Ein Lehrstück über die Unwissenschaftlichkeit, charakterliche Verwahrlosung, Verlogenheit,  und Dreckschleuderhaftigkeit von einigen Vertretern der archäologischen Wissenschaft. Zurecht hat dieses sehr erhellende Video-Statement bereits über 360000 Aufrufe innerhalb weniger Tage.  Übrigens: Die 2. Staffel von Graham Hancocks sehr erfolgreicher Dokureihe "Ancient Apocalypse" startet demnächst auf Netflix. Und fürs Protokoll: Hancocks Theorie von der verlorenen Hochkultur, die Kulturtechniken wie Ackerbau an die Menschen der Jungsteinzeit weitergegeben hat, überzeugt mich bisher nicht wirklich. Seine dazugehörenden Einlassungen zu steinzeitlicher Hochseefahrt werden aber mit hoher Wahrscheinlichkeit zutreffend sein. Zu dem Schluss muss man nicht zuletzt aufgrund der Forschung von Dominique Görlitz ("ABORA") kommen.


 Maria Peter schreibt Historische Romane aus der Großregion | Spieldauer 6 Minuten | SR | Stream & Info 
So muss das sein, wenn man einen historischen Roman schreibt. Die Fakten der Rahmenhandlung genau recherchieren!

 Verlorene Schätze - Das Erbe des Assyrischen Reiches | Spieldauer 42 Minuten | ZDF | Stream & Info

 Biete Abenteuer, suche Kloster - Gemeinschaftliche Ausgrabung in Wernigerode | Spieldauer 3  Minuten | MDR | Stream & Info 
"[...] und studiert Mathe und Biologie". Gott sei Dank macht das Mädel was Vernünftiges, weil Archäologen, die nicht ihrer steuergeldverschlingenden Ausbildung entsprechend am Arbeitsmarkt vermittelbar sind, gibt es schon mehr als genug!

 Archäologie: Thorin - Der letzte Neandertaler | Spieldauer 53 Minuten | arte | Stream & Info 

 Der Neandertaler, erster Künstler der Menschheit? | Spieldauer 52 Minuten | arte | Stream & Info 

 Wilhelm der Eroberer | Spieldauer 85 Minuten | arte | Stream & Info 

 Wandgemälde in der Burg Ziesar | Spieldauer 3 Minuten | ARD | Stream & Info 
Hmmm, eine mysteriöse Darstellung des Heiligen Landes - das mit freilich dieser Tage nicht mehr sonderlich heilig erscheinen mag... ^^


Samstag, 12. Oktober 2024

🎧 Hörbares: Gastlichkeit in der Eisenzeit -- Totenkult und Religion -- Bayern und Böhmen, Kampf um Glauben und Krone -- Der Neandertaler, ein verkannter Urzeit-Mensch -- Die berühmt-berüchtigte Margarete Maultasch -- usw.


 Gastlichkeit in der Eisenzeit – Essen, Trinken, Feste feiern wie vor 2.500 Jahren  | Spieldauer 56 Minuten | Der Archäonaut  | Stream & Info

 Veronika Holzer – das Leben einer Forscherin | Spieldauer 57 Minuten | Der Archäonaut | Stream & Info 

 Bayern und Böhmen - Kampf um Glauben und Krone | Spieldauer 22 Minuten | BR | Stream & Info | Direkter Download

 Der Neandertaler - Der verkannte Urzeit-Mensch | Spieldauer 23 Minuten | BR | Stream & Info | Direkter Download

 Totenkult und Religion - Bestattungsrituale in den Weltreligionen | Spieldauer 23 Minuten | BR | Stream & Info | Direkter Download

 Die berühmt-berüchtigte Margarete Maultasch - Gräfin von Tirol | Spieldauer 23 Minuten | BR | Stream & Info | Direkter Download

 Kaiser Napoleon III. - Frankreichs demokratischer Despot | Spieldauer 23 Minuten | BR | Stream & Info | Direkter Download

