Freitag, 4. September 2020

Krimskrams: Die Himmelsscheibe von Nebra, die DGUF und ein archäologisches Würstchen, das einen auf dicke Salami macht

Die Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte (DGUF) meldet auf Twitter unter Berufung auf eine relativ aktuelle Arbeit, dass die Himmelsscheibe von Nebra möglicherweise nicht bronzezeitlich, sondern eisenzeitlich ist. Das wäre - sollte es zutreffen - durchaus eine Sensation, haben doch etliche Fachleute gewaltige Phantasien Theorien rund um die Annahme aufgebaut (siehe auch hier), die Scheibe sei bronzezeitlich. 

Wie kommentiert nun ein Archäologe diese spannende Meldung? Nun, er ignoriert den wissenschaftlichen Aspekt völlig; stattdessen pluster er sich auf und bekrittelt, dass die Arbeit auch ein Foto enthält, welches von einer Frau stammt, die in den mittlerweile zwei Jahrzehnte zurückliegenden Kriminalfall rund um die Himmelsscheibe verwickelt war. So als ob das im Kontext der Forschungsergebnisse von Bedeutung wäre.

Quelle: Twitter.com

Hierbei handelt es sich um die selbstgerechte und provokative Stichelei eines Fundamentalisten der archäologischen Betonschädel-Fraktion, der selbst bisher nicht mit überragenden Publikationen glänzen konnte. Was aber nicht seinen hohen moralischen Ansprüchen gerecht wird, hat gefälligst ignoriert zu werden. Gegenüber den Autoren der Arbeit - Rupert Gebhard und Rüdiger Krause - ist das außerordentlich unfair, um nicht zu sagen unverschämt. 

Es ist freilich interessant zu wissen, dass dieses wissenschaftliche Würstchen ein sogenannter 'Skeptiker' und vor allem ein passionierter Twitter-Sprücheklopfer ist, der auf der besagten Plattform einen Obskurantenzirkel aus ähnlich gepolten Gesinnungsgenossen um sich geschart hat. 
Dass gerade er sich nun hier zum Moralapostel aufschwingt ist aus meiner Sicht insofern kurios, weil er in der Vergangenheit auf seiner Website ein halblustiges Foto veröffentlicht hat, das man nicht nur meiner Meinung nach als Aufruf zu Gewalt gegen politisch Andersdenkende interpretieren konnte. Nachdem ihn eine meiner Leserinnen - die selbst Archäologin ist - darauf hingewiesen hat, löschte er den entsprechenden Eintrag wieder. 
Außerdem wollte er mir und einem weltweit anerkannten Experimentalarchäologen eine Affinität zu Erich von Dänikens schrulliger Prä-Astronautik andichten. In meinem Fall vermutlich nicht zuletzt deshalb, weil er wegen einem Text beleidigt gewesen sein dürfte, in dem ich den auch von ihm betriebenen Politaktivismus im Mäntelchen der Geschichtsforschung kritisiert habe. Auch diese auf mich abgefeuerten Tweets hat er, nachdem er Gegenwind erfahren hatte, wieder gelöscht.

Dieser sich gerne als Internet-Schmiergriffel gerierende Herr postet offensichtlich schneller als er denkt. In meinen Augen ist er aber eine hervorragendes Exempel dafür, was grundsätzlich mit den Geisteswissenschaften falsch läuft. Oder um einen probaten Begriff des Militärhistorikers Marcus Junkelmann zu verwenden: "Akademischer Schrott".

Abschließend meine Bitte an die Leser dieses Blogs: Behelligt den Herrn nicht. Er soll in seiner Ideologie-Klapsmühle bei Twitter ungestört rotieren, bis ans Ende aller Zeiten. Auf ernsthafte Diskussionen außerhalb seiner 280-Zeichen-Blase lässt er sich laut eigenem Bekunden ohnehin nicht ein. Er weiß ganz genau, dass er den Kürzeren ziehen würde.

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15 Kommentare:

  1. "ein archäologisches Würstchen, das einen auf dicke Salami macht"
    :-)
    Wunderbar und absolut treffend formuliert! Schön, dass du wieder da bist!

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    1. Ja, der war wirklich gut! :D

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    2. Dankeschön, allerdings habe ich diese Formulierung größtenteils plagiiert :)

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    3. Abgekupfert oder nicht, lieber Hilti, aber ich mag deine bissige Herangehensweise. Das kenne ich sonst nur von Blogs, die sich mit Tagespolitik auseinandersetzen. Schön, dass sich jemand in ähnlicher Weise auch mit dem Geschichtssektor befasst. Deshalb empfehle ich dich in meinem Bekanntenkreise (Mittelalterszene) seit einigen Jahren gerne weiter.

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    4. Der Vergleich ist insofern nicht ganz verkehrt, weil es sich bei den Personen, die hier im Blog kritisiert werden, oft um verkappte Politaktivisten handelt, die nicht zwischen objektiver Wissenschaft und ihren subjektiven politischen Ansichten trennen wollen.
      Und danke fürs Lob!

