Donnerstag, 31. Januar 2013

Etwas zum Hören: Die Geschichte des Papsttums


Beim Deutschlandfunk lief kürzlich eine Sendereihe zur Geschichte des Papsttums. Hier nun die drei Folgen zum "nachhören" (Spieldauer jeweils ca 10 Minuten):

  • Folge 1: Bewusste Stiftung oder Zufall der Geschichte:? Wollte Jesus auf dem Apostel Petrus eine Kirche gründen?  Klick mich
  • Folge 2: Wie sich der Anspruch eines unfehlbaren Lehramts entwickelte; vom Mittelalter bis zum Ersten Vatikanischen Konzil  Klick mich
  • Folge 3: Überlegungen über einen zeitgemäßen Petrusdienst  Klick mich

(Um den jeweiligen Audiostream zu starten, auf der verlinkten Seite auf das Lautsprecher-Symbol neben der Überschrift klicken).

Mittwoch, 30. Januar 2013

TV-Tipp: Science-Talk mit einem Archäobotaniker

Heute um 21:45 läuft in ORF III die Sendung Science-Talk, in der der Archäobotaniker Andreas Heiss von seiner interessanten Tätigkeit berichtet. Hier geht es zum Trailer.
In den kommenden Tagen kann man die Sendung dann auch in der ORF-TVThek abrufen.

Pimp up my Phrygische Mütze

Winterzeit ist Nähzeit. Zumindest bei mir. Und da ich schon seit geraumer Zeit die phrygische Mütze meiner frühmittelalterlichen bzw. ottonenzeitlichen Ausstaffierung etwas verschönern bzw. verbessern wollte (mir ist der an der Stirn anliegende Stoff zu rau), entschloss ich mich vergangenes Wochenende diese Arbeit zu erledigen. Das Ergebnis sieht man unten (Notiz an mich: Das nächste Mal für alle Fotos die gleichen Kameraeinstellungen verwenden).
Diese Näherei geht, wenn man so wie ich nur vergleichsweise wenig Übung darin hat, ziemlich zäh von der Hand. Außerdem setze ich die Stiche recht eng. Dementsprechend lange habe ich benötigt; und zwar um die vier Stunden, plus einigen Pausen in denen ich mich mit unter anderem mit Angry Birds Star Wars entspannte. Masochist der ich bin, ließ ich mich außerdem während der Arbeit von einem Schwester-Fidelma-Hörbuch berieseln ;)

Die Phrygische Mütze vor der Verschönerung.

Mit Stecknadeln angehefteter Stoffstreifen (der eigentlich grün ist...)

Innenseite: Heftstich und Überwendlichstich. Nähere Infos dazu gibt es hier
Die fertige Mütze.

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Dienstag, 29. Januar 2013

Schlechte Vorzeichen vor der Schlacht


Ein unbekannter antiker Autor, "Pseudo-Hygin" genannt, schrieb folgendes über die sich in ihrem Lager auf die Schlacht vorbereitende Armee der Römer:

"Die Altäre stehen am Ende des praetoriums. Das auguratorium steht an der rechten Seite des praetoriums an der via principalis, damit der Feldherr die Vorzeichen richtig deuten kann. Das tribunal (= eine Art Tribüne) befindet sich auf der linken Seite, damit der Feldherr, nach der Deutung der Vorzeichen, darauf steigen kann um den Soldaten von den günstigen Omen zu berichten."