 Die Lederhose - eine erfundene Tradition? | Spieldauer 22 Minuten | BR | Stream & Info | Direkter Download

 Peter J.Brenner: „Furchtbare Juristen“ – ein deutscher Berufsstand im Wandel der Zeit | Spieldauer 55 Minuten | Kontrafunk | Stream & Info Direkter Download

 Friedrich Pohlmann: Schön und hässlich – Über ästhetische Wahrnehmung | Spieldauer 55 Minuten | Kontrafunk | Stream & Info | Direkter Download


Mittwoch, 9. Oktober 2024

📖 Zeitschrift Bayerische Archäologie - Heft 3.24: Burgen-Archäologie - Hoch- und Spätmittelalter (Außerdem: Affige Namen, archäologische Trägheit, besoffene Bajuwaren usw.)

Burgenarchäologie in Bayern: Keine gmaade Wiesn!

In Bayern gibt es seit einiger Zeit nicht nur eine völlig belämmerte Denkmalschutzgesetzgebung mit einem raubritterartigen Schatzregal, sondern - quasi passend dazu - auch viele Burgen. Sehr viele Burgen sogar. Mindestens 2400 sollen es sein, inklusive den oberirdisch nicht mehr klar identifizierbaren Bauten ("Burgstall").
Im vorliegenden Heft der Reihe "Bayerische Archäologie" widmet man sich schwerpunktmäßig den hoch- und spätmittelalterlichen Objekten, die gegenüber frühmittelalterlichen Anlagen in der klaren Mehrheit sind.

Die Burgenforschung ist - wie es heißt - eine junge Forschungsdisziplin in Deutschland. Der erste spezialisierte Lehrstuhl für Mittelalterarchäologie - in der dann im Laufe der Zeit die Burgenarchäologie als Teildisziplin entstand - wurde erst 1981 gegründet. Vorher lief das Thema in der Archäologie quasi nur nebenbei mit und wurde eher stiefmütterlich behandelt. Was mich schon überrascht, wenn man bedenkt, dass doch bereits im 19. Jahrhundert im Zuge eines nach-napoleonischen Identitätsfindungsprozesses das Mittelalter für einige Zeit sehr en vogue im deutschen Sprach- und Kulturraum war. Ersichtlich etwa daran, dass der Kölner Dom - welcher Jahrhunderte lang eine Bauruine und Schandfleck gewesen ist - plötzlich mit Feuereifer fertiggestellt wurde. Überdies entstanden mit der Neogotik und der Neoromanik sogar Baustile, die sich sehr eng an der Gotik und der Romanik des Mittelalters orientierten; Beispiele dafür sind Schloss Neuschwanstein und das Rathaus von Wien. Auf eine systematische Erforschung mittelalterlicher Wehranlagen/Burgen hat man dazumal aber vergessen; die Zunft der Archäologen beschäftigt sich lange Zeit lieber mit der nobler erscheinenden Antike. Auch sollen gerade in Bayern restriktive Grabungsvorgaben bis in allerjüngste Zeit verhindert haben, dass - abseits von Ausnahmen - eine umfangreiche Dokumentation einzelner Objekte möglich war. Was, wie ich finde, zum eingangs erwähnten Zustand der Bodendenkmalpflege und Archäologie in diesem Bundesland passt. Die Hirnlosigkeit der dortigen Regierer darf als gesichert extrem eingestuft werden. Da ist es vielleicht kein Zufall, dass der Begriff "Deppokratie" von einem Bayern geprägt wurde. 

