Montag, 30. Mai 2022

📖 Comic-Rezension: Asterix und "Der Papyrus des Cäsar"

Gaius Julius Caesar hat endlich seine Commentarii de bello Gallico (Kommentare zum Gallischen Krieg) fertiggestellt, in denen er sich weitschweifig über all die militärischen Großtaten auslässt, welche er in Gallien vollbracht hatte. Zweck des Werks ist es, damit bei seinen römischen Landsleuten Eindruck zu schinden. Doch kurz vor der Veröffentlichung entschließt er sich auf Anraten seines Verlegers, ein Kapitel wieder zu entfernen - und zwar jenes über das Dorf der unbeugsamen Gallier. Natürlich dauert es nicht lange, bis diesen Caesars Vertuschungsaktion zu Ohren kommt. Asterix, Obelix und Miraculix beschließen daraufhin, das fehlende Kapitel, welches ihnen zugespielt wurde, einem alten Druiden zum Auswendiglernen zu geben, sodass durch beständige mündliche Überlieferung die Nachwelt von der Wahrheit erfährt. Natürlich versuchen die Römer, diese Wissensweitergabe zu verhindern und wieder in den Besitz des Papyrus mit dem fehlenden Kapitel zu gelangen. Eine Jagd beginnt ...


Bei Teutates und Belenus - noch immer nicht politisch korrekt!

Es war vor ein paar Monaten, irgendwann um die Weihnachtszeit: Gleich nach Erhalt des 36. Asterix-Bandes hatte ich es mir in meinem Lesesessel gemütlich gemacht. Links eine Packung "Zigeunerräder" - die mittlerweile "Zirkusräder" (😂) heißen und von mir nun nicht mehr gekauft werden, weil ich anmaßende bzw. irregeleitete Sprachkontrolle und damit zusammenhängende Buckeleien von Unternehmen keinesfalls unterstützen möchte; rechts ein großer Becher, gefüllt mit einem alkoholfreien Fruchtcocktail. Freilich, eventuell hätte ich doch Cervisia reintun sollen, damit mich die Story besser unterhält, denn mehr als mittelmäßig ist sie in meinen Augen nicht. 
Immerhin, und da sind wir schon wieder beim Thema 'politische Korrektheit': Die melaninbevorzugten bzw. maximalpigmentierten Schwarzafrikaner werden nach wie vor mit so richtig vollen Lippen und breiten Nasen dargestellt. Das haben sich auch die beiden 'neuen' Asterix-Macher - Jean-Yves Ferri und Didier Conrad - von 'woken' Aktivisten, die häufig als Journalisten posieren, bisher nicht nehmen lassen. Warum auch? Schließlich handelt es sich - schlaudeutsch formuliert - um typische physiognomische Distinktionsmerkmale einer Ethnie, die sich perfekt für eine zeichnerische Zuspitzung eignen. Aber erkläre man das mal irgendwelchen radikalen Ideologiespinnern und ihren intelligenzprekären Mitläufern. Die berauschen sich an ihrer Hypermoral und schwafeln irgendwas von "Stereotypen" - womit sie nur offenbaren, dass sie keine Augen im Kopf haben bzw. ihre totale Sehstörung anderen Menschen als Maßstab aufzwingen wollen. Im Übrigen: Die ständig Wildschweine fressenden und Cervisia saufenden Gallier mit ihren überdimensionierten Langnasen entsprechen ja auch nicht der exakten Realität, aber hat man schon jemals gehört, dass sich ihre Nachkommen, die autochthonen Franzosen, darüber groß echauffieren? Letztendlich kommt es eben immer auf den Kontext an. Doch leider, Blödmänner, Blödfrauen und Blöddiverse begreifen das aufgrund ihrer intellektuellen Vernageltheit und pathologischen Humorlosigkeit nicht. Bei denen ist schlicht Hopfen und Malz verloren. 


Wiederholungen, Logikfehler und mehr ...