Und wehe, diese oder andere vor der Schlacht auftretende Omen waren ungünstig; römische Soldaten waren, nach allem was wir wissen, ungemein abergläubisch! Um zu verhindern, dass die Moral der Truppen Schaden nimmt, gibt beispielsweise Frontinus in seiner Stratagemata (= eine Sammlung von Kriegslisten)  anhand von konkreten Beispielen Ratschläge, wie man ungünstige Vorzeichen "passend" umdeuten kann. Als etwa der römische Feldherr Scipio Africanus bei der Landung an der afrikanischen Küste stolperte und der Länge nach hinfiel, deuteten seine Soldaten dies umgehend als ganz schlechtes Omen. Doch Scipio entgegnete ihnen geistesgegenwärtig, er habe Afrika, dem Land des Feindes, einfach nur einen harten Schlag versetzt ;) Wenig später siegte das römische Heer unter seinem Kommando in der Schlacht von Zama über Hannibal und die Karthager (Anmerkung: Auch Wilhelm der Eroberer soll, als er 1066 englischen Boden betrat, gestolpert sein. Möglicherweise eine Hinzufügung nach diesem antiken Vorbild).
Man nutzte angeblich schlechte Vorzeichen aber auch dafür, um im Nachhinein verlorene Schlachten zu rechtfertigen (damit wollte man wohl über das Versagen der militärischen und politischen Führung hinweggetäuschen). So soll vor der Seeschlacht von Drepana der Konsul Publius Claudius Pulcher aus Ungeduld eine religiöse Zeremonie abgebrochen haben. Anstatt abzuwarten, ob die Heiligen Hühner ihr Korn fraßen, was als gutes Vorzeichen gegolten hätte, ließ er sie über Bord werfen. Die Römer erlitten, welch Überraschung, in der folgenden Schlacht eine vernichtende Niederlage.

Eine Anmerkung zum Bild: Bei der Auswahl des Artikelbildes fiel mir ein, dass mich eine Blogleserin kürzlich in einem anderen Zusammenhang danach gefragt hat, ob ich wisse, warum manche Legionäre querstehende Helmkämme tragen.
Die einfache Antwort: Die Zenturionen ("Hundertschaftsführer") tragen diese crista transversa als Rangabzeichen. Außerdem sind sie vor allem noch an den Beinschienen und dem (meist) links getragenen Schwert vom normalen Legionär zu unterscheiden.

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Weiterführende Literatur:
  • Simon James | Rom und das Schwert: Wie Krieger und Waffen die römische Geschichte prägten | Philipp von Zabern | Infos bei Amazon
  • Kate Gilliver | Auf dem Weg zum Imperium: Eine Geschichte der römischen Armee | Nikol | Infos bei Amazon

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Montag, 28. Januar 2013

Hatten die Germanen Angst vor römischen Häusern?


Nein, die Germanen hatten wohl keine Angst vor römischen Häusern und den darin angeblich hausenden Geistern der Vorbesitzer; auch wenn man dies immer wieder liest. Tatsächlich verwendete man dort wo es möglich war und sinnvoll erschien römische Gebäude weiter (nachdem die ursprünglichen Eigentümer in den Hades befördert oder vertrieben worden waren). 
Archäologen haben etliche Anhaltspunkte für eine Siedlungskontinuität im Bereich römischer Landgüter ausgemacht; beispielsweise in Hirschberg-Großsachsen (Baden-Württemberg). Dort siedelten Alamannen inmitten römischer Gebäudereste.
Der Grund für den raschen Verfall vieler römischer Gebäude war nicht die Unlust der Germanen sie weiter zu benutzen, sondern schlicht und ergreifend die Unfähigkeit der neuen Herren das Mauerwerk dauerhaft instand zu halten. Man hatte schließlich nur Erfahrung mit Holzbauten. 
Andererseits war zumindest die oberste, germanische Führungsschicht (Königsfamilie, Herzöge, Hausmeier) durchaus in der Lage, das ganze frühe Mittelalter hindurch Villen bzw. Landgüter zu errichten, die sich teils stark an römischen Vorbildern orientierten. Und man ging dabei offensichtlich dermaßen geschickt vor, dass Archäologen germanisch-frühmittelalterliche Mauerreste schon einmal vorschnell den Römern zuordneten oder schlicht und ergreifend vor einem Rätsel standen, wie im folgenden Beispiel:
Im Umfeld des Doms von Fulda fanden Archäologen zwischen 1919 und 1953 nicht nur das typische Fundament eines vermeintlich spätantiken römischen Landhauses (villa rustica), sondern auch die Überreste von Fußbodenheizungen und sorgfältig verfugten Steinmauern, auf denen noch Reste von Putz und Bemalung auszumachen waren. Und das in einem Teil Germaniens, in dem die Römer nie dauerhaft Fuß gefasst hatten! Man zog daraus letztendlich den Schluss, dass Franken der Merowingerzeit hier ein Gut errichtet hatten, für das Anlagen aus dem von ihnen eroberten, damals bereits völlig romanisierten Gallien zum Vorbild genommen wurden.

