Mittwoch, 15. Juni 2022

🎧 Hörbares: Megastuss vom öffentlich-schlechtlichen Dummfunk -- RĂ€tsel um die versunkene Stadt in der Nordsee -- Hochkultur im Amazonasgebiet -- Schwarzes Loch


 Die Völkerwanderung - Ein Begriff wird eingemottet | Spieldauer 24 Minuten | ARD/BR | Stream & Info | Direkter Download
"Nicht der Ansturm von "Barbaren", sondern Roms SchwĂ€che löste den Untergang des Imperiums aus." Megastuss vom öffentlich-schlechtlichen Dummfunk. Als ob Rom dazumal auch dann untergegangen wĂ€re, wenn es die anstĂŒrmenden "Barbaren" nicht gegeben hĂ€tte. In Wirklichkeit - und das weiß jeder Historiker, der wenigstens einen Funken Sachverstand hat - war natĂŒrlich der Barbarensturm an Roms Grenzen die primĂ€re Ursache, die dann in weiterer Folge einen Rattenschwanz an Problemen nach sich zog und das Reich dermaßen schwĂ€chte, dass seine Gesellschaft ĂŒberhaupt erst stark anfĂ€llig fĂŒr Naturereignisse wie etwa Seuchen wurde: Die stĂ€ndigen Angriffe durch Ă€ußere Feinde waren schlicht ruinös, weil in vielen Provinzen die lebensnotwendige Landwirtschaft Jahr fĂŒr Jahr arg in Mitleidenschaft gezogen wurde (man vergleiche das mit den gegenwĂ€rtigen ZustĂ€nden in der Ukraine). Menschen mussten hungern und die drangsalierten LandeigentĂŒmer konnten aufgrund sinkender Einkommen nur noch wenig Steuern entrichten - oder gar keine, wenn sie nĂ€mlich abgemurkst oder in die Sklaverei verschleppt wurden (siehe die Vita des Heiligen Severin); und die TĂ€ter mussten nicht einmal aus dem Barbaricum gekommen sein, denn das von außen induzierte Chaos produzierten jede Menge RĂ€uber ("latrones") unter der zusehends entwurzelten Reichsbevölkerung. Ganze Landstriche verödeten deshalb, wie etwa die ArchĂ€ologie belegt! Das ließ das verfĂŒgbare Budget des römischen Staates zusammenschrumpfen. Gleichzeitig mussten jedoch die Ausgaben fĂŒr das MilitĂ€r bestĂ€ndig auf sehr hohem Niveau gehalten werden, damit die Feinde nicht vollends die Oberhand gewinnen. Dem versuchte man u.a. entgegenzuwirken, indem der Output an SilbermĂŒnzen erhöht wurde, bei gleichzeitig starker Reduktion des Edelmetallgehalts. Eine galoppierende Geldentwertung bzw. Inflation war die Folge (reichsfremde HĂ€ndler wollten die eigenen Waren gegen das lausige Römergeld nicht mehr eintauschen; u.a. dieser Umstand hatte zur Folge, dass das Geld auch innerhalb des Reichs nicht mehr gerne genommen wurde). Dagegen wiederum fĂŒhrte man 'protosozialistische' Preisedikte (Preisdiktate) ein, die lĂ€ngerfristig natĂŒrlich ebenfalls höchst kontraproduktiv fĂŒr die Wirtschaft waren, weil viele Produzenten/Branchen nun nicht mehr kostendeckend arbeiten konnten und den Betrieb deshalb ganz einstellten. So viel dazu. Im Übrigen will man den eher negativ konnotierten Begriff "Völkerwanderung" (bezogen auf die spĂ€tantike europĂ€ische Völkerwanderung, die schlussendlich in das "finstere Mittelalter" mĂŒndete) aus ideologischen GrĂŒnden los werden. Man lĂ€sst ja bei Diskussionen hinsichtlich des Untergangs des Römischen Reichs geflissentlich den Umstand unbeachtet, dass die gesellschaftliche KohĂ€sion in der römischen SpĂ€tantike zusehends flöten ging. Grund: Man lagerte besonders die wichtige Aufgabe der KriegsfĂŒhrung an Reichsfremde - hauptsĂ€chlich an Germanen - aus, die zwar am römischen Wohlstand teilhaben wollten, sich unterm Strich aber nur mĂ€ĂŸig in die Gesellschaft integrieren ließen und lieber ihren eigenen Traditionen folgten (die Germanen konnten sich nicht einmal dazu durchringen, die Obstbaumzucht der Römer zu ĂŒbernehmen - das war ihnen kulturell bereits zu "fremd"). Um sie friedlich zu stimmen, alimentierte man sie mit hohen Geldzahlungen und Landzuweisungen. Das funktionierte halbwegs, solange diese soldatischen "Arbeitsmigranten" nicht eine kritische Masse erreichten. Als das jedoch der Fall war, begannen sie zuerst schleichend, dann immer massiver Einfluss auf die Politik zu nehmen. Weil es hier nun aber Gemeinsamkeiten mit modernen Migrationsbewegungen und ihren Nebenwirkungen gibt (siehe beispielweise die gerne genannten "Parallelgesellschaften"), hĂ€lt man es in weltanschaulich einschlĂ€gigen Kreisen zusehends fĂŒr opportun, per geschichtlichem RĂŒckgriff zu relativieren und zu beschönigen. Den Kritikern der modernen Massenmigration soll quasi ein gerne (und sicher nicht immer korrekt) verwendetes Argument aus der Geschichte weggenommen werden. Wissenschaftlich ist dieses Bestreben freilich nicht, auch wenn man sich noch so sehr abmĂŒht, es mit viel obskurantistischem Wortgedrechsel - bei dem man sich die KausalitĂ€t zu einer Korrelation nach GutdĂŒnken aussucht - aufzuhĂŒbschen. Dass man speziell unter den Journalisten genĂŒgend intellektuelle Rohrkrepierer findet, die das begeistert aufnehmen, verwundert nicht. Stichwort "confirmation bias". Es sind nĂ€mlich ebenfalls diese Kreise, die aus den gleichen GrĂŒnden stĂ€ndig betonen wie tolerant Rom doch hinsichtlich anderer Religionen und Kulturen war; und wie friedlich deshalb innerhalb des Reichs das Miteinander gewesen sei. Noch mehr pauschalisierender Megastuss, dessen Ursachen ebenfalls ideologischer Natur bzw. in aktuellen politischen Anliegen zu finden sind. Aber das ist eine andere Geschichte. 

