Samstag, 21. September 2019

📖 Buch: Hereward der Geächtete

Der 'originale' Robin Hood

Nachdem England im Jahr 1066 von einem normannisch-französischen Heer erobert wurde, kam es zu einer von auswärtigen Dänen/Wikingern unterstützen Erhebung in Nordengland. Einer der Anführer war der Angelsachse "Hereward", später auch "Hereward the Wake" genannt.  Herewards Taten bildeten bald darauf die Grundlage für zahlreiche mehr oder weniger fiktive Geschichten, die sich im hochmittelalterlichen England großer Beliebtheit erfreuten. Die ältesten erhaltenen schriftlichen Überlieferungen stammen aus dem frühen 12. Jahrhundert.
Heute geht die Forschung davon aus, dass der mittlerweile relativ stark in Vergessenheit geratene Widerstandskämpfer Hereward in mancherlei Hinsicht als Vorlage für die erstmals im Spätmittelalter klar fassbare Robin-Hood-Legende herangezogen wurde.

Im Roman "Hereward der Geächtete" schildert James Wilde das von Intrigen, Verrat, Mord und Kämpfen geprägte Leben Herewards in den Jahren vor und unmittelbar nach der schicksalhaften Eroberung Englands durch französische Normannen. Ist der Protagonist zu Beginn noch ein Einzelgänger und eine kaum von Skrupel geplagte Tötungsmaschine, die niemandem vertraut, so entwickelt er sich unter dem positiven Einfluss von zwei Freunden zu einem geachteten Anführer, der freilich immer noch das Talent besitzt, sich allzu leicht Feinde zu machen. Wie Hereward unter diesen wütet, zeigt bereits - ganz in der Tradition nordischer Sagen - der Name seines Schwertes: "Hirnbeißer" 😄

Vom Autor wurde im ersten Drittel des Buchs mehrfach mit (kurzen) Rückblenden gearbeitet, wohl um die Spannung zu erhöhen. Ich hingegen fand dieses Vorgehen weniger glücklich, da hier immer wieder der Erzählfluss unterbrochen wurde. Auch den mehrmaligen Schauplatzwechsel - weg von Hereward zu anderen handelnden Personen wie seinen Adoptivbruder - fand ich aus demselben Grund nicht ganz optimal; mir gefällt eine simple und klar gestrickte Erzählweise, bei der sich der Autor ausschließlich auf den Protagonisten konzentriert, besser als diese Mehrgleisigkeit (siehe etwa Bernard Cornwells Uhtred-Reihe als Positivbeispiel). Letztendlich ist das aber eine Frage des persönlichen Geschmacks. Das Gilt auch für die mir mit zu viel Detailverliebtheit beschriebenen unappetitlichen Metzeleien.

Die geschichtliche Rahmenhandlung ist weitestgehend korrekt recherchiert worden, wenn man von Kleinigkeiten absieht - wie etwas dass mehrmals von Wämsern die Rede ist, obwohl im 11. Jahrhundert Tuniken die Standard-Oberbekleidung waren (ich frage mich, warum es für viele Autoren Historischer Romane scheinbar so schwer ist, die passenden Begriffe zu verwenden).

Fazit: Unterm Strich passable, aber wegen des Schreibstils auch keine überragende Unterhaltungsliteratur. Zwar möchte ich nicht behaupten, dass "Hereward der Geächtete" keinen roten Faden besitzt, allerdings zerfasert dieser aufgrund paralleler Stories ein wenig. Der Kaufpreis beträgt 10 Euro.

Hinweis: Es ist bereits ein zweiter Teil über Hereward in deutscher Sprache erschienen - der Titel lautet: "Hereward: Das Teufelsheer".

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2 Kommentare:

  1. Übersetzungsfehler kommen leider immer vor, möglicherweise ist daher vom Wams die Rede.
    Das Cover erinnert mich stark an das der Jethro-Tull-LP "The Broadsword and the Beast" ...
    Gruß,
    - Fränkin -

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    1. Ähnelt dem Platten-Cover tatsächlich auffällig. Wobei das Bild hier wohl aus einer Bilddatenbank stammt, da es, in veränderter Form, auch auf Büchern anderer Autoren verwendet worden ist. https://amzn.to/2m8p8t1

      Hinsichtlich der Wämser: Gut möglich, dass das ein Übersetzungsfehler ist, andererseits ist mir das in letzter Zeit auch bei zwei deutschsprachigen Autoren aufgefallen, deren Geschichten in der Merowingerzeit spielen.
      Irgendwie scheint es ein beliebtes Klischee zu sein, dass das Wams ein typisches Kleidungsstück war, das während des gesamten Mittelalters getragen wurde.

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