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Freitag, 25. Januar 2013

Literatur: Schwester Fidelma und ein oft ahnungsloser Autor


Die im frühmittelalterlichen Irland angesiedelten Schwester-Fidelma-Romane erfreuen sich, wenn man den einschlägigen Amazon-Rezensionen Glauben schenkt, recht großer Beliebtheit. Besonders hervorgehoben wird dabei häufig die angebliche Pingeligkeit,  mit der der Autor Peter Tremayne die geschichtliche Rahmenhandlung dieser Buchreihe gestaltet. Nachdem ich mir nun drei der Romane in Hörbuchform zu Gemüte geführt habe, komme ich zu dem Schluss, dass diese wohlmeinenden Rezensenten wohl nicht so recht wissen, wovon sie da schreiben. Das 7. Jahrhundert, in dem die Nonne Fidelma als "Ermittlerin" tätig ist, ist bei Tremayne durchsetzt mit teils absurden Anachronismen. Außerdem bedient er sich gerne einer überzogenen Schwarz-Weiß-Malerei, wenn es darum geht seine Lieblinge, die keltischen Iren, in den Himmel zu heben. Aber der Reihe nach. Zuerst ein paar Beispiele dafür, wie sehr es diesem Keltologen und Historiker(!) an jener Sachkenntnis mangelt, für die man ihn ungerechtfertigterweise über den grünen Klee lobt:

1. Irische Handelsschiffe des 7. Jhs. hatten Passagierkajüten. Das ist Unsinn, denn in Wirklichkeit waren diese Schiffe vergleichsweise klein und flach. Soll heißen, sie besaßen so etwas wie ein Zwischendeck, in das man Passagierkajüten hätte einbauen können, gar nicht.
2. Ein Kirchenmann fordert Fidelmas königlichen Bruder auf, einen "Kreuzzug" gegen in Glaubensfragen abtrünnige Landsleute zu führen. Der Begriff "Kreuzzug" wurde erst gut 500 Jahre später erfunden. Genaugenommen existierte er noch nicht einmal, als der sogenannte 1. Kreuzzug bereits stattfand ...
3. Angelsachsen trugen Helme mit Hörnern. Bei diesem hanebüchenen, klischeehaften Blödsinn, erübrigt sich eigentlich jeder weitere Kommentar. Wo hat dieser "Historiker" bitteschön studiert? Oder besser gesagt, wann? Im 19. Jahrhundert?
4. Angelsächsische Schilde wurden von Metallrändern eingefasst. Auch das ist Unfug. Leder oder Rohhaut wurde dafür standardmäßig verwendet.
5. Typische Schilde der Angelsachsen waren so groß, dass man die Männer dahinter kaum noch sah: Falsch. Die Rundschilde maßen durchschnittlich nur 80-90 cm. 
6. Es gab im alten Irland Herbergen  mit Gästezimmern in einem oberen Stockwerk. Der Autor hat sich hier offensichtlich in Ort und Zeit geirrt und verwechselt das frühmittelalterliche Irland mit dem antiken Rom und dem cursus publicus. Die Iren lebten, abgesehen von Klöstern und größeren Burgen, in einfachsten, ebenerdigen Häusern, die keinerlei Stockwerke für zusätzliche Räume besaßen.
7. "Angelsachsen wuschen sich, im Gegensatz zu den Kelten (Iren, Waliser), nur einmal in der Woche; und selbst dann nur in Flüssen." Da der Autor Keltenfan ist, kennt er natürlich Cäsars "Der Gallische Krieg" in- und auswendig. Leider glaubt er alles was dort steht und verwechselt außerdem die Germanen des 1. vorchristlichen Jahrhunderts mit jenen des 7. Jahrhunderts. Er hätte wohl besser die "Germania" des Publius Cornelius Tacitus lesen sollen, denn dort steht über die Germanen: "...und sie waschen sich gewöhnlich warm..." Da Peter Tremayne aber auch Seife zu einem rein keltischen Accessoire erklärt und die Verwendung von selbiger den Germanen indirekt abspricht, wundert mich bei ihm ohnehin gar nichts mehr (dabei färbten sich bereits die frühen Germanen  mit einer Art Seife die Haare: Klick mich).