Apropos "deppert". Der Mittelalterarchäologe Joachim Zeune schreibt, dass zwischen 1978 und 1981 die Burg Oberwittelsbach ausgegraben wurde; das Projekt sei aufgrund der unzähligen Funde herausragend gewesen. Zur Zeit als die Grabung ihr Ende fand, war ich übrigens ein Baby. Warum weise ich darauf hin? Ganz einfach, weil nämlich die Gesamtergebnisse publiziert wurden, als ich bereits mehr oder weniger ein alter Sack war, nämlich 2017 😵‍💫! Diese Trägheit ist haarsträubend! Es heißt zwar, dass der hauptverantwortliche Ausgräber gesundheitliche Probleme hatte, aber das kann niemals eine Rechtfertigung für eine dermaßen absurde Zeitspanne sein. Hier hätte schlicht jemand von den Kollegen helfend einspringen müssen. Eine seriöse Wissenschaft organisiert sich entsprechend. Mir sind freilich im Laufe der Jahre etliche Fälle in der Archäologie untergekommen, bei denen die Publikationsdauer jenseits von Gut und Böse lag. Vor ca 10 Jahren wollte das hier im Kommentarbereich des Blogs noch ein Archäologe in Abrede stellen. Der meinte, das gehöre doch längst der Vergangenheit an. Von wegen!

Der oben schon genannte Archäologe Joachim Zeune beschreibt in einem weiteren Beitrag die Wiederentdeckung einer Motte (Erdhügelburg) aus dem 13. Jahrhundert. Die in Haslach gelegene, ursprünglich völlig überwucherte Anlage entpuppte sich als eines der am besten erhaltenen Beispiele dieser Art in ganz Bayern; sogar die einstige Vorburg ist noch erkennbar. In einer von verschiedensten Akteuren betriebenen Gemeinschaftsaktion wurde die Freilegung und Erschließung für die Öffentlichkeit bewerkstelligt; dabei sind vom Autor wieder kritische Untertöne zu vernehmen.

Die Motte von Haslach steht aber auch für offensiven, aktiven, vor allem aber erfolgreichen Denkmalschutz, denn der traditionelle Denkmalschutz mit seinem Dogma des "Nichtszulassens" und "Allesverhinderns" entzieht die Denkmäler dem wertvollen öffentlichen Bewusstsein und beschleunigt somit vielerorts in Wirklichkeit den Untergang der Bodendenkmäler. Ohne das konstruktive, offene Zusammenwirken von Marktgemeinde, Eigentümer, Burgenfachmann und den Denkmalschutzbehörden wäre auch dieses Bodendenkmal dem Untergang geweiht gewesen.

Auch hier spielt also die sich in der Archäologie ausbreitende Ideologie des Nichtstuns, die ich bereits in meinem Kommentar zu Göbekli Tepe kritisiert habe, eine fiese Rolle. Nur ja nichts angreifen und verändern. Alles soll bleiben wie es ist!
Es stellt sich nun die Frage, ob dieser wissenschaftsfeindliche Trend, der auch in konservatorischer Hinsicht zu absurden Auswüchsen führen kann (siehe etwa die Bepflanzung von unerforschten Bodendenkmälern mit zerstörerischen Tiefwurzlern), nicht eventuell eine Begleiterscheinung des in Hochdenker-Kreisen aktuell so dominierenden Ökologismus ist, der ja eine immense Strahlkraft in alle nur erdenklichen Bereiche entfaltet. Die Argumentationsmuster dieser auf eine primitive Komplexitätsreduktion ausgelegten Ideologie sind jedenfalls sehr ähnlich. Siehe etwa das Narrativ von anthropozentrischen Klimakatastrophismus, in dessen Rahmen die Handlungen des Menschen mehr oder weniger pauschal als großes Übel charakterisiert werden. Der Mensch, und nur dieser, habe nämlich für Mutter Erde alles schlechter gemacht; hätte er doch lieber die Hände in den Schoß gelegt und wäre auf den Bäumen geblieben. 
Aufgrund des Hangs zum inzestuösen Kooptieren Gleichgesinnter setzten sich besonders die Geisteswissenschaften, zu denen auch die Archäologie zählt, mittlerweile weitestgehend aus Personen zusammen, die eine deutliche Tendenz zu genau dieser weltanschaulichen Denke erkennen lassen (und sei es nur, dass man aus Opportunismus mit dem Strom schwimmt). Man könnte dazu zig Beispiele aufzählen. Auch weitere Indikatoren wie die verwendete Sprache ("Gendern") machen unmissverständlich deutlich, wo die Akteure der Archäologie mehrheitlich weltanschaulich zu verorten sind. Es will mir daher sehr plausibel erscheinen, dass diese ideologische Schlagseite - mitunter auf verschlungenen Pfaden - auch die Denkmalschutzpraxis sowie die Forschung beeinflusst und zu Ansichten führt, die schlussendlich kontraproduktiv bzw. irrational sind. 