 Rungholt-Forschung - RĂ€tsel um die versunkene Stadt in der Nordsee | Spieldauer 24 Minuten | ARD/BR | Stream & Info | Direkter Download

 Hochkultur im Amazonasgebiet - Lasermessungen entdecken frĂŒhe Siedlungen | Spieldauer 6 Minuten | ARD/BR | Stream & Info | Direkter Download

 (Off-Topic) Schwarzes Loch - Astronomen prĂ€sentieren Bild vom Zentrum unserer Galaxie | Spieldauer 7 Minuten | ARD/BR | Stream & Info | Direkter Download

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6 Kommentare:

  1. Ach du liebes Bisschen, die Aussage vom BR ist wirklich sowas von grob falsch! Danke fĂŒr deinen kritischen Blog!

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  2. Das diokletianische Höchstpreisedikt ist wirtschaftspolitisch schlussendlich in die Hose gegangen, aber wenigstens ist es fĂŒr uns heute eine hervorragende historische Quelle :-)
    Dass die Obstbaumzucht die Antike im Westreich ĂŒberlebt hat, verdanken wir vor allem dem christlichen Mönchtum. Schon in den frĂŒhen Klöstern der SpĂ€tantike hat es geschickte und fleißige GĂ€rtner gegeben.
    Schönen Feiertag!

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  3. Die MĂŒnzverschlechterung ging, glaube ich, schon im 1. Jh los.

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    1. Ja, mindestens schon unter Nero. Tacitus schreibt wenige Jahrzehnte spĂ€ter in seiner "Germania", dass die Germanen nur die alten römischen SilbermĂŒnzen annehmen wollen.

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  4. Die Schwierigkeit der Datierung germanischer Funde anhand von MĂŒnzen war mir so gar nicht bewusst.

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    1. Im Grab des frĂ€nkischen Königs Childerich I. hat man als Charonspfennig einen Denar der Römischen Republik deponiert. Die MĂŒnze war zu diesem Zeitpunkt bereits rund ein halbes Jahrtausend lang im Umlauf.

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