Mittwoch, 5. Februar 2020

📖 Buch: Krieg um Troja

Außerhomerische Quelle zum Troja-Mythos

Homers Werke 'Ilias' und 'Odyssee' sind nicht die einzigen Quellen zum berühmten antiken Mythos rund um die Belagerung und Zerstörung der kleinasiatischen Stadt Troja. Im Gegenteil: Besonders im Mittelalter und der frühen Neuzeit griff man gerne auf Alternativen wie die Troja-Romane der beiden Autoren Diktys Cretensis und Dares Phrygius zurück.
Diktys soll Augenzeuge des Trojanischen Krieges gewesen sein. Sein 'Bericht' wurde - so lautet zumindest die Überlieferung - in einem Grab zur Zeit Kaiser Neros entdeckt, wo er auf Lindenbast geschrieben in einem Zinnkästchen die Jahrhunderte überdauert hatte. Die Forschung geht allerdings davon aus, dass der Autor erst in der römischen Kaiserzeit lebte.
Dares wiederum war angeblich ebenfalls Zeitgenosse des Krieges und soll dementsprechend seine Troja-Erzählung noch vor Homer verfasst haben. Doch auch er, meint zumindest die moderne Forschung, habe eher zur Zeit der römischen Cäsaren gelebt.

Hinsichtlich der Herangehensweise unterscheidet sich Homer von Diktys und Dares vor allem dadurch, dass die beiden Letzteren den Einfluss der Götter auf das Kriegsgeschehen massiv zurückschrauben. Vor allem Dares versucht den Trojanischen Krieg, der bei ihm ein rein menschlicher ist, zu rationalisieren. Interessanterweise gab es ja schon in der Antike kritische Stimmen, welche die Mitwirkung von Göttern am Trojanischen Krieg als 'Fantasy' kritisierten. Die Behauptung, der antike Mensch hätte die Erzählungen von Homer für bare Münze genommen, triff in seiner Pauschalität daher sicher nicht zu. Möglicherweise sind die Werke von Diktys und Dares sogar eine Reaktion auf diese Kritik. Um Tatsachenberichte handelt es sich hierbei freilich trotzdem nicht.

Die vorliegende Ausgabe ist in einem modernen, angenehm zu lesenden Deutsch geschrieben und stammt vom fleißigen Übersetzer Kai Brodersen (siehe hier mein Interview mit ihm). Der Text ist zweisprachig; hauptsächlich lateinisch-deutsch, in kleinerem Umfang auch griechisch-deutsch, da einige Textfragmente nur auf Griechisch überliefert sind.
Das Buch enthält ein Register mit wichtigen Namen, ein umfangreiches Literaturverzeichnis (mir wäre ein umfangreiches Register lieber gewesen) aber keine Fuß- bzw. Endnoten mit Anmerkungen, wie man es von den meisten Reclam-Übersetzungen her kennt. Der Kaufpreis beträgt nicht ganz günstige 60 Euro.

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6 Kommentare:

  1. Es ist ja eigentlich kaum glaubhaft, dass vom in der Bronzezeit angesiedelten und weit verbreiteten Troia-Mythos keine ähnlich alten Erzählungen existieren sollen wie die von Homer. Ich könnte mir deshalb vorstellen, dass Dares und Diktys noch Zugriff auch auf andere alte Quellen hatten.
    Grüße,
    Gerhard

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    1. Die Möglichkeit besteht auf jeden Fall. Denn dass nur Homer den angeblich schon lange vorher in unterschiedlichen Variationen mündlich überlieferten Troja-Mythos verschriftlicht haben soll, ist keine in Stein gemeißelte Tatsache. Insgesamt scheinen die Texte von Diktys und Dares jedoch zu belegen, dass Homer ihre Quelle war.

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    2. Ich hätte da mal eine Frage, die nicht 100%ig zum Thema passt: Gibt es (populär-) wissenschaftliche Literatur, die die Zeit um den Trojakrieg für den Balkan bis Mitteleuropa abdeckt? Ich lese immer nur "Der Fernhandel brach zusammen", kann mir aber nicht erschließen, ob die "Seevölker"-/ "Luwier"-Kriege die Folge oder der Anlass für den Zusammenbruch waren. M.E.n. war z.B. die Schlacht an der Tollense ein gigantischer Raubüberfall auf eine große Händlerkarawne - und wenn es nicht sehr viele Händler gab... Auch sollen ja Dörfer zwischen Donau und Bodensee in dieser Zeit befestigt worden sein (Quelle: Videoinstallation des Federseemuseums...)

      Grüße, irgendwer

      (PS:Dein Artikel zur Sicherheit der Straßen in Rom hat meinem Affen gerade extra Zucker gegeben...)

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    3. Eine allgemeine Abhandlung dazu ist mir leider nicht bekannt. Höchstens das Buch "1177 v.Chr.: Der erste Untergang der Zivilisation" (von Eric H. Cline) kommt dem ein wenig nahe. Allerdings steht dabei der östliche Mittelmeerraum im Zentrum.

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  2. Fußen denn diese Darstellungen im Großen und Ganzen auf Homer (minus göttliche Interventionen) oder gibt es da in den Texte auch Sondergut, das aus anderen Quellen stammen muss?

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    1. Meiner Einschätzung nach ist das mehrheitlich mit Homer identisch. Ob der Rest aus anderen Quellen stammt, oder ob sich die Autoren das komplett selbst ausgedacht haben, vermag ich nicht einzuschätzen. Wobei das grundsätzlich schwierig sein dürfte.

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