Wie bereits erwähnt, bewegen sich die Heft-Autoren in Sachen Burgen im Hoch- und Spätmittelalter, allerdings macht man immer wieder auch Schlenker in die angrenzenden Epochen. Außerordentlich interessant fand ich dabei das Modell der Stadt Burghausen. Es ist nicht nur sehr detailreich, sondern stammt aus den 1570er Jahren und stellt somit ein wohl sehr authentisches und einzigartiges Zeitzeugnis dar --> Bild


Affige Namen

In einem Artikel über längst ausgestorbene Menschenaffenarten heißt es eingangs: 

Ein internationales Forschungsteam hat in der Tongrube Hammerschmiede bei Pforzen im Ostallgäu eine weitere bisher unbekannte Menschenaffenart entdeckt. Buronius manfredschmidi wurde in unmittelbarer Nähe zu dem Menschenaffen Danuvius guggenmosi, genannt "Udo", geborgen.

Naja, die sind (wie etwa auch die Botaniker) mit ihrer Systematik der Namensgebungen offensichtlich im 19. Jahrhundert stecken geblieben. Das ist ja absurd. Und dabei habe ich erst kürzlich zu einem Kollegen gesagt, dass der Name des höchst seltsamen Meteoriten (?) "Oumuamua" ein kaum merkbarer Zungenbrecher ist, den wir dem politisch korrekten Trend verdanken, wissenschaftliche Entdeckungen neuerdings in irgendwelchen exotischen indigenen Sprachen zu benennen. Wenn ich mir freilich den obigen Unfug anschaue, dann komme ich zu dem Schluss, dass ja auch die bisherigen Gepflogenheiten schon viel Raum für Unsinn gelassen haben. Ich meine, auf die Idee muss man erst einmal kommen, einen deutschen Vor- und Nachnamen in einer Wurst zu schreiben und dann mit einem lateinischen Suffix zu versehen. Kaum ein Mensch, der nicht deutscher Muttersprache ist und ein gewisses Grundlagenwissen mitbringt, kann aus so einem Kauderwelsch etwas Sinnvolles herauslesen.
Was mich auch allgemein immer wieder wundert ist die Geilheit vieler Leute, ihren eigenen Namen oder den irgendeines Großkopferten auf diese Weise zu verewigen. Das führt dann zu solchen Kuriositäten wie dem Hitler-Käfer und dem Mussolini-Falter.

Derweil sind ein paar Schlauberger mit der Bezeichnung "Ötzi" unzufrieden... (da angeblich zu verniedlichend 🙄) 


Ballermann-Zustände im Frühmittelalter? Der saufende bajuwarische Reiterfürst von Bayerbach.

In der Rubrik "Archäologie in den Bezirken wird von der archäologischen Erforschung eines großen frühmittelalterlichen Gräberfeldes berichtet. Besonders sticht dabei das Grab eines reichen "Fürsten" aus dem späten 7. Jahrhundert heraus, das mit verschiedenen Beigaben ausgestattet war - darunter ein mit zwei Bronzeblechen beschlagener Trinkbecher aus Holz. Und weiter heißt es.

"Ein derartiger Holzbecher ist im mitteleuropäischen Raum bisher ohne Vergleich", erklärt der Kreisarchäologe Dr. Thomas Richter. Wie und wofür der Becher genutzt worden sein dürfte, darauf geben ähnliche Gefäße aus Glas Antwort, die im Merowingerreich weit verbreitet waren: Bei dem Bayerbacher Becher handelt es sich um einen Sturzbecher, einen sogenannten Tummler. Aufgrund seines runden Bodens konnte er nicht mit Inhalt auf einen Tisch gestellt werden. War er gefüllt, musste der Bayerbacher Reiter den vermutlich alkoholischen Inhalt in einem Zug trinken. Tummler werden gemeinhin als Hinweis auf männerbündische Rituale interpretiert. Als deren Teilnehmer gibt sich der Fürst durch seinen Becher zu erkennen.

