Donnerstag, 16. Oktober 2014

Worüber Altphilologen lieber schweigen ;)

Betrachtet man den heutigen Lateinunterricht, dann könnte beinahe der Eindruck entstehen, die Schriftzeugnisse der Antike bestünden lediglich aus den weltklugen Werken von Cicero, Seneca und Konsorten. Doch da ist mehr - viel mehr sogar. Wenn auch die mitunter recht drastische Wortwahl etwas gewöhnungsbedürftig ist.
Der Buddler vom Archäologiepodcast Angegraben hat in seiner unterhaltsamen Sendung über die Graffiti von Pompeji bereits einige interessante Beispiele dieser von der Forschung eher weniger beachteten Schreibtätigkeit vorgestellt (siehe auch folgende Buchbesprechung). Thematisch gab es diesbezüglich außerdem manch Überschneidung mit meinem Beitrag über unflätige Grabinschriften der Römer. 
Heute möchte ich auf einige weitere Textschnipsel hinweisen, die einerseits in ihrer Deutlichkeit kaum Wünsche offen lassen, andererseits aber auch durchaus Anlass zum Schmunzeln geben. Und für einen billigen Lacher mache ich hier ja fast alles :)


Ob nun Mund oder Hintern von dir, sie riechen ganz gleich, Theodoros! 
Sie unterscheiden zu können wäre für Ärzte wirklich großartig. 
Solltest du nicht drauf schreiben, was bei dir der Mund und was der Hintern ist? 
Im Moment will es mir nämlich so scheinen, dass, wenn du redest, du furzt! 
(Aus einem Spottepigramm des Ägypters Nikarchos II.)

Moschos, nicht dumm, hat eine Alte begraben und eine Jungfrau gefreit [...]. 
Lob verdient sein Verstand, denn er hat begriffen, wen zum Schmusen und wen zum Beerben man nimmt! 
(Anonymer Autor) 

Dass du dir die Brust enthaarst, auch die Beine und Arme, 
dass dein Schwänzlein nur kurz geschorenes Haar umsäumt,
das, Labienus, tust du, wie jedermann weiß, deiner Geliebten zuliebe.
Wem zuliebe, enthaarst du jedoch deinen Hintern...? 
(M. V. Martialis, Epigramme, 2,62)

Übriges, auch der für sein Niveau  so gerühmte Cicero konnte bei Bedarf kräftig austeilen, wie Plutarch berichtet. Als er nämlich von einem politischen Widersacher mit der unhöflichen Frage bedrängt wurde, wer denn überhaupt sein Vater sei, erwiderte er sarkastisch: 
Was dich betrifft, so hat deine werte Mutter es ziemlich schwierig gemacht, darauf eine Antwort zu finden.


So wie die antiken Prachtbauten meist nicht aus weißem Marmor bestanden, sondern aus geschickt verputzten und verkleideten Ziegelsteinen, war auch die Sprache "der Alten" unter der Oberfläche weit weniger glanzvoll und erhaben, als heute noch immer gerne der Eindruck erweckt wird.
Diese Diskrepanz zwischen Schein uns Sein hat freilich sehr viel damit zu tun, dass die Mönche des Mittelalters besonders gerne die fein gedrechselte Reden der antiken Denker überlieferten - und weniger den Alltagsjargon.

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Weiterführende Literatur / Quelle:

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