Im oberschwäbischen Meßkirch hat man es sich bekanntlich zum Ziel gesetzt - "mit den Handwerksmethoden des Mittelalters" - ein karolingisches Kloster zu errichten. In diesem Zusammenhang wurde nun eine Jahreschronik veröffentlicht, deren Inhalt im Vorwort wie folgt charakterisiert wird:
"Hier wird Geschichte in zweierlei Maß lebendig vermittelt: Zum einen sollen sich die Leser mit Hilfe anschaulicher Beiträge über die Geschichte der Klosterstadt informieren können. Zum anderen haben sie die Möglichkeit, den Baufortschritt zu verfolgen [...]."
Bedauerlicherweise wird man diesem Anspruch nur zum Teil gerecht. Die von den ehrenamtlich tätigen Autoren beigesteuerten Beiträge sind zwar durch die Bank lesenswert - dem eigentliche Bauvorhaben wird jedoch kaum Platz eingeräumt. Stattdessen behandelt man hauptsächlich Fragestellungen, die nur im weitesten Sinn etwas mit der der geplanten Klosterstadt zu tun haben; etwa, wie der dem Projekt zugrunde liegende St. Galler Klosterplan entstand oder wie die Menschen des 9. Jahrhunderts ihre Speisen zubereiteten. Jene, die sich hier einen umfangreichen Einblick in den gegenwärtigen Baubetrieb erwarten, dürften demnach enttäuscht sein.
Auch die Bebilderung ist in Summe wenig befriedigend: Da Architekturzeichnungen und aussagekräftige 3D-Modelle der geplanten Gebäude völlig fehlen, ist es dem Leser nicht möglich, sich eine konkrete Vorstellung davon zu machen, wie dieses Projekt in einigen Jahren aussehen wird. Besonders schwer wiegt überdies, dass sich selbst von den bereits errichteten Handwerker-Unterständen kein einziges Foto findet! Wie man im Angesicht solcher Auslassungen "den Baufortschritt verfolgen" können soll, bleibt rätselhaft.
Der totale Mangel an einschlägigem Fotografien, ist übrigens rasch erklärt: Zum Zeitpunkt der Drucklegung waren die bisher errichteten Bauten schlicht und ergreifend noch gar nicht fertiggestellt. Getrost kann es deshalb als Schildbürgerstreich bezeichnen werden, dass diese "Chronik" bereits zu Saisonbeginn publiziert wurde, anstatt am Ende des Arbeitsjahres.
Auch die Bebilderung ist in Summe wenig befriedigend: Da Architekturzeichnungen und aussagekräftige 3D-Modelle der geplanten Gebäude völlig fehlen, ist es dem Leser nicht möglich, sich eine konkrete Vorstellung davon zu machen, wie dieses Projekt in einigen Jahren aussehen wird. Besonders schwer wiegt überdies, dass sich selbst von den bereits errichteten Handwerker-Unterständen kein einziges Foto findet! Wie man im Angesicht solcher Auslassungen "den Baufortschritt verfolgen" können soll, bleibt rätselhaft.
Der totale Mangel an einschlägigem Fotografien, ist übrigens rasch erklärt: Zum Zeitpunkt der Drucklegung waren die bisher errichteten Bauten schlicht und ergreifend noch gar nicht fertiggestellt. Getrost kann es deshalb als Schildbürgerstreich bezeichnen werden, dass diese "Chronik" bereits zu Saisonbeginn publiziert wurde, anstatt am Ende des Arbeitsjahres.
Fazit: Da hier kaum konkrete Ereignisse des Baubetriebes behandelt werden, ist die Bezeichnung "Chronik" unpassend. Anstatt sich mit der Vita Karls des Großen zu beschäftigen - die jeder Interessierte problemlos "ergoogeln" kann - wäre es beispielsweise sinnvoller gewesen, vermehrt die Mitarbeiter der Klosterstadt zu Wort kommen zu lassen. Denn deren Hoffnungen und Arbeitserfahrungen sind für eine spätere Rückschau von weitaus größerem Interesse, als das Wiederkäuen allgemein zugänglichen Geschichtswissens.
Trotz obiger Mängel, dürfte der nicht vorgebildete Laie aus diesem 82 Seiten dünnen Büchlein die eine oder andere Information entnehmen können, die es ihm erlaubt, ein besseres Verständnis für den Campus Galli zu entwickeln. Deshalb vergebe ich 3 von 5 möglichen Punkten.
