Als kürzlich in einem Vortrag über antike Landwirtschaft der Begriff "geräucherter Wein" fiel, dachte ich zuerst, dass ich mich verhört hätte. Doch meine Ohren hatten keinen Aussetzer, wie mir am nächsten Tag ein Blick in die entsprechende Literatur zeigte. Im antiken Rom wurde Wein laut Columella (De re rustica I, 6, 20) zum Teil tatsächlich in über der Küche (culina) bzw. der Feuerstelle (praefurnium) platzierten Räucherkammern (fumaria) gelagert - und zwar um durch die Wärme den Reifeprozess zu beschleunigen. Weiters versuchte man auf diesem Weg minderwertigen Wein geschmacklich aufzuwerten. Völlig unumstritten war dieses Verfahren allerdings nicht, wie man an der schäumenden Kritik von Plinius (NH XIV, 68) und Martial (Ep. X, 36, 1) ablesen kann.
In der Tat war es normalerweise auch im antiken Rom üblich den Wein kühl zu lagern - siehe etwa die oben abgebildeten dolia (Einz.: dolium). Die bis zu 1000 Liter fassenden Tongefäße wurden zu diesem Zweck in der Erde eingegraben (= dolia defossa). Den frisch gepressten und gefilterten Wein leitete man später beispielsweise über Röhren in diese Behälter.
Zwar kamen im Laufe der Zeit auch vermehrt hölzerne Fässer auf (cupae), doch scheinen diese vor allem in den waldreichen Provinzen des Nordens beliebt gewesen zu sein. Ob auch sie zumindest gelegentlich eingegraben wurden entzieht sich meiner Kenntnis. Ich halte es allerdings für eher unwahrscheinlich, denn 1. würde Holz im Gegensatz zu Tongefäßen verrotten und 2. waren ja gerade in den Nordprovinzen die Temperaturen nicht dermaßen hoch, dass ein Eingraben zwecks zusätzlicher Kühlung unbedingt nötig gewesen wäre.
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Weiterführende Literatur:
- Wasser, Wein und Öl: Die Lebenssäfte der römischen Welt | Karl Wilhelm Weeber | Primus Verlag | 2013 | Infos bei Amazon
- Kauf dir ein paar Kritiker - Die fragwürdigen Jobangebote des Campus Galli
- Antike Politikverdrossenheit - indirekt belegt anhand der lex municipii Malacitani
- Kuriose Ernährungsratschläge aus dem Mittelalter
- Interview: Cairns in Süddeutschland - Verleugnete Steinmonumente?
- Interview: Wurde das legendäre Kelten-Oppidum Noreia entdeckt?
Bamberger Rauchbier schmeckt ja so, als hätte man einen Schinken mit ins Fass geworfen. Ob das dann bei einem solchen geräucherten Wein ein ähnliches Aroma hat?
AntwortenLöschenRauchbier kenne ich leider nicht. Es ist auch die Frage, ob das Raucharoma ins Bier überhaupt auf einen ähnlichen Weg gelangt, wie in den Wein. Beim geräucherten Wein ist es nämlich nicht unwahrscheinlich, dass die Trauben geräuchert wurden, nicht der bereits gekelterte Wein. Meine Quellen sind diesbezüglich allerdings widersprüchlich bzw. unklar.
LöschenSo oder so, schmecken würde mir das wahrscheinlich nicht.