Tremayne selbst ist Engländer. Allerdings hat er auch irische bzw. keltische Vorfahren - glaubt man seinem Lebenslauf. Dies ist ein interessanter Aspekt, wenn man seine oft kleinliche Kritik an den Angelsachsen betrachtet. Sind die Fidelma-Romane vielleicht eine Art persönliche "Vergangenheitsbewältigung", mit der sich der Autor dafür entschuldigt, dass die eine Hälfte seiner Vorfahren (Angelsachsen), die andere Hälfte (Waliser, Schotten, Iren = Kelten) Jahrhunderte lang unterdrückte?
Übrigens, die Abneigung die der Autor den Angelsachsen gegenüber häufig zum Ausdruck bringt, wird nur noch von der ständigen Stänkerei über die "Römische Kirche" übertroffen, die er zu einem Hort der Finsternis aufbläst. In der Hinsicht ist Peter Tremayne wahrlich ein typischer Brite. Tony Blair konvertierte nicht zufällig erst nach Ablauf seiner Amtszeit zum Katholizismus. Aber das nur am Rande.
In seinem Übereifer die Kelten besonders gut dastehen zu lassen, verklärt der Autor Irland quasi zur Hochkultur und bemerkt nicht, wie sehr er dabei übers Ziel hinausschießt. Beispielsweise werfen geistliche und weltliche Herren ständig mit exotischen Zitaten um sich; Titus Petronius wird genauso bemüht, wie Publilius Syrus. Gerade so, als ob "Das Gastmahl des Trimalchio", zum Allgemeinwissen der irischen Oberschicht des 7. Jh. zählte. Wohl nicht einmal im Alten Rom selbst wären Gelehrte dermaßen über ihre eigenen Autoren informiert gewesen wie die irische Intelligenzia in den Fidelma-Romanen. Es ist natürlich auch gut möglich, dass der Autor den handelnden Personen seiner Bücher nur deshalb ständig solche geschraubten Reden in den Mund legt, weil er selbst dadurch intellektuell glänzen möchte. Fremdwortvöllerei ist schließlich ein häufig verwendetes Mittel der Angeberei und sozialen Abgrenzung.