Was man nicht erklären kann, sieht man gern als kultisch an. Dieser selbstironische Archäologenspruch trifft hier wieder einmal den Nagel auf den Kopf. Davon abgesehen ist es natürlich Unsinn, wenn von diesem Ausgräber behauptet wird, dass der Becher, weil man ihn nicht hatte abstellen können, in nur einem Zug hätte ausgesoffen werden müssen. So als ob der Zecher ihn nicht auch eine Weile in der Hand hätte halten können, bis ihm das zu blöd wurde! Auch in diesem Szenario wird der Alkoholkonsum beschleunigt, ohne dass aber schon nach kürzester Zeit die ganze lustige Runde im Koma unter dem Tisch liegt.
Bemerkenswert, was für ein spekulativer Schmarrn in der Archäologie immer wieder als Tatsache verkauft wird. Leider habe ich gerade diese spezielle Interpretation im Laufe der Jahre schon mehrfach gelesen. Ich frage mich, was die wackelige Basis dafür ist. Ethnologische Vergleiche? Eine Textstelle in der Edda, bei Gregor von Tours oder etwas in der Art? Nie wird die Quelle dafür genannt! Haben wir es demnach wieder einmal ausschließlich mit einer allzu ausgeprägten Archäologenfantasie zu tun? Auf jeden Fall handelt es sich um eine unbewiesene Verallgemeinerung, der man semantisch den Charakter einer harten Tatsache verleiht. Nix gut.


Montag, 7. Oktober 2024

📽️ Videos: Aufbau einer Gladiatorenausstellung -- Zeitreise ins Steinzeit-Camp -- Rungholt -- Der Experimental-Archäologe Werner Pfeifer – Vom Erz zum Messer -- usw.


 Aufbau einer Gladiatorenausstellung | Spieldauer 5 Minuten | SR | Stream & Info

 Zeitreise ins Steinzeit-Camp | Spieldauer 30 Minuten | arte | Stream & Info

 Rungholt - Jäger der verlorenen Kirche - Auf Spurensuche im Watt | Spieldauer 28 Minuten | NDR | Stream & Info

 Spektakuläre Funde aus Römerzeit in Mainz präsentiert | Spieldauer 2 Minuten | SWR | Stream & Info 

 Werner Pfeifer – Experimental-Archäologe | Spieldauer 17 Minuten | RB | Stream & Info
Laberrunde. Zum Glück halten die anderen Gäste die meiste Zeit den Schnabel und lassen Werner Pfeifer reden. Der kommt übrigens auch in der oben verlinkten Doku von Arte vor.

 Wie vor 2500 Jahren (mehr oder weniger): Wie man vom Eisenerz zum Messer kommt | Spieldauer 30 Minuten | SWR | Stream & Info


Freitag, 4. Oktober 2024

🎧 Hörbares: Mode in der Steinzeit -- Religionen sind erst im Mittelalter entstanden (?!?) -- Harald Mellers steile These vom Krieg -- Die Ureinwohner auf Rapa Nui -- usw.


 Von wegen Lendenschurz – Mode in der Steinzeit | Spieldauer 7 Minuten | DF | Stream & Info | Direkter Download
Karin Grömer kennt sich mit alten Klamotten aus. Von der habe ich schon viel Nützliches gelesen. Siehe auch die PDF-Rubrik des Blogs (einfach im Browser die Seite nach ihrem Namen durchsuchen). "Kleidung dient ja auch heute noch als nonverbales Kommunikationsmittel. Das heißt, man teilt einander Botschaften mit, mit dem was man an hat [...]. " Genau. Z.B. Frauen, die immer noch diese langen gefütterten Wintermäntel aus Polyester mit quergesteppten, speckrollenartigen Wülsten tragen, signalisieren, dass es ihnen nichts ausmacht, dadurch fettleibig und unattraktiv auszusehen. Selbiges gilt für Männer, die ihre Storchenbeine zusätzlich mit besonders enganliegenden Hosen betonen...