Wurden - wie es in Fankreisen oft heißt - wirklich die Asterix-Geschichten im Laufe der Zeit schlechter oder haben sich auch die langjährigen Leser mit dem Älterwerden verändert? Will heißen: Sind sie im Erwachsenenalter anspruchsvoller geworden? Beides trifft zu - zumindest in meinem Fall. Einerseits wiederholt sich mittlerweile einiges - "Der Papyrus des Cäsar" ist dafür ein Paradebeispiel: Wieder geht es in den Karnutenwald zu den Druiden; und wieder wird man dort mit diversen merkwürdigen Zaubertränken konfrontiert. Genauso wie in "Asterix und die Goten". 
Mit zunehmendem Alter fallen einem aber nicht nur solche Wiederholungen auf, sondern auch Logikfehler; so wird etwa ausdrücklich betont - und das ist für die Handlung dieses Comics von zentraler Bedeutung - dass die Gallier keine Schrift verwenden, sondern mündlich tradieren. Gleichzeitig hängt über dem Weg in den Karnutenwald ein riesiges Schild, auf dem geschrieben steht, dass Nicht-Druiden der Zutritt untersagt ist. So etwas Widersprüchliches muss wirklich nicht sein, denn ganz einfach hätte man dieses Verbot den handelnden Personen in den Mund legen können, um den Leser zu informieren. 
An anderer Stelle wird eine Gruppe offensichtlich schwarzer Schreiber irrtümlich als "Numider" statt als 'Nubier' bezeichnet. Die betreffenden Völkerschaften unterschieden sich optisch sehr, lag doch Nubien in Schwarzafrika (Sudan), Numidien hingegen in Nordafrika (Tunesien, Algerien). In älteren Asterix-Bänden hat man das noch nicht verwechselt.
Ein letztes Beispiel: Im Umfeld Caesars wird Vergil als großer Autor gelobt. Jedoch: Den damals rund 20 Jahre alten Vergil kannte noch kein Mensch. Sein Stern stieg erst zum literarischen Himmel empor, als er sich Jahre später an Augustus und dessen Machtzirkel heranzuschleimen begann. Warum, frage ich mich, hat man statt Vergil nicht beispielsweise Catull genommen? Für die Handlung und den Lesespaß wäre das ja egal gewesen, nur dass Catull zu Caesars Zeiten tatsächlich bereits eine große Nummer war. Aber bin ich hier vielleicht schon zu pingelig? Mir ist völlig klar, dass die Asterix-Comics voll mit derlei Fehlern sind - siehe etwa das erst im 1. Jahrhundert nach Christus erbaute römische Kolosseum, welches in mindestens einem Band vorkommt, obwohl die unbeugsamen Gallier doch im Jahr 50 vor Christus unterwegs sind (wobei gerade die Sache mit dem Kolosseum eventuell kein Fehler ist!). 
Sagen wir so: Es gibt wirklich störende Fehler - nämlich Logikfehler - und es gibt historische Fehler, über die man zwar nicht immer, aber meistens hinwegblicken kann. Mehr noch: Sie zu finden kann sogar ein gewisses Vergnügen bereiten. Schließlich handelt es sich hier nicht um ein Sachbuch.


Die kopierte Villa Rustica

Abschließend ein Detail, das mir besonders ins Auge sprang und eine genauere Betrachtung wert ist: Kommt den eingefleischten Römer-Fans das Gebäude auf dem nachfolgenden Bild nicht arg bekannt vor? 😀

Richtig gesehen, es handelt sich eindeutig um die Römer-Villa des schönen Freilichtmuseums Hechingen-Stein. Es scheint fast so, als ob dem Zeichner, als er sich aus dem Fundus des Internets bedient hat, nicht klar war, dass aus Kostengründen nur ein Teil des Gebäudes rekonstruiert wurde. Die Arkaden setzten sich ursprünglich natürlich auf der anderen Seite des Aufgangs fort. Auch war dort ein zweiter Turm vorhanden, was recht typisch für römische Landvillen gewesen ist (schon der große Feldherr Scipio Africanus soll laut Seneca dergestalt im 3./2. Jahrhundert vor Christus gebaut haben). 
Oder haben die Asterix-Macher ganz bewusst nicht die vollständige Villa im Comic wiedergegeben? Soll vielmehr die Rekonstruktion des Freilichtmuseums leicht wiedererkannt werden können? Ich glaube das zwar nicht, aber wer weiß ...


Fazit: Man kann den 36. Band über Asterix, Obelix und Co. durchaus kaufen und lesen - und dann wieder vergessen. Es gibt bessere Stories ("Tour de France", "Die Goldene Sichel"), aber auch viel schlechtere ("Gallien in Gefahr"). 


PS: In den kommenden Wochen folgt die Rezension von "Asterix und der Greif". 

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Weiterführende Informationen:


4 Kommentare:

  1. Zigeunerräder haben wir hier in der Schweiz glaube ich nicht, Zigeunerschnitzel kennen wir aber :-) Chris

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  2. Also ich finde schon, dass man kulturell sensibel sein sollte. So hatten Polynesier Babynahrung verweigert, auf deren Konservendosen Kinder abgebildet waren: Sie seien keine Menschenfresser! (...aber Katholiken: Stichwort "Wandlung")

    Aus einer gewissen zwangsneurotischen Haltung heraus kann ich daher auch dem Boykott von Jägerschnitzeln etwas abgewinnen, von Bauernwurst ganz zu schweigen...

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    1. Aus ähnlichen Gründen habe ich mit dem Verzehr von Hotdogs Probleme. Sowohl die Form des Hotdogs wie auch der Vorgang selbst sind deutlich sexuell konnotiert.

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