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  2. Zumindest das Landesmuseum für Vorgeschichte (Sachsen-Anhalt) hat sich wissenschaftlich zum Thema geäußert:

    https://www.lda-lsa.de/aktuelles/meldung/datum/2020/09/03/himmelsscheibe_von_nebra_eisenzeitlich_eine_richtigstellung/

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  3. Die Datierung der Scheibe ist ja von Anfang an unter Kritik gestanden, aber irgendwann haben sich ein paar "Autoritäten" auf die Bronzezeit festgelegt. Je älter, umso interessanter und prestigeträchtiger ist sie auch, wird man sich mit Blick auf die Vermarktung gedacht haben.
    Nachdem sich einige dieser "Experten" außerdem schon früh auf die Bronzezeit festgelegt haben, konnten sie gar nicht mehr zurück, ohne Schaden an ihrer Reputation hinnehmen zu müssen. Man darf bei so etwas nie den Faktor Eitelkeit unterschätzen.

    C3PO

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  4. Diese Kritik an dem Bild ist angesichts der großen Bedeutung der Forschungsergebnisse schon ziemlich kleinkariert!
    Die "Hehlerin" war keine Berufskriminelle, sondern eine naive Erst- und Einmaltäterin, die ihre Strafe vor vielen Jahren erhalten hat und inzwischen eine erfolgreiche Romanautorin ist.

    LG,
    Erwin

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  5. So richtig rund wird die "Neudatierung" der Himmelsscheibe sicher erst mit dem "Goldfund von Bernstorf"...

    Aber eine eisenzeitliche Fundstelle würde mich dann schon auch interessieren, gerade im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch der keltischen Kultur unter dem Druck germanischer Raubzüge.

    Nur... Zur kulturgeschichtlichen Einordnung fallen mir gleich H. Illig ein - und A. Haeussler (der auch noch aus Halle...). Haeussler hat es fertiggebracht, dass ich Archäologen mit großer Vorsicht begegne, seit ich so eine Art Verteidigung der kulturgeschichtlichen Entwicklung der Indogermanen "aus sich heraus" gelesen hatte - zu einer Zeit, in der die großflächige Auslöschung der bestehenden väterlichen DNA-Linien aus dem Pontokaspis schon handgreiflich war.

    Mal sehen, ob Krause und Gebhardt plausibel sind oder doch eher nur die Verteidigungsstrategie der Hehler-Rechtsanwälte aupusten..

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    1. "Auslöschung der bestehenden väterlichen DNA-Linien *durch Invasoren* aus dem Pontokaspis" und "aufpusten"...

      Zeit fürs Wochenende!

      Was ich hiermit dir, Richard, und allen Lesern wünsche!

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    2. "Aber eine eisenzeitliche Fundstelle würde mich dann schon auch interessieren, gerade im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch der keltischen Kultur unter dem Druck germanischer Raubzüge."

      Gerade ein Hortfund würde bei so einem Szenario sehr gut passen, wobei hier die beiden Schwerter manch Rätsel aufgeben (bin allerdings mit der Gemengelage am Fundort zur betreffenden Zeit nicht vertraut).

      Wünsche ebenfalls ein schönes Wochenende!

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  6. Das mit der neuen Datierung stimmt alles nicht, behauptet zumindest Harald Meller.

    https://www.mdr.de/sachsen-anhalt/halle/burgenland/forscher-zweifeln-alter-der-himmelsscheibe-an-100.html

    Dabei wird ihm auch vorgeworfen, wissenschaftlich nicht ausführlich genug publiziert zu haben. Wenn das stimmt, dann würde er gut zu Campus Galli passen. Vielleicht braucht man dort noch einen Historiker? ;-)

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    1. Wenn Herr Meller das alles ganz einfach widerlegen kann, wie er selbst behauptet, dann bin ich schon gespannt, was dabei herauskommt. Einige Leute glauben ja, diese neue wissenschaftliche Arbeit über die Himmelsscheibe von Nebra ist auch eine Retourkutsche für Mellers Rolle im Fall des Goldhorts von Bernstorf.

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  7. Ach der schon wieder. Dem ist der Staub beim Buddeln wahrscheinlich durch die Nase ins Hirn gestiegen.... Ich muss mir nur seinen Avatar und seine Follower ansehen, dann ist sofort klar, wie der (Zitat) "gepolt" ist. Dem steht das virtue singalling quasi ins Gesicht geschrieben. Der ist in der Tat der Inbegriff von all dem, was im Wissenschaftsbetrieb falsch läuft.

    Der Wanderschmied

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  8. Wenn sie ein Gesetz gehabt hätten, dass die zwei Finder nicht kriminalisiert, sondern sie finanziell entschädigt hätte, dann wären die Scheibe und die Beifunde auch beim Denkmalamt gemeldet worden .

    Zum Autor Rupert Gebhard möchte ich noch sagen, dass der eine üble Rolle im Fall des Barbarenschatz-Prozess gehabt hat. https://dsu-online.de/musketenkugeln-fuer-125-00000-euro

    Diese Mischpoke soll sich nur gegenseitig die Glaubwürdikeit untergraben und anstänkern. Da ist keiner besser als der andere.

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