 Historikerin Dorothea Weltecke: Religionen sind erst im Mittelalter entstanden | Spieldauer 19 Minuten | DF | Stream & Info | Direkter Download
Kompletter Unsinn. Quasi Clickbait (Buybait). Da wird lustlos an der Definition des Begriffs Religion herumgedeutelt, nur um eine reißerische Überschrift produzieren zu können. Haben die Autorin und der Verlag C.H. Beck das dermaßen nötig? 

 Warum Krieg nicht unser Schicksal ist | Spieldauer 8 Minuten | DF | Stream & Info | Direkter Download
Noch mehr Käse. Harald Meller behauptet hier bzw. in seinem neuen Buch, dass der Krieg eine Erfindung der Jungsteinzeit gewesen wäre, also eng an die Sesshaftwerdung des Menschen geknüpft sei. Der gute Mann sollte einmal im Rahmen eines ethnografischen Vergleichs nach Nordamerika blicken; dort haben sich die als Jäger und Sammler umherziehenden Indianerstämme immer und immer wieder gegenseitig wegen Gier nach Land abgemurkst; ganze Stämme wurden dabei ausgelöscht. Was kein Wunder ist, denn nicht nur gutes Ackerland ist begehrenswert, sondern auch jene Landstriche, in denen Wildtierherden bevorzugt grasen. Es gibt nun keine harten Fakten, die ausschließen würden, dass die Nomaden der Alt- und Mittelsteinzeit in ihrem Wesen komplett anders gewesen wären; die Quellenlage ist völlig unzureichend, um Aussagen zu treffen wie sie Harald Meller tätigt.
Nach dem, was man in dieser Sendung hört, riecht Herrn Mellers Argumentation in meinen Augen stark nach Rosinenpickerei, um dann darauf aufbauend ein festgelegtes Narrativ basteln zu können (das gilt auch für die erwähnten Schimpansen/Bonobos). Eine weltanschauliche Motivation kann dabei nicht ausgeschlossen werden. 
Dieses unausgegorene "vor der Jungsteinzeit war alles besser"-Gerede, das seit einigen Jahren in den Kreisen der Ur- und Frühgeschichtler an Popularität gewinnt, beginnt mich zu nerven. Die betreiben schlussendlich reine Kaffeesudleserei (Kaffeesatzleserei, für die Leser aus Deutschland 😉).

 Eleonore von Aquitanien | Spieldauer 44 Minuten | DF | Stream & Info

 Osteoanthropologin Bettina Jungklaus: „Ich lese in Knochen und hole Geschichten wieder hervor“ | Spieldauer 35 Minuten | DF | Stream & Info | Direkter Download

 Archäologie: Mallorca ist schon länger besiedelt als gedacht | Spieldauer 5 Minuten | DF | Stream & Info 

 Doch kein selbstverschuldeter Kollaps: Schicksal der Ureinwohner auf Rapa Nui | Spieldauer 4 Minuten | DF | Stream & Info | Direkter Download



Dienstag, 1. Oktober 2024

🗞️ Was in der alten Zeitung steht: Der "unschuldige" Grabscher (1932) -- In Flaschen abfüllbare Solarenergie (1864)

Der "unschuldige" Grabscher

Ein wirklich kurioses Beispiel für die einstige Rechtsprechung - das es so heute nicht mehr geben würde - schildert im Jahr 1932 die "Ostdeutsche Rundschau" (Original-Artikel). Vom Namen der Zeitung sollte man sich übrigens nicht täuschen lassen, es handelt sich hier um eine österreichisch-deutschnationale Zeitung; Österreich = Ostdeutschland bzw. die Ostmark.


