Donnerstag, 25. September 2025

🗞️ Was in der alten Zeitung steht: Der faszinierende Urgroßvater des modernen Kühlschranks (1859) -- Fragwürdige Lufterscheinungen (UAPs) am Himmel (1813)

Bevor es Elektrizität gab: Der faszinierende Urgroßvater des modernen Kühlschranks

Es ist schon interessant, über welche kuriosen Dinge man im Zeitungsarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek stolpern kann. Und wie infolge das Gefundene zum persönlichen Erkenntnisgewinn beiträgt. Nie hätte ich mir beispielsweise gedacht, dass es bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts Kühlschränke gab; war doch die Grundlage dafür - nämlich der elektrische Strom - dazumal im Alltag noch so gut wie unbekannt (sieht man von technischen Nischen wie der Telegrafie ab). Doch dass es auch ohne Elektrizität geht, zeigt ein 1859 veröffentlichter Beitrag aus dem Leipziger Medium "Illustrierte Zeitung" (ich habe weiter unten den Fraktur-Text in moderne Druckschrift transkribiert).

















Polytechnische Mittheilungen.

Eiskästen und Eisschränke (von F. L. Hedenberg und Sons in Neuyork (Anm.: New York), 58 Walter Street) sind für's Haus und für die Familie kein Luxus mehr, sie werden zunehmend zum Bedürfniß, je mehr gute frische Keller - ebenso wie Böden in unseren neu erbauten Häusern zu den überwundenen Standpunkten gehören, weil man Dach und Kellergeschosse für selbständige Miete auszunutzen sucht, um desto mehr Zinsen aus dem Baukapital zu ziehen. Viele Familien haben sich daher Eisschränke angeschafft und es bestehen in großen Städten schon Handlungen, die Eis einkellern, ja in Fällen sich solches aus dem Norden verschaffen und regelmäßig die Eiskästen und Eisschränke mit dem nöthigen Eis versorgen. Einen solchen drehbaren Eisschrank, dessen Einrichtung uns zweckmäßig zu sein scheint, verdeutlichen unsere beiden Holzschnitte. Man wird aus ihnen erkennen, daß sich der Eisbehälter links im oberen Raum befindet, darüber ein Gefäß mit Wasser, das durch einen Hahn abgelassen werden kann und immer frisch sein wird. Der Eisbehälter nimmt die Hälfte des Schrankumfanges ein. Dem Wassergefäß gegenüber steht, abgesondert von allen anderen Räumen, auf einem Zinkboden die Milch, Sahne und Butter, zu denen man durch Aufhebung des oberen Deckels gelangt, wie auch zum Wassergefäß und Eisraum durch Hebung des andern Deckeltheils. Unter der Milch- und Butterkammer ist der Weinkeller und weiter unten finden sich die Abtheilungen für Fleisch, Geflügel, Fische, Früchte, Gemüse u. f. w. In dem hölzernen mit Zink ausgefütterten Schrank, der wie gewöhnlich aus doppelten Wandungen besteht, zwischen denen sich gröblich gestoßenes Holzkohlenpulver befindet, drehen sich durchbrochene Zinkscheiben auf einen Spitzzapfen, dessen stehende Welle hohl ist. An dieser hohlen Welle sind die durchbrochenen Zinkscheiben befestigt. Diese tragen alle die Gegenstände, von denen wir oben gesprochen haben, und durch die hohle Welle streicht in der Richtung der Pfeile die eisgekühlte Luft und treibt die faule Luft aus einem Ventilator oberhalb der Thür Fig. 2 hinaus. Das innere Etagengestell läßt sich vermöge eines Rades mit Getrieb drehen und die entsprechenden Gegenstände vor die Thüren bringen, der obere zweiklappige Deckel ist zum Abnehmen eingerichtet, damit der Schrank rein gemacht werden kann. Ein solcher Eisschrank von der größten Sorte, mit Drehung des Inneren und durchtretender Eisluft, soll nicht mehr als 10 Pfund Eis in 24 Stunden verbrauchen.
 
