Donnerstag, 3. April 2014

Meine römischen Schuhe

Für meine römische Ausstattung - ich hatte nach reiflicher Überlegung als zeitlichen Rahmen die Regentschaft Kaiser Hadrians gewählt - benötigte ich passende Schuhe. Ein Kollege meinte, kauf beim Knieriem, da gibst du kein Geld aus, sondern investierst es vielmehr in Qualität. Das war schön gesagt und ich sah mir die Sache erst mal näher an.
Konkret schwebten mir ja hochwertige Schuhe vor, wie sie vermutlich ein Eques/Ritter getragen hätte. Und zwar Alltagsschuhwerk, nicht jene Calcei mit Stulpen, welche gerne auf Reliefs zu sehen sind - sie hatten nämlich eher einen offiziellen Charakter, ähnlich der ungeliebten Toga.
Nun hatte Meister Knieriem (Stefan v .d. Heide) zwar tatsächlich etwas passendes im Angebot, doch der Preis brachte mich ins Grübeln, so dass ich beschloss, auch bei alternativen Anbietern Nachschau zu halten. Das hätte ich mir allerdings schenken können, da anderenorts nichts Ansprechendes zu finden war. Also zurück zu Knieriem und seinen nach archäologischen Funden rekonstruierten Schuhen.
Interessant war, dass im Zuge der nun folgenden Bestellung meine Füße kreuz und quer vermessen werden mussten. Dabei lernte ich Ausbuchtungen und anatomische Bezeichnungen kennen, von denen ich bisher nicht die geringste Ahnung hatte ^^ Das so gesammelte Zahlenmaterial wurde am Ende dieser Prozedur in einer Online-Formular eingetragen und übermittelt. Nun hieß es warten.
Zwischenzeitlich sind die in Auftrag gegebenen Schuhe bei mir eingetrudelt, wie nachfolgende Bilder zeigen:

Die gelieferten Schuhe/Halbstiefel, nach einem Fund in Vindolanda (ein Kastell am Hadrianswall) rekonstruiert.
Der linke Schuh von links fotografiert.
Der linke Schuh von rechts fotografiert. Noch habe ich nicht herausgefunden, was ich mit den beiden hinten herunterhängenden Bändern genau machen soll...
Wie ich erst auf diesem Bild erkannt habe, wurden die Schuhe von mir offenbar falsch geschnürt ^^ Rechts sieht man, wie der Schuster die Schuhbänder eingefädelt hat, ab ca der Mitte folgt dann meine Variante.
Sohlenbenagelung, wie sie bei Schuhen jener Zeit oft anzutreffen ist. Es ist wenig ratsam, damit auf einem Parkettboden oder Bodenbelag aus Kunststoff zu gehen ;)
Der Tragetest auf der Terrasse: Die Schuhe sitzen sehr gut, meine Verschnürung im oberen Bereich ist allerdings wenig fachmännisch und muss wohl noch verfeinert werden. Die Beine habe ich mir für dieses Fotoshooting übrigens nicht extra rasiert, ich bin schließlich nicht Caesar - wobei der sich die Haare ja auszupfen ließ :)

Auf einer freihändig kreierten Skala von 1 bis 5 erreichten Meister Knieriem und sein Produkt in den unterschiedlichen Kategorien folgende Punktezahlen:

Internetauftritt: 5 Punkte - Das Layout ist einfach, zweckmäßig und optisch ansprechend. Sogar eine englische Version der Seite wird angeboten
Kommunikation: 5 Punkte - E-Mails wurden meist innerhalb von ein bis zwei Werktagen beantwortet.
Preis: 4 Punkte - nicht gerade günstig, aber unterm Strich das investierte Geld wohl wert.
Bezahlung: 3 Punkte - Vorauskasse ist für den Kunden immer mit einem gewissen Risiko verbunden. Bei Knieriem muss die Überweisung aber zumindest erst kurz vor der Fertigstellung erfolgen; das handhabt leider nicht jeder Handwerker so - manche wollen Monate im Voraus kassieren (und pfeifen dann schlimmstenfalls auf eine termingerechte Lieferung!)
Lieferzeit: 4 Punkte - Die ursprünglich prognostizierten "ca. 3 Monate" wurden aufgrund eines Missverständnisses nicht ganz eingehalten - soll heißen, die Lieferun erfolgte ein paar Wochen später (halb so schlimm, da ja kein fixer Termin vereinbart worden war).
Qualität des Produkts: 5 Punkte - Sehr gute und passgenaue Handwerksarbeit. Außerdem wurden für die Sohlen sogar einige Ersatznägel mitgegeben.

