Steinzeitkunst - vielschichtiger als gedacht!
Im Jahr 1940 entdeckte eine Gruppe von Jugendlichen in Lascaux (Frankreich) den Eingang zu einem rund 250 Meter langen Höhlensystem, das sie in den darauffolgenden Tagen nach und nach erforschten. Wie sich bald herausstellte, waren die Höhlenwände mit tausenden Ritzzeichnungen und großformatigen Malereien bedeckt. Wissenschaftler datierten diese später in die ausgehende Altsteinzeit bzw. das sogenannte Magdalénien; genauer gesagt in die Zeit zwischen 17000 und 15000 vor heute.
Iris Newton betrachtet in ihrem Buch "Die Bilderwelt von Lascaux" systematisch den Fundort sowie die steinzeitlichen Kunstwerke selbst: Wie war es der Forschung möglich, die Höhlenmalereien relativ genau zu datieren? Was macht Lascaux so besonders? Gibt es Vergleichbares? Warum und wie schuf man die Darstellungen? Wer waren jene sogenannten Cro-Magnon-Menschen, die man als Urheber ausmachte? Wie sah die Umwelt aus, in der sie lebten und die sie bei der Motivwahl offensichtlich stark beeinflusste? Versetzten sich die Künstler in Trance bzw. einen Drogenrausch? Wie ist es um den Zustand der Malereien heute bestellt? Mit welchen überraschenden Schwierigkeiten hat man bei ihrer Konservierung zu kämpfen? Gibt es möglicherweise einen bisher noch unentdeckten Teil der Höhle, wo weitere Malereien verborgen sind? Usw. usf.
Die Erörterungen der Autorin enthielten für mich viele interessante Informationen - etwa die Maltechnik betreffend. Denn dass die Steinzeit-Maler bereits in der Lage waren, aus mineralischen Pigmenten wie Eisenoxyd oder Manganoxyd über 25 Farbtöne herzustellen, hat mich überrascht. Sogar ein Art "Airbrush-Technik" kam zum Einsatz, bei der man die Pigmente mit Wasser mischte, in den Mund nahm und schließlich mit einem Röhrenknochen auf die Wände sprühte. Außerdem wurde der Maluntergrund - also der Felsen - vorbereitet, indem man ihn vor dem Auftragen der Farbe mit Sand abrieb. Aus diesen und weiteren Details wie der nachgewiesenen Verwendung von Gerüsten wird ersichtlich, dass in Höhlenmalereien ein für steinzeitliche Verhältnisse nicht unerheblicher Aufwand floss. Die Bilder dürfte eine dementsprechend große Bedeutung besessen haben und waren sicher nicht bloßer Ausdruck eines Übermaßes an Freizeit und Langeweile, so wie das heute bei vielen großstädtischen Graffitis der Fall ist
Der vorliegende Sachbildband - der bezeichnenderweise bereits in der 3. Auflage erschienen ist - ist gut strukturiert und großzügig illustriert, wobei nicht jede einzelne Darstellung aus der Lascaux-Höhle wiedergegeben wurde, sondern eine Auswahl (plus einige Beispiele aus anderen Höhlen sowie Grafiken). Iris Newtons Schreibstil ist äußerst angenehm bzw. allgemein verständlich, so wie ich das auch schon von ihrem ebenfalls sehr gut gelungenen Buch über die Himmelsscheibe von Nebra her gewöhnt bin. Der Kaufpreis beträgt nur 20 Euro.
—————–
Weiterführende Informationen:
Weitere interessante Themen:
Weitere interessante Themen:
Danke für die Rezension, das Buch dürfte genau das Richtige für mich sein!
AntwortenLöschenLiebe Grüße,
Martina