Dienstag, 19. November 2019

Krimskrams: Der Münzschatz von Ellwangen und seine 'undankbaren' Nutznießer -- Nachtrag zu den römischen Pfannenbroten

Der Münzschatz von Ellwangen und seine 'undankbaren' Nutznießer 

Bezugnehmend auf diesen Zeitungsartikel mit dem Titel "Daniel muss Eintritt für seinen Schatz zahlen" schreibt der Leiter des Alamannenmuseums Ellwangen folgendes auf Facebook (orange markiert ist der Kommentar, der restliche Text ist der zitierte Zeitungsartikel) :


Mitleid muss man mit dem Betroffenen keines haben, aber ein bisschen mitzudenken würde auch nicht schaden. Dann stellt sich nämlich die Frage, welche weitreichenden Konsequenzen sich aus dem unversöhnlichen Verhalten von Staat und Museum ergeben. Denn dergleichen hat Signalwirkung für Personen in einer ähnlichen Situation. Will heißen: Wenn man einen Fund unterschlägt, dann lieber gleich konsequent; Reue im Nachhinein lohnt sich ja offensichtlich nicht. 
Getrost darf man also daran zweifeln, dass der Denkmalschutz von der oben beschriebenen Vorgehensweise profitiert. Auch für das Museum ist das leider keine gute PR, denn die Akzeptanz für das Einkassieren von Funden mittels Schatzregal - ohne den Finder vollwertig zu entschädigen, wie es z.B. im vereinigten Königreich im Rahmen des Treasure Acts üblich ist - ist auch so schon bei sehr vielen Bürgern enden wollend. Was wiederum bedeutet, dass die Meldefreudigkeit und generell die Lust auf Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen zurückgehen wird. Dies kann dazu führen, dass wissenschaftlich tatsächlich wertvolle Funde - der Münzschatz von Ellwangen ist da weniger interessant - für immer in dunklen Kanälen verschwinden; aber um das zu erkennen, wäre ein gewisser Weitblick vonnöten, den viele Denkmalpfleger sträflich vermissen lassen. Köstlich in diesem Zusammenhang ist Wikipedia. Dort heißt es:

Nach Einschätzung des Landesamtes für Denkmalpflege Baden-Württemberg handelt es sich um einen der größten Münzschatzfunde des Spätmittelalters in diesem Bundesland, so dass ihm eine besondere wissenschaftliche Bedeutung zukomme.

Diese Aussage ist in ihrer Dummheit schwerlich zu überbieten; als ob sich die wissenschaftliche Bedeutung eines Fundes alleine an der Menge der Münzen festmachen ließe. Warum man dergleichen trotzdem behauptet ist freilich nicht schwer zu erraten: Funde, die er als wissenschaftlich bedeutend deklariert, kann der Staat mittels Schatzregal beschlagnahmen. So kommt es, dass gerade Schätze mit hohem finanziellen Wert nahezu automatisch auch als wissenschaftlich wertvoll eingestuft werden. Dieses Vorgehen ist zwar hochgradig unmoralisch, allerdings heiligt der Zweck offenbar die Mittel. Vor allem aber wird hier seitens des Staates irrtümlich vorausgesetzt, der Finder wäre immer ein Idealist oder ziemlich dumm - denn andernfalls würde er den Fund im Angesicht der Gesetzeslage sicher nicht melden. Und genau darauf läuft es leider oft genug hinaus.

Übrigens, die im Zusammenhang mit diesem Fall zerdrückten Krokodilstränen über den Befundverlust aufgrund der undokumentierten Bergung durch den Metallsucher, kann ich gerade bei einem Münzhort nicht so ganz ernst nehmen. Das Argument wirkt hier aufgeblasen und soll wohl den eigenen Standpunkt gegenüber der Öffentlichkeit - die wie gesagt für institutionalisierten staatlichen Undank wenig übrig hat - schmackhafter machen. Denn letztendlich profitiert das Museum wesentlich mehr vom Fund an sich, als dass der hier sicher nicht sehr große Befundverlust wissenschaftlich ins Gewicht fallen würde. Entsprechend ist das Alamannenmusum Ellwangen gerade fleißig damit beschäftigt, den Münzschatz in Form einer Sonderausstellung zu monetarisieren. Man könnte sagen, etwas Besseres als die illegale Aktion des Metallsuchers - in Kombination mit seiner etwas verzögerten Reue - hätte dem kleinen und finanziell weniger gut dastehenden Museum gar nicht passieren können. Aber das wird Herr Gut wahrscheinlich genauso wenig zugeben wie der Kollege Harald Meller im Falle seiner ebenfalls von Metallsuchern entdeckten Himmelsscheibe.