Erstaunlich daran ist nicht nur die Existenz solcher Eisschränke/Kühlschränke bereits in der damaligen Zeit, sondern auch, dass sich "viele Familien" dergleichen angeschafft haben sollen. Ich frage mich allerdings, wie viele das in der Realität tatsächlich waren, denn bei einem Verbrauch von nicht gerade bescheidenen 10 Pfund (ca 5 kg) Eis pro Tag (!), müssen die vorhandenen Eislager enorm gewesen sein. Auch wenn man Eis natürlich ganzjährlich beschaffen konnte, z.B. aus dem hohen Norden und von Gletschern. Man war also nicht ausschließlich auf das im Winter vor Ort entstandene und dann eingelagerte Eis angewiesen.
Wie damals Eis eingelagert wurde, wird 1862 im Artikel einer anderen Zeitung relativ genau beschrieben (der Text ist leicht leserlich, da nicht in Frakturschrift).

12 Jahre nach dem obigen Artikel über den Eisschrank aus New York beschäftigte sich die Illustrierte Zeitung aus Leipzig mit einem Nachfolgemodell des Herstellers F. L. Hedenberg und Sons. Dieses sieht modernen Kühlschränken nun bereits deutlich ähnlicher und wurde auch funktionell klar verbessert!

Wer Zeitungen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durchstöbert, der wird feststellen, dass Wirtshäuser damit warben, Eisschränke zu besitzen und deshalb auch im Sommer der Ausschank kühler Getränke (vor allem Bier) gewährleistet war.
Dass man auch in der warmen Jahreszeit gerne kühl becherte, war übrigens schon in der Antike Gang und Gäbe. Bereits damals verwendete man eingelagertes Eis dafür, welches u.a. in doppelwandige Gefäße gefüllt wurde. Allerdings wird heute zumeist davon ausgegangen, dass sich nur Wohlhabende dieses Vergnügen leisten konnten. 

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Unerklärliche Lufterscheinung/Lichterscheinungen am Himmel: UAPs vor 200 Jahren?

Im Jahr 1813 ging es in Europa rund - Napoleon verlor die Völkerschlacht bei Leipzig und sein Stern begann innerhalb kürzester Zeit dramatisch zu sinken. Im selben Jahre erschien ein Artikel in der Salzburger Zeitung, in dem sich ein Professor Dr. F. B. Herrmann ebenfalls mit sinkenden 'Sternen' beschäftigte - allerdings weniger im politischen Sinn, sondern im naturwissenschaftlichen. Der beschriebene Sachverhalt wirkt phasenweise etwas seltsam. 
Meteor oder Lufterscheinung.

    Am 14. Januar nach 6 Uhr des Morgens gerade vor dem Beginnen des Tages sah man in der Nähe von Salzburg ein sehr helle leuchtendes Meteor, in der Form einer Kugel, das in der Richtung von Ost gegen West vom Gaisberge her gegen die Salzach hin etwa 3 Sekunden in nicht sehr beträchtlicher Höhe schwebte, und vor dem Niedersinken auf die Erde sich in auseinander fahrende, leuchtende Theile auflöste, und ohne irgend einen Knall oder Geräusch verschwand.

    Diese Erscheinung ist mit jenen nach öffentlichen Nachrichten in mehrern Ländern, auch in dieser Jahreszeit schon beobachteten gleicher Art und Natur, und deutet nichts weniger, als auf Ahndungen trauriger Verhältnisse, womit so viele hierin unbelehrte Menschen, zumal in unserer wieder so thatenreichen Zeit sich grundlos ängstigen.

    Man bemerkt nämlich alljährlich an verschiedenen Orten, gewöhnlich vom Anfange des Novembers bis gegen Ende des Märzes, folglich in den Monaten, wo die größte Differenz des Klima herrscht, in der Athmosphäre mehr oder minder glänzende Lichterscheinungen, bald in der Gestalt einer Kugel von verschiedener Größe, selbst manchmal mit einem leuchtenden Schweife begleitet, bald schlangenförmig gekrümmt in der Form eines Blitzes, bald in der bekannten Art der sogenannten Sternschnuppen, die auch selbst im Sommer und Herbste einige Zeit nach Sonnen Untergang gesehen werden. Dieses in erwähnter mehrfacher Form sich äußernde Meteor ist in der Erscheinung des reinen, ungefärbten Sternen- oder Mondähnlichen Lichtes immer dasselbe, und verbreitet dieses nicht selten auf weite Strecken in solchem Maaße, daß man, selbst den vollen Mond noch übertreffend, und der aufgehenden Sonne gleich, ganz deutlich dabei sehen kann. 
 