Ungut fällt außerdem auf, dass der Hauptfigur ständig aufgrund ihrer vermeintlichen Großartigkeit gehuldigt wird. Sie ist ja nicht nur eine bekannte Rechtsgelehrte, sondern auch die Schwester eines irischen Königs.
Letzeres ist höchstwahrscheinlich ein Kunstgriff. Da der Autor wohl nicht mit Sicherheit sagen konnte, welche Autorität im irischen Rechtsystem des 7. Jahrhunderts eine Rechtsgelehrte wie Fidlema tatsächlich genoss, machte er sie einfach zur nahen Verwandten eines Herrschers. Dadurch fällt ihr das Herumkommandieren von Zeugen und Verdächtigen - beinahe wie im Stil einer modernen Kriminalpolizistin oder Staatsanwältin - schon deutlich leichter. Und in dieser Modernität liegt für mich ein weiterer Hund begraben. Fidelma ist die fleischgewordene Wunschvorstellung jener Frauen, die sich zwar ein wenig nach dem ach so romantischen Mittelalter sehnen, fernab von der Hektik unserer Gegenwart, aber dabei doch nicht soweit gehen wollen, ihre Gleichstellung gegenüber dem Mann aufzugeben. Das Motto lautet hierbei sozusagen, "wasch mir die Cotte, aber mach mich nicht nass". Dementsprechend muss auch die weibliche Heldin des modernen Mittelalterromans atypisch zur x-ten Potenz sein; dem Spagat im Oberstübchen der Leserinnen zuliebe.
Fidelma zur Seite steht ein Mönch. Und dieser Mönch, er trägt den Namen Eadulf, ist doch tatsächlich ein waschechter (ungewaschener?) Angelsachse. Doch halt! Eigentlich ist er nicht viel mehr als ein Waschlappen, der ständig quängelt wie ein kleines Kind: Fidelma, ich habe Hunger; Fidelma, ich habe Durst; Fidelma, wir sollten von hier verschwinden, es könnte gefährlich werden...
Wäre diese Memme keine fiktive Figur, man würde sich als Mann für ihn fremdschämen ;)
Freilich, ab und zu gibt es Momente, in denen Bruder Eadulf kurz auftrumpfen darf; aber nur um wenig später von der gönnerhaften Fidelma wieder auf Zwergenmaß zurechtgestutzt zu werden. Eigentlich erfüllt Eadulf nur den Zweck, mit seinen oft einfältigen Fragen und vorschnellen Urteilen, die geniale Fidelma in noch hellerem Licht erstrahlen zu lassen. Dass die beiden im späteren Verlauf der Roman-Reihe sogar heiraten - ja, das durften Mönche und Nonnen damals noch - ist eine andere Geschichte.
Apropos "Nonne": Fidelma ist eigentlich gar keine. Mehrmals erklärt sie in den Romanen, dass ihr die Verkündigung des Glaubens eher am Verlängerten Rücken vorbeigeht; viel lieber löst sie Kriminalfälle. In ihre Ordensgemeinschaft sei sie nur eingetreten, weil sie sich dadurch Vorteile für ihre Arbeit als Rechtsgelehrte und Ermittlerin erhoffte. Womit wir wieder bei jenen Leserinnen wären, die ein Mittelalter light bevorzugen. Jemand der seine Religion ernst nimmt und die persönliche Selbstverwirklichung hintanstellt, passt da einfach nicht.

Die historische Rahmenhandlung empfand ich meist als nur mäßig prickelnd. Nahezu unbekannte Kleinkönige - mit oft unaussprechlichen Namen - zanken sich ständig um die Vorherrschaft in einem Land, das am Rande der damals bekannten Welt lag.
Da sind die SPQR-Romane von John Maddox Roberts schon ein ganz anderes Kaliber; einfach weil das Alte Rom ein ganz anderes Kaliber war! Vor allem zeichnet sich die Hörbuchvariante durch einen großartigen Sprecher aus, der die Ironie und den Humor der Bücher perfekt wiedergibt.
Und mit diesem Tipp, möchte ich meinen Verriss der Fidelma-Romane eigentlich beenden ;)
Trotzdem sei eingeräumt, dass die Kriminalfälle manchmal gar nicht so schlecht gestrickt sind. Völlig unzumutbar sind ist die Nonne und ihr Freund Eadulf, trotz meiner geharnischten Kritik, deshalb nicht.

PS: Ein Blog-Leser war übrigens so freundlich und machte mich auf ein PDF-Dokument der Universität Freiburg aufmerksam, in dem man sich mit der großen Beliebtheit historischer Kriminalromane näher auseinandersetzt: Klick mich

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Donnerstag, 24. Januar 2013

Linktipp: Ubi-Erat-Lupa.org

Wer sich für antike Bildsteine und Epigraphik interessiert, dem sei die Internetseite ubi-erat-lupa.org empfohlen.
Man gibt dort beispielsweise den Namen eines Ortes in die Suchmaske ein, und bekommt dann sofort jene  in der Datenbank verzeichneten Funde aufgelistet, die aus der betreffenden Gegend stammen; inklusive Bilder, Datierung und einer Beschreibung dessen, was auf dem Stein dargestellt ist. Ich finde das überaus praktisch.
Den vorangegangenen Artikel zum römischen Relief in der Außenmauer der