Hier noch ein aktuelles Video zum Münzschatz von Ellwangen, in dem die Ansichten der Vertreter des Staates perpetuiert werden.

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Nachtrag zu den römischen Pfannenbroten

Diese kinderleicht zu machenden römischen Pfannenbrote, deren Rezept ich hier vor ein paar Tagen vorgestellt habe, avancieren bei mir gerade zu einem Dauerbrenner. Man kann die Dinger ja mit allem möglichen füllen, zuletzt haben wir es mit Paprika, Zwiebeln und Faschiertem (Hackfleisch) probiert. Auch in Kombination mit gebratenem Hühnerfleisch, Salatblättern und einer Grillsauce schmecken sie sehr gut. Demnächst werde ich eine historisch authentischere Füllung ausprobieren - und zwar die in den "Lucanicae"-Würsten verarbeitete Fleischmasse.

Man kann die Brote, eingewickelt in Alufolie, problemlos ein paar Tage im Kühlschrank lagern (und wohl auch einfrieren). Sie werden dabei zwar weich, können aber leicht reanimiert werden, indem man sie noch einmal unter Zusatz einer großzügigen Menge Olivenöl in einer Pfanne knusprig anbrät. Eine wirklich tolle Sache!

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11 Kommentare:

  1. Treffende Analyse!


    Dass dieser Schatz wissenschaftlich wichtig ist, glauben die doch selber nicht. Da gehts nur ums Geld, den Besucher einbringen, die den ollen Münzenhaufen sehen wollen. Zum Vergleich:
    Wissenschaftlich wirklich bedeutend ist in den letzten 20 Jahren z.b. die Entdeckung der Himmelsscheibe von Nebra gewesen. Oder das Harzhornschlachtfeld.

    Karl0

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  2. Es wird wohl Zeit, die Pfannenbrote auch einmal selbst auszuprobieren.
    :-)

    Guinevere

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  3. Hast du gewusst, dass der Schatz nicht fotografiert werden darf, weil das Landesamt für Denkmalpflege das so vorgeschrieben hat?
    Das muss man sich einmal vorstellen, der Staat untersagt dem Staatsvolk, Fotos der vom Staatsvpolk finanzierten Archäologie zu machen. Das ist schäbig, finde ich.
    LG
    Bernd G.

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    1. Verständlich wäre ein Blitzlicht-Verbot um auch andere Funde im selben Raum zu schützen, aber ein generelles Fotografie-Verbot in einem staatlichen Museum ist in der Tat "schäbig".
      Ich persönlich besuche keine Museen, in denen ich keine Fotos machen darf.

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  4. In dem Thread auf FB ist mal wieder die Betonschädelfraktion unter den Archäologieverstehern voll in ihrem Element. Zu einem differenzierten Denken sind die gar nicht fähig. Das sieht man an den Reaktionen auf vorsichtig kritische Kommentare.
    Ich verstehe diese Leute nicht. Die befürworten Gesetze, die etliche Finder dazu treiben, ihre archäologischen Funde nicht zu melden, sondern auf dem Schwarzmarkt zu verkloppen oder sich zuhause ins Regal zu stellen.

    Der Wanderschmied

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    1. Die Mehrheit der Denkmalschützer findet diese Gesetze sinnvoll und die werden schon wissen warum. Schließlich ist das ihr Beruf.

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    2. Mehrheit ist ausschließlich ein quantitatives Maß, es besteht hier keine zwangsläufige Verbindung zu qualitativen Maßen wie z.B. Wahrheit oder Faktentreue.
      Der Hinweis auf eine angebliche Mehrheit taugt nicht als Argument, vielmehr ist es ein Logik-Fehlschluss - Stichwort "argumentum ad populum"

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  5. Mich würde einmal interessieren, wie hoch die Zahl der gemeldeten Funde in den jeweiligen Bundesländern ist, um zu sehen, ob die z.T. recht unterschiedliche Gesetzgebung hier Auswirkungen hat. In Ländern mit einem "faireren" Schatzregal, müssten doch signifikant mehr Funde gemeldet werden, oder?