    Mir kamen dieser Art. Erscheinungen seit vielen Jahren selbst mehrere vor. Ich beobachte sie fast immer bei heiterer Luft und sichtbaren Sternen. Die Richtung und Geschwindigkeit ihrer Bewegung, besondere der kugelförmigen, die immer etwas länger sichtbar sind, hing von dem eben herrschenden Zuge der Luft ab.

    Die sogenannten Sternschnuppen fallen meistens bei großer Luftstille, verändern aber auch sonst nach der Richtung der Luft ihre gerade Bewegung. Manche Leuchtkugel, die zugleich in bedeutender Höhe entsteht, wird so lange nach der Richtung des Windes fortgetrieben, daß sie an unserm Horizont niederzugehen scheint, in andern von uns um mehrere Grade entfernten Orten aber wieder gesehen wird, bis sie endlich verschwindet, d. i. die Ursache des Leuchtens zu wirken aufhört.

    Meinen Beobachtungen zu Folge entstehen diese Meteore besonders bei eintretenden beträchtlichen Differenzen der Temperatur, d. i. dem Wechsel der Wärme oder Kälte zwischen den höheren Regionen der Luft, und den niedern an der Oberfläche der Erde, und je nach dem Wechsel und Vorherrschen der einen vor der andern haben diese Lufterscheinungen einen höhern oder tiefern Stand in der Athmosphäre. Selbst das Fallen der Sternschnuppen, und das Wetterleuchten oder sogenannte Abkühlen des Himmels im Sommer geschieht immer einige Zeit nach dem Untergange der Sonne, wo eine grössere Differenz der Temperatur eintritt, d. i. im Vergleiche mit der Wärme des Tages es dort kühler, kälter wird. -- Auch an diesem Morgen der oben erwähnten Lufterscheinung am 14. dieses stieg die Kälte wieder auf  - 9,4° R., während sie den Tag zuvor nur - 2, - 2,4 - 3° gewesen ist.

So viel nur zur Lehre und Beruhigung denen, die es bedürfen.

Dr. F. B. Herrmann, quicsc. Professor.

Der Autor unterscheidet hier zwischen diesen kugelförmigen Lichterscheinungen und normalen Sternschnuppen (bzw. einem Meteorschauer wie z.B. den Leoniden). Freilich, die beschriebenen Kugeln könnten auch Meteore bzw. kleine Meteoriten sein, die es bis zum Boden geschafft haben, ohne komplett zu verglühen. Aber es wäre höchst wunderlich, wenn sich ein solches Objekt von der vorherrschenden Windrichtung in seiner Flugbahn beeinflussen ließe. Genau das wird aber - angeblich  auf Basis wiederholter Beobachtungen - behauptet. Und natürlich kann das Unsinn sein, falls hier Zufälle als Kausalitäten fehlinterpretiert wurden (nicht untypisch für die damalige Zeit .... und auch nicht für die heutige ^^)

Wer sich ein wenig mit der Geschichte von UAPs (=Unidentified Aerial Phenomenon) bzw. UFOs beschäftigt, der weiß freilich, dass am Himmel beobachtete Kugeln immer wieder in alten Quellen auftauchen. Die Frage ist nun, ob ein Teil der oben beschriebenen Erscheinungen in diese Kategorie gehört. Will heißen: Wurden hier UAPs mit z.B. stinknormalen Meteoren vermanscht oder handelt es sich bei den Kugeln ausschließlich um Meteore? Ich halte letztere Möglichkeit für nicht unwahrscheinlich, bin mir dabei aber nicht ganz sicher. Und dem Autor des alten Zeitungsartikels ging es da ähnlich, wie schon alleine der Titel nahelegt...
 

2 Kommentare:

  1. genialer bericht! habe ich bei mir verlinkt! 👍👽🎩

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  2. Ich kenne solche isolierten Eiskeller von zwei alten Bauernhöfen südlich von München. Der eine war der von meinen Großeltern, der andere war der von den Großeltern meiner Frau. Aber dass man sich das in Klein hat auch in die Wohnung stellen können ist auch mir zu 100 % neu. Es wäre echt interessant zu wissen, wie weit das vor der Einführung des elektrischen Kühlschranks verbreitet war. Bei dem erwähnten hohen Eisverbrauch kann ich mir vorstellen, dass das nur eine Option für Gewerbebetriebe und Haushalte ab der gehobenen Mittelschicht gewesen ist. Aber was weiß ich schon. 😏
    Marcus

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