Freitag, 27. Juli 2018

Buch: Helden am Himmel - Astralmythen und Sternbilder des Altertums

An den Himmel versetzte Mythologie

Im Buch Helden am Himmel - Astralmythen und Sternbilder des Altertums erläutert der Klassische Archäologe Ernst Künzl die - im wahrsten Sinne des Wortes - 'sagenhaften' Hintergründe der bis heute gebräuchlichen antiken Sternbild-Bezeichnungen. Diese stammen überwiegend aus dem reichhaltigen Fundus alter Erzählungen und Legenden, deren Ursprünge z.T. bis mindestens in die babylonische Zeit zurückreichen. Überhaupt übernahmen die Griechen und Römer in astronomischer Hinsicht sehr viel von den Babyloniern - so etwa, laut Herodot, die Einteilung des Tages in zwölf Teile.

Interessanterweise wurden den antiken Sternbildern etliche, z.T. stark voneinander abweichende Mythen zugeschrieben - abhängig von lokalen Traditionen. Oft erst im Hellenismus und in der Römerzeit kam es verstärkt zu einer überwiegend einheitlichen Deutung.
Doch nicht nur die Mythen der Sternbilder waren Veränderungen unterworfen, sondern auch ihre Gestalt am Himmel. Beispielsweise bestand der 'Wassermann' ursprünglich nur aus einem Wassergefäß; die menschliche Figur war erst später hinzugefügt worden. Selbiges gilt für das Sternbild 'Jungfrau', das zuerst nur in Form einer Ähre existierte. Im Nachhinein kreierte man den Körper einer Frau, der man als Attribut eben diese Ähre in die Hand drückte.

Einige der vom Autor erläuterten Astralmythen dürften heutige Leser (wahrscheinlich aber auch schon viele Menschen der Antike) reichlich schräg, unappetitlich und irritierend finden. Etwa wenn es heißt, der berühmte Held und Jäger Orion sei von drei Vätern gezeugt worden; und zwar indem die Götter Zeus, Poseidon und Hermes auf ein Rinderfell urinierten ...

Vereinzelt waren antike Denker trotz der inflationären Mystifizierung des Himmelsgewölbes in der Lage, die wahre Natur der Dinge zu erkennen oder zumindest zu erraten. Anstatt die Milchstraße (via lactea, gala uranion, galaxias usw.) als verschüttete Milch einer Göttin zu interpretieren, erklärte Demokrit von Abdera im 5. Jh. v. Chr., es handle sich um eine Ansammlung unendlich vieler Sterne, die besonders eng beieinander liegen. Eine außerordentliche Theorie für die damalige Zeit, schließlich gab es noch keine Fernrohre. Bedauerlicherweise stieß Demokrits zutreffender Einfall auf keine große Resonanz. Seine Zeitgenossen bevorzugten phantastischere Erklärungen mit mehr Pepp. 

Der Schreibstil des Autors ist unprätentiös und bekömmlich. Leider verfügt das Buch aber nur über ein grobes Inhaltsverzeichnis, was das gezielte bzw. rasche Suchen nach einem bestimmten Sternbild verhindert. Überdies gibt es auch kein Namensregister, das diesen Umstand hätte abmildern können. 
Die Bebilderung ist reichhaltig und das Layout ist gefällig. Der Kaufpreis beträgt knapp 25 Einheiten europäisches Fiatgeld.

Nachtrag: Den Index zum Buch gibt es Online, wie man mir mitgeteilt hat.

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4 Kommentare:

  1. Irgend ein griechischer Gott oder Halbgott soll sogar im Bein (Oberschenkel??) von Zeus ausgebrütet worden sein....

    Wirklich sehr bizarr, diese griechische Mythologie. Einige Sagendichter dürften beim Dichten ziemlich tief in ihre Weinschale geblickt haben. Anders kann ich mir das nicht erklären :-)

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    1. Dionysos wurde so geboren.
      In der Tat ziemlich schräg! :)

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  2. Hört sich nach interessanter Urlaubsliteratur an. Danke für die Rezension, lieber Hiltibold!

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