Durchschnittliche Bewertung: 4 von 5 Punkten

Fazit: Wem weniger der Kaufpreis wichtig ist, sondern vor allem die Qualität, der dürfte mit Schuhen von Meister Knieriem sehr zufrieden sein. Er ist übrigens auch dieses Jahr wieder auf der Internationalen Reenactmentmesse in der Villa Borg als Aussteller vertreten. Wer also am Wochenende noch nichts vorhat, der macht sicher keinen Fehler, wenn er bei dieser interessanten Veranstaltung vorbeischaut.

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Literatur-Tipps:
  • Römer selbst erleben! Kleidung, Spiel und Speisen - selbst gemacht und ausprobiert | Juliane Schwartz | Theiss | Infos bei Amazon
  • Die Römische Tunika | Matthias Pausch | Wißner-Verlag | Infos bei Amazon
  • Die Macht der Toga - DressCode im Römischen Weltreich | Alfried Wiezorek u.a. | Schnell & Steiner Meine Rezension | Infos bei Amazon

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6 Kommentare:

  1. sehen wirklich sehr gut aus !
    besitze caligae von knieriem und bin auch absolut zufrieden damit.
    ersatznägel habe ich bisher keine gebraucht, die in den sohlen haben gut gehalten.

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    1. Ich gehe auch nicht davon aus, dass ich die Nägel jemals benötige, da die Schuhe ja nicht so unglaublich oft getragen werden. Aber was man hat, hat man ;)

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  2. Nobel, nobel ;-) Er hat auch sehr schöne mittelalterliche Schuhe im Angebot, allerdings bewegen sich die im Moment leider außerhalb meiner finanziellen Möglichkeiten. Aber vielleicht erwerbe ich noch einen seiner Bausätze zum selber Machen. Ein bisschen zusätzliche Hornhaut auf den Fingern kann ja nicht schaden :-)

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    1. Fürs Selbermachen hätte mir persönlich wohl die nötige Geschicklichkeit gefehlt ;)

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  3. Eine wirklich gute Frage, wozu diese beiden Bändchen hinten verwendet wurden. Wenn es nicht einfach der Zierde diente, dann hat es vermutlich etwas mit der Verschnürung zu tun. Möglicherweise wurden daran dünne Riemen angeknotet, mit denen man die Hosenbeine im Wadenbereich überkreuzt verschnürte? Aus dem germanischen Bereich gibt es Schuhe mit extra langen Schnürsenkeln, die eine ähnliche Aufgabe erfüllen.
    Hast du eventuell den Schuster schon nach dem Zweck gefragt?

    Ach ja, du wolltest doch ursprünglich deine Darstellung in der Republik ansiedeln, oder?
    Bin ich zu neugierig, wenn ich frage, warum da nichts draus wurde?
    ;-)

    Grüßle,
    Maria

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    1. Nein, da bist du natürlich nicht zu neugierig :)
      Die Sache ist auch recht einfach und schnell erklärt:
      Hier in Noricum/der Steiermark war punkto Römer zu Zeiten der Republik einfach noch viel zu wenig los - und meine Darstellung soll ja zeitlich und räumlich ein stimmiges Bild ergeben; auch der enge Bezug zur Heimat ist wichtig. Anderenfalls könnte ich hier auch als Wikinger oder Spartaner herumlaufen ;)
      Jedenfalls kam es in der Steiermark erst ab den Flaviern zu einer deutlich erkennbaren Romanisierung - siehe etwa die Gründung Flavia Solvas -, so dass eine Römerdarstellung für mich frühestens zu dieser Zeit Sinn macht. Die Herrschaft Hadrians wurde es letztendlich, weil ich Barträger bin und meine Gesichtsbehaarung vor Hadrian nicht so gut ins Bild der Darstellung eines Eques gepasst hätte. Ja, so trivial können die Gründe für die Details manchmal sein ;)

      Die Bänder der Schuhe sind übrigens Zierelemente, wie mir Meister Knieriem zwischenzeitlich mitgeteilt hat. Es gab auch noch andere Formen dieser "Anhängsel", beispielsweise Herzen.

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