Römische Grabsteine auf wenige Jahre genau zu datieren, ist meist nicht möglich. Vielmehr muss man schon froh darüber sein, wenn die zeitliche Unschärfe nur ein paar Jahrzehnte beträgt. Doch es gibt Ausnahmen, wie etwa das nachfolgende Beispiel (CIL XIII 8071).
(Fettdruck = Originaltext; Standarddruck = Auflösungen von Abkürzungen; Satzzeichen u. Zeilenumbrüche wurden zwecks besserer Leserlichkeit eingefügt):
(Fettdruck = Originaltext; Standarddruck = Auflösungen von Abkürzungen; Satzzeichen u. Zeilenumbrüche wurden zwecks besserer Leserlichkeit eingefügt):
Die sinngemäße Übersetzung der Inschrift lautet:1. LUCIUS MAGIUS LUCI FILIUS OUFENTINA TRIBU DUBIUS MEDIOLANI;2. MILES LEGIONIS I FLAVIA MINERVIAE PIAE FIDELIS DOMITIANAE;
3. ARMORUM CUSTOS CENTURIA AUFIDI MARTIALIS;
4. ANNORUM XXXI, STIPENDIORUM XIII;
5. HERES FACIENDUM CURAVIT.
1. Lucius Magius Dubius, Sohn des Lucius, von der Tribus Oufentina, aus Mailand;
2. Soldat der 1. Legion Flavia Minerva, die den Ehrennamen "treue und zuverlässige Domitiana" trägt;
3. Waffenwart in der Zenturie des Aufidius Martialis;
4. 31 Jahre alt, im 13. Dienstjahr (verstorben);
5. sein Erbe hat für die Bestattung/das Grabmal Sorge getragen.
Zur Datierung:
Schlüsselelement ist hierbei die Bezeichnung der Legion, in der Lucius Magius Dubius diente. Die in Bonn stationierte Legio I Flavia Minervia (Flavia = "Familienname" des Kaisers, Minerva = die von ihm bevorzugte Göttin) wurde 82 n. Chr. aufgestellt und erhielt um 89. n. Chr. für ihre Leistungen gegen den aufständischen Provinzstatthalter Saturninus von Kaiser Domitian den Bei- bzw. Ehrennamen Pia Fidelis Domitiana (=die dem Domitian treu und ergebene).
Nachdem Domitian im Jahr 96 n. Chr beseitigt worden war, verhängte der Senat über den verhassten Tyrannen die damnaitio memoriae; seine Bildnisse wurden zerstört, sein Name aus Inschriften herausgemeißelt. So verlor auch die Legio I einen Teil ihres Ehrennamens und gleichzeitig auch die Bezeichnung Flavia; sie hieß fortan nur noch Legio I Minervia Pia Fidelis.
Nachdem Domitian im Jahr 96 n. Chr beseitigt worden war, verhängte der Senat über den verhassten Tyrannen die damnaitio memoriae; seine Bildnisse wurden zerstört, sein Name aus Inschriften herausgemeißelt. So verlor auch die Legio I einen Teil ihres Ehrennamens und gleichzeitig auch die Bezeichnung Flavia; sie hieß fortan nur noch Legio I Minervia Pia Fidelis.
Mit diesem Wissen fällt es leicht, den Grabstein zu datieren bzw. das ungefähre Todesdatum festzustellen. Beides muss in jene siebenjährige Periode gefallen sein, in der die Legio I Minervia ihren vollständigen Ehrennamen trug; also irgendwann zwischen 89 und 96 n. Chr.
Aber wie eingangs erwähnt, so vergleichsweise einfach machen es einem römische Grabsteine eher selten.
Quelle bzw. weiterführende Literatur:
Weitere interessante Themen auf diesem Blog:
—————–
Quelle bzw. weiterführende Literatur:
- Leonhard Schumacher | Römische Inschriften: Lat. /Dt | Reclam | Infos bei Amazon
Weitere interessante Themen auf diesem Blog:
- "Mustius, der Walker, trug die Tünche auf." - Wahlplakate im antiken Pompeji
- Krimskrams: Festival der Spätantike in Carnuntum -- Warnung vor Wikipedia!
- Unappetitliches aus dem antiken Rom
- Kuriose Ernährungsratschläge aus dem Mittelalter
- Warum römische Kavalleristen von rechts aufsaßen
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Kommentare werden entweder automatisch oder von mir manuell freigeschalten - abhängig von der gerade herrschenden Spam-Situation und wie es um meine Zeit bestellt ist.