Die Eltern allein sind schuld! Was soll man zu Eltern sagen, die ihr zehnjähriges Töchterchen mit einem achtzehnjährigen Burschen in einem Bett schlafen lassen und dann die Anzeige er­statten, daß der junge Bursch das Kind unzüchtig betastet habe?
Dieser seltene Fall stand vor dem Schöffensenat Straßer zur Verhandlung. Der 18jährige Heinrich, ein körperlich gut entwickelter, aber geistig etwas zurückgebliebener Installateur­gehilfe aus Wien, kam öfter zu den Eheleuten S. nach Baden zu Besuch und blieb auch manchmal über Nacht dort. Über Veranlassung der Eltern schlief er in einem Bett mit der 10jährigen Mizzi und dem 12jährigen Karl, also zu dritt. Er lag neben dem Mädchen, infolge der Enge des Bettes dicht an das Kind gepreßt. Er soll nun, nach Angaben des Mädchens, dieses hie und da an den Brüsten und an den Oberschenkeln abgetastet haben. Mehr behauptet selbst die Anklageschrift nicht. Das Gesetz verlangt als Strafe ein bis fünf Jahre schweren Kerkers.— Das Gericht sprach den jungen Mann frei mit folgender Begründung: Die Eltern wären eigentlich wegen Vor­schubleistung zu bestrafen. Sie tragen die Schuld an den Ereignissen. Es ist geradezu unnatürlich, einen jungen Burschen in der Zeit seiner Geschlechtsreife mit einem jungen Mädchen in ein und dasselbe Bett zu stecken und dann von ihm völlige Enthaltsamkeit zu verlangen!!

Ja, dieser arme Bursche😂... Was für eine Urteilsbegründung! Da würden heutige Feministinnen erbost wie Rumpelstilzchen im Kreis springen - nicht ganz zu Unrecht. Trotzdem ist auch der richterliche Blick auf die Ereignisse teilweise von einem gewissen Realitätssinn geprägt. 
Ein Umstand muss hier außerdem zum besseren Verständnis kurz erläutert werden: Dass mehrere Personen, mitunter auch Fremde, im selben Bett geschlafen haben, war bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts aufgrund oft beengter Wohnverhältnisse nicht unüblich. Im konkreten Fall ist freilich die Zusammensetzung wenig optimal gewesen. Wobei sich die Frage stellt, ob man das Mädchen vielleicht deshalb in die Mitte gelegt hat, damit sich die beiden männlichen Jugendlichen nicht zu nahe kommen; was nämlich, wenn das zu einschlägigen Berührungen geführt hätte, damals ein noch viel größerer Skandal gewesen wäre. Freilich, in unserer Gegenwart ist vieles anders ...


In Flaschen abfüllbare Solarenergie

Zwar hat man sich im 19. Jahrhundert noch keine Sorgen darüber gemacht, dass die Menschheit einen katastrophalen Klimatod stirbt (die Leute hatten schlicht wichtigere Dinge im Kopf), aber hinsichtlich innovativer Energieformen scheint man bereits damals wesentlich weiter gewesen zu sein, als wir uns das heute vorstellen können! Das legt zumindest eine Werbeanzeige aus dem Jahr 1864 nahe. In der Grazer "Tagespost" (Original-Artikel) heißt es:


"Solar-Oel".... also entweder haben wir es hier mit einer bisher unbekannten Energieform zu tun, bei der man Solarenergie in Öl umgewandelt hat, oder das war dazumal eine gängige Bezeichnung für Sonnenblumenöl? 😉

Notiz am Rande: Was mir bei diesen alten Zeitungen bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein auffällt, sind die fehlenden Umlaute bei Großbuchstaben. Ich weiß es zwar nicht, vermute aber, dass es da Probleme mit den Setzkästen der Drucker gegeben hat. Weil beispielsweise die Punkte über dem Buchstaben Ö müssten über die normale Zeilenhöhe hinausgehen (siehe: OÖ). Und ich habe den Verdacht, dass das aus irgend einem Grund Probleme bereitet hat. Vielleicht liege ich aber damit auch komplett falsch ... 