    Grüße
    Ulrich

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    1. Dazu müssten die Zahlen alle öffentlich zugänglich sein, davon ist mir persönlich allerdings nichts bekannt. Ein Vergleich mit Bayern wäre interessant, wo es als einzigem Bundesland kein Schatzregal gibt.
      Auch sind andere Faktoren zu bedenken, z.B. inwieweit Sondengehen in einem bestimmten Bundesland legal ist. Auch das wirkt sich auf die Meldefreudigkeit aus; das lässt sich an dem Vergleich zwischen Österreich und Wales ablesen: https://4.bp.blogspot.com/-OapJnRTmmIk/Vxg8nTjD7kI/AAAAAAAAFzc/b_p8tmMVksQ4NcMxUM7s_MR7HNqqn_jDACLcB/s1600/Fundmeldungen-Statistik.jpg

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    2. Sondengehen ist ohne Lizenz in Deutschland verboten und zwar aus gutem Grund. Wer eine Lizenz beantragt bekommt zum einen einen Bereich zugewiesen in dem er Arbeiten darf und zum anderen lernt er den korrekten Umgang mit Funden. Ich habe schon während meines Studiums mit mehreren legalen Sondengängern zu tun gehabt. Denen geht es um Erkenntnisgewinn und nicht um Reichtum und sie sind eine wichtige Stütze der Denkmalpflege. Typen wie der Finder des Münzschatzes von Ellwangen hingegen sind Kriminelle und sollten auch so behandelt werden.
      Da hier ja bereits in anderen Kommentaren die Himmelscheibe erwähnt wurde. Sie ist ein sehr gutes Beispiel für den verheerenden Schaden den Raubgräber anrichten. Durch die unsachliche Bergung ist das Wissen um die Bedeutung und die zeitliche Stellung des Fundes stark beeinträchtigt, um es mal positiv zu formulieren.

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    3. "Sondengehen ist ohne Lizenz in Deutschland verboten und zwar aus gutem Grund. Wer eine Lizenz beantragt bekommt zum einen einen Bereich zugewiesen in dem er Arbeiten darf und zum anderen lernt er den korrekten Umgang mit Funden."

      Das ist so nicht ganz korrekt, denn in Bayern ist keine explizite Erlaubnis staatlicher Stellen nötig. Das Suchen ist zwar auch dort nicht auf jeder Fläche gestattet, doch die Freiräume sind immer noch wesentlich größer als in anderen deutschen Bundesländern.
      Da stellt sich die Frage: Sind die liberalen Bayern dümmer als Restdeutschland? Man selbst sieht es offenbar nicht so.

      "Ich habe schon während meines Studiums mit mehreren legalen Sondengängern zu tun gehabt. Denen geht es um Erkenntnisgewinn und nicht um Reichtum und sie sind eine wichtige Stütze der Denkmalpflege. Typen wie der Finder des Münzschatzes von Ellwangen hingegen sind Kriminelle und sollten auch so behandelt werden."
      Da hier ja bereits in anderen Kommentaren die Himmelscheibe erwähnt wurde. Sie ist ein sehr gutes Beispiel für den verheerenden Schaden den Raubgräber anrichten. "


      Der Begriff "Raubgrabung" existiert jurisitsch nicht, sondern ist ein Dysphemismus bzw. ein interessengeleiteter, unsachlicher Kampfbegriff.
      Je nach lokaler Denkmalschutzgesetzgebung handelt es sich vielmehr um das Aufsuchen archäologischer Gegenstände durch Unbefugte, gegebenenfalls in Kombination mit einer Fundunterschlagung. Dies stellt auch kein "Verbrechen" (=schwere Straftat wie Raub oder Mord) dar, sondern es handelt sich um eine Übertretung des Verwaltungsrechts, dem der Denkmalschutz zugeordnet wird.

      Das angesprochene Einbinden von Metallsuchern in den Denkmalschutz ist in Deutschland eine halbe Sache (in Österreich nicht einmal das). Grundvoraussetzung wäre eine volle finanzielle Entschädigung - wie etwa im Treasure Act (unter Berücksichtigung der Hadrianischen Teilung). Ziel dieser Maßnahmen ist das präventive Verhindern von Fundunterschlagungen.
      Wer hingegen meint, bloß mit einer Verbots- und Regulierungspolitik würde man der Problematik Herr werden, der werfe einen Blick auf die rigide Drogengesetzgebung und deren "Erfolge" in den letzten 50 Jahren.

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