Während das Blog pausiert hat, machte mich jemand auf eine archäologische Ausgrabung aufmerksam, die man über mehrere Wochen in der steirischen Gemeinde Dobl (Dobl-Zwaring) durchführte. Das betreffende Gebiet ist mir seit meiner frühesten Kindheit recht gut bekannt und so habe ich mir die ganze Sache am 26. Juli genauer angesehen. Der dienstälteste Archäologe vor Ort war so freundlich, mich ausführlich über den Stand der Dinge zu unterrichten.
Das große X markiert ungefähr die aktuelle archäologische Grabungsfläche neben der Südautobahn (A2); gefunden wurden dort u.a. Spuren neolithischer (jungsteinzeitlicher) Gebäude. Das kleine X wiederum markiert das Gebiet auf dem gegenüberliegenden Hang, in dessen Bereich mir vor einigen Jahren römische Lesefunde in Form von Keramikbruchstücken untergekommen sind. Ich vermute dort einen ehemaligen landwirtschaftlichen Betrieb (siehe meine Blogbeiträge dazu: 1, 2, 3, 4). Dieses Beispiel in Dobl zeigt sehr schön, dass ein gut gelegener, fruchtbarer Siedlungsplatz die Menschen über Jahrtausende hinweg immer wieder aufs Neue angezogen hat. So eine Lage auf ca halber Hanghöhe war - unabhängig von der Zeitstellung - als Siedlungsplatz recht beliebt. Denn einerseits war man dort bereits vor Überschwemmungen sicher, andererseits trat in diesen Bereichen das von weiter oben einsickernde Grundwasser bereits stellenweise aus oder war zumindest ohne viel Aufwand anzapfbar; will heißen, man musste keinen allzu tiefen Brunnen graben (Grundwasser wurde Fließgewässern wegen seiner meist größerer Reinheit vorgezogen). Am Grund eines solchen von einem Bach durchflossenen kleinen Tals haben die Menschen üblicherweise ihre Vieh geweidet, da die Wiesen dort aufgrund des großen Wasserangebots sehr saftig waren. Besonders die alten Getreidesorten mochten diese Feuchtigkeit allerdings nicht, weshalb man diese lieber in höherer Hanglage anbaute. | Quelle: Google Maps
Der Hang mit dem Bereich der archäologischen Grabung. Bald wird dort die Energie Steiermark AG die Wiese mir Photovoltaik-Paneelen zupflastern; man kann ja offenbar nie genug Zappelstrom haben 😒. Immerhin will man die Paneele auf den in den Erdboden gerammten U-Profilen so hoch montieren, dass darunter eine Weidewirtschaft mit Schafen erfolgen kann. Naja, es hätte schlimmer kommen können, etwa wenn man dort Windturbinen/Vogelschredder errichten würde. Aber dazu weht vor Ort glücklicherweise zu wenig Wind. | Keine Rechte vorbehalten, doch um die Nennung der Quelle wird gebeten: Hiltibold.blogspot.com
Das geputzte/geglättete Planum (archäologische Grabungsfläche), welches die Voraussetzung dafür ist, um menschgemachte Strukturen erkennen zu können Die ausgedehnten dunklen Verfärbungen sind hier freilich darauf zurückzuführen, dass diese Bereiche mit Kunststoffplanen - zwecks Schutz vor der Witterung - abgedeckt waren. Die Verfärbungen sind also im vorliegenden Ausmaß nicht auf die vom jungsteinzeitlichen Menschen veränderte Bodenbeschaffenheit zurückzuführen. Trotzdem haben sich Gruben und Pfostenlöcher in diesen Bereichen für die Archäologen schon davor leicht dunkel vom umgebenden Erdreich abgezeichnet. | Keine Rechte vorbehalten, doch um die Nennung der Quelle wird gebeten: Hiltibold.blogspot.com
Pfostenlöcher und Gruben. Erstere waren ursprünglich Teil von Holzgebäuden. Die vorgesehene C14-Datierung soll Klarheit hinsichtlich des genaueren Alters der Siedlung bringen. Man vermutet aber zum jetzigen Zeitpunkt aufgrund von Kleinfunden wie Keramik, dass die Bauten um 3500 v. Chr. errichtet wurden. Also ungefähr zur Zeit als Ötzi über die Alpen gewandert ist. Damit bewegt man sich in der letzten Phase der Jungsteinzeit, die Kupfersteinzeit ("Chalkolithikum") genannt wird. | Keine Rechte vorbehalten, doch um die Nennung der Quelle wird gebeten: Hiltibold.blogspot.com
Mehr jungsteinzeitliche Gruben und Pfostenlöcher. Wenn es schon im Schatten rund 30 °C hat, dann ist das Arbeiten in der prallen Sonne erst recht kein Zuckerschlecken für die Archäologen. | Keine Rechte vorbehalten, doch um die Nennung der Quelle wird gebeten: Hiltibold.blogspot.com
😉
Übrigens, während die Ausgrabung in Dobl stattgefunden hat, wurde auch in der nicht allzu weit entfernten ehemaligen Römerstadt Flavia Solva archäologisch gearbeitet. Allerdings ist dort die Grabungsstelle während den Nachtstunden allem Anschein nach von Sondengehern besucht worden.
Ich habe dem in Dobl tätigen Archäologen erzählt, dass ich auch in der Nähe seines derzeitigen Grabungsplatzes in der Vergangenheit schon Metallsucher mit ihren Suchgeräten herumlaufen gesehen habe. Woraufhin er mir schmunzelnd erklärte, dass sie bei einer steinzeitlichen Siedlung aber nicht viel Glück haben werden 😄. Außerdem würde das in Österreich geltende Denkmalschutzgesetz die Zusammenarbeit zwischen Metallsuchern und Archäologen leider sehr erschwert; die Engländer würden es mit ihren Gesetzen ("Treasure Act") viel besser machen. Und die im neuerdings "reformierten" österreichischen Denkmalschutzgesetz vorgesehene Aufbewahrungspflicht sei sogar besonders kontraproduktiv, da sie Bauherren dazu treibe, Dinge einfach wegzubaggern, um sich Kosten zu ersparen. Ganz meine Meinung, die ich im Blog ja schon mehrfach zum Ausdruck brachte - etwa hier, als ich das Bundesdenkmalamt und seinen Leiter für ihre Unfähigkeit kritisiert habe.
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Wenn es die Kupfersteinzeit ist, finden Sondengänger dann nicht vielleicht doch etwas?
AntwortenLöschenGero
Die Steinzeit ist nicht mein Spezialgebiet, aber ich kann mir nicht recht vorstellen, dass bei einer aufgelassenen kupfersteinzeitlichen Siedlung wie dieser die Wahrscheinlichkeit für Metallartefakte groß ist - das Material Kupfer war damals ja noch nicht massenhaft verfügbar.
LöschenVielleicht ist bei Bestattungsplätzen die Wahrscheinlichkeit höher, aber da habe ich hinsichtlich der Gebräuche im Kontext der Zeit und der Gegend leider keinen Schimmer.