Montag, 30. September 2024

📽️ Videos: Pompeji, Geschichte einer Katastrophe -- Das Grab von Sachsenburg -- Das Deutsche Archäologische Institut -- Galaktische Archäologie mit Sternen -- usw.


 Das Grab von Sachsenburg | Spieldauer 6 Minuten | Landesmuseum für Vorgeschichte Halle | Stream & Info



 Denkmalschutz als Familienprojekt: Jurahäuser in Hofstetten | Spieldauer 8 Minuten | BR | Stream & Info



 Griechenland - Der Garten der Götter | Spieldauer 45 Minuten | ORF | Stream & Info 

 Pompeji, Geschichte einer Katastrophe (1/3) | Spieldauer 56 Minuten | 55 | Stream & Info
Die beiden anderen Teile sind unter dem Video verlinkt.

 Tod am Kreuz - Rätselhafter Fund in Cambridge | Spieldauer 44 Minuten | ZDF | Stream & Info |

 Schwanke beim Deutschen Archäologischen Institut | Spieldauer 46 Minuten | ARD | Stream & Info 

 Bei Bauarbeiten gefunden: Was in Bremen vor 400 Jahren in Mode war | Spieldauer 1 Minute | ARD | Stream & Info 

 Hornhausen feiert seinen frühmittelalterlichen Reiterstein | Spieldauer 3 Minuten | ARD | Stream & Info 

 Campus Talks: Galaktische Archäologie mit Sternen | Spieldauer 13 Minuten | Alpha | Stream & Info 


Freitag, 27. September 2024

🎧 Hörbares: Das bedrohliche Carrington-Event im Jahr 1859 -- Archäologische Methoden in der Raumfahrt -- Augustus -- Bronzezeitliche Angreifer im Tollensetal -- usw


 Das Carrington-Event im Jahr 1859: Ein gewaltiger Sonnensturm rast auf die Erde zu.   | Spieldauer 15 Minuten | WDR | Direkter Download
Kaum jemand kennt heute noch dieses historische Ereignis, dabei ist es eine deutliche Warnung vor dem, was auch uns unausweichlich blühen wird. Mit dem großen Unterschied, dass die heutige technisierte Gesellschaft wesentlich anfälliger dafür ist.

 Überraschung in Stonehenge – Altarstein stammt aus Schottland | Spieldauer 6 Minuten | DF | Stream & Info | Direkter Download

 1949: Der Bestseller „Götter, Gräber und Gelehrte“ erscheint | Spieldauer 7 Minuten | DF | Stream & Info | Direkter Download

 Leben auf der ISS: Wie archäologische Methoden in der Raumfahrt helfen könnten | Spieldauer 4 Minuten | DF | Stream & Info | Direkter Download

 Archäologie: Neue Methode ermöglicht präzisere Datierungen | Spieldauer 5 Minuten | DF | Stream & Info | Direkter Download

 Augustus: Reformer und Begründer des römischen Kaiserreichs | Spieldauer 16 Minuten | WDR | Direkter Download

 13. 8. 1809: Tiroler Schützen halten Napoleon stand | Spieldauer 15 Minuten | WDR | Direkter Download
Das alte Lied: Menschen wollen selbst über die Zugehörigkeit zu einem Staat entscheiden. Stichwort "Selbstbestimmungsrecht der Völker". Man verwehrt es ihnen jedoch und es kommt zu Gewalt. Das erinnert auch an Vorgänge, die ab 2014 in Osteuropa ins Rollen gekommen sind. Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich!

 Frühe Weltreisende - Hans Schiltberger, der deutsche Marco Polo | Spieldauer 24 Minuten | BR | Stream & Info | Direkter Download

 Frühe Weltreisende - Die Naturforscherin Maria Sibylla Merian | Spieldauer 23 Minuten | BR | Stream & Info | Direkter Download

 Pfeilspitzen im Tollensetal: Bronzezeitliche Angreifer kamen wohl aus Mähren | Spieldauer 5 Minuten | DF | Stream & Info | Direkter Download