Schlussbemerkungen:
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass zwischenzeitlich einige der an diesem Buch mitwirkenden Personen dem Projekt enttäuscht und verärgert den Rücken gekehrt haben.
Außerdem möchte ich mich bei Markus Zwittmeier vom Blog Tribur.de dafür bedanken, dass er mir ein Exemplar dieses Buches zukommen ließ.
Vorwort - Geistestradition und Tourismus für die Region und darüber hinaus - von Dirk Gaerte
Karolingische Köpfe - Karl der Große (748-814) - von Matthias Becher
Reisekönigtum und das Intinerar des karolingischen Hofstaates - von Markus Zwittmeier
Die Entstehung des Klosterplans auf der Reichenau und sein Weg nach St. Gallen - von Ernst Tremp
Eine Baustelle im Nirgendwo. Klostergründung im frühen Mittelalter - von Andreas Sturm
Die Orientierung der Baulinie der Basilika und der Klosterstadt - von Marin Kieß
Karolingisches Mönchtum. Eine Spurensuche im frühen Mittelalter - von Jakobus Kaffanke
Christliche Lebensbilder - Der heilige Meinrad (um 797-861) - von Stefan Blanz
Geschichte hautnah - Die Kleidung der Karolingerzeit - von Andreas Sturm
Handwerksarbeiten im ehemaligen Hotel Löwen in Meßkirch - Nadelbinden, Strangweben, Seile schlagen, Dachschindeln richten - von Andrea Braun-Henle
Die Küche und ihre Ausstattung im frühen Mittelalter - von Andreas Sturm
Kochen wie im frühen Mittelalter - Rübentopf mit Speck
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"Chronik" klingt eben so schön mittelalterlich. Wenn man ein Buch nach seinem Umschlag bewerten darf, haben ausgebildete Gestalter daran mitgearbeitet: das kann sehr viel bringen (siehe die gute Kommunikation des Limeskastell Pohl oder den Katalog für "Römer unterwegs" des LVR) aber auch nur dann, wenn der Inhalt stimmt.
AntwortenLöschenDie Damen und Herren im Förderverein haben wohl zu viel (Steuer-)Geld.
AntwortenLöschenEinerseits bezahlt man den Handwerkern nur den Mindestlohn, andererseits gibt man hochgradig überflüssige und falsch etikettierte Begleitliteratur in Auftrag.
Da kann man nur noch fassungslos den Kopf schütteln.
QX
Nächste Woche bespreche ich hier den "Führer" zum Campus Galli. Im Vergleich dazu, ist diese "Chronik" geradezu ein literarisches Meisterwerk von höchstem Nutzen....
LöschenEine ganz blöde Frage: Was ist denn "Strangweben"? Brettchenweben, Kammweben oder vielleicht eine Art von Flechten? Selbst Google findet dazu nichts.
AntwortenLöschenEine etwas weniger blöde Frage: Es sind drei Artikel von Andreas Sturm im Buch, lohnt es sich wenigstens wegen dieser Artikel, das Buch zu lesen?
Die Artikel sind in Summe durchaus nicht uninteressant. Es kommt aber drauf an, wie groß das Vorwissen ist. Über die Klosterstadt an sich, wird man hier allerdings wenig erfahren.
LöschenWer sich grundsätzlich in das Thema Karolingerzeit einlesen möchte, der ist mit dem zwar nicht mehr in jedem Punkt aktuellen, aber nach wie vor empfehlenswerten Buch "Die Welt der Karolinger" (von Pierre Riché) besser bedient.
Punkto Kammweben, Brettchenweben usw.: da gibts bei Youtube sogar Videos, in denen das vorgeführt wird ;)
Was Brettchenweben und Kammweben ist, weiß ich schon. Aber was bitteschön ist das in dem Artikel "Handwerksarbeiten im ehemaligen Hotel Löwen in Meßkirch" angeblich besprochene "Strangweben"? Ich habe das Buch nicht.
AntwortenLöschen"Strangweben" ist ein Rechtschreibfehler im Buch. Gemeint ist in Wirklichkeit Sprangweben.
LöschenLustigerweise schreiben sie es an einer anderen Stelle noch einmal falsch. Dort heißt es dann "Spangweben".
Da erübrigt sich freilich jeder weitere Kommentar.
Zusatz: Inwieweit die Sprangtechnik überhaupt als "Sprangweben" bezeichnet werden kann, ist eine andere Frage. Denn unter Weben verstehe ich persönlich etwas anderes.
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