Sonntag, 14. Juni 2020

📖 Buch: Theogonie

Der Mann, der die Götter erschuf

Hesiod lebte um 700 v. Chr. als Bauer in der griechischen Landschaft Böotien. Da sein Hof ausreichend Profit für das Beschäftigen von Knechten und Mägden abwarf, verfügte er über die nötige Freizeit, um als Rhapsode (Sänger/Dichter) auftreten und sich als Schriftsteller betätigen zu können. Er gilt heute als Begründer des Lehrgedichts.

Bedeutender noch als Hesiods Lehrgedicht "Werke und Tage", in dem vor allem landwirtschaftliche Ratschläge erteilt werden, ist die "Theogonie". In ihr schildert der Autor die Entstehung der Welt und der göttlichen Ordnung. Am Ende der Entwicklung steht Zeus, der über die alten Götter (Titanen) gesiegt hatte; Recht und Gesetz sollten von nun an unter dem neuen Göttergeschlecht - den 'Olympiern' - die Welt bestimmen.
Auf Grundlage älterer, mindestens bis in die Bronzezeit zurückreichenden Überlieferungen, erschuf Hesiod eine ausgetüftelte Genealogie der Götter bzw. der Götterdynastien. Offenkundig handelte es sich dabei aber nicht nur um rein griechische Traditionen, sondern vielmehr wurden - über einige Umwege - auch Anregungen aus dem Orient übernommen. Etwa von den Hethitern und Babyloniern. 

Welch großen Einfluss Hesiod mit seiner "Theogonie" - neben den nur wenig älteren Werken Homers - auf die griechische Kultur und Religion ausübte, wird aus einer Stelle in Herodots "Historien" ersichtlich:
Woher aber ein jeder der Götter stammt, ob sie alle schon immer waren und von welcher Gestalt sie sind, wussten sie (die Griechen) bis sozusagen vorhin und gestern nicht. Hesiod nämlich und Homer scheinen mir im Alter etwa 400 Jahre älter gewesen zu sein als ich, nicht mehr. Sie sind es, die den Griechen die Götterentstehung (Theogonie) gemacht, den Göttern die Namen gegeben, ihre Ämter und Fertigkeiten bestimmt und ihre Gestalten angezeigt haben. (Herodot, Historien 2,53,1-2 | Reclam, 2005)
Hieraus ließe sich ganz allgemein ableiten, nicht die Götter haben den Menschen erschaffen, sondern der Mensch die Götter 😉. 

Hesiods "Theogonie" ist heute die wohl bedeutendste antike Einzelquelle, die von der griechischen Götterwelt berichtet. Für Reclams Ausgabe zeichnet Otto Schönberger verantwortlich. Sie ist zweisprachig und vom Schreibstil her durchaus leserlich; will heißen, der Text ist nicht dermaßen schwülstig wie bei älteren Übersetzungen.
Ca. die Hälfte des rund 170 Seiten umfassenden Buchs werden vom griechischen Originaltext und der deutschen Übersetzung in Beschlag genommen. Den Rest füllen ein umfangreicher Anmerkungsteil mit über 1000 äußerst hilfreichen Endnoten, ein relativ ausführliches Nachwort des Übersetzers und ein Literaturverzeichnis aus. Der Kaufpreis beträgt 5 Euro.

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Weiterführende Informationen:



2 Kommentare:

  1. Die Menschen haben möglicherweise nicht nur die Götter erfunden...
    "Warum der Teufel nach Schwefel riecht: Die vulkanische Heimat der Hölle" von IIham Gadjimuradov und Reinhard Schmoeckel ist dazu sowohl interessant, als auch plausibel. (Hiltibold, hab ich das Buch eventuell schon bei dir besprochen gesehen - oder sollte ich es tatsächlich vom Algorithmus von A. empfohlen bekommen haben..?)

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    1. Nein, das Buch hatte ich noch nicht, aber zwei andere von Reinhard Schmoeckel (der einige gute Sachen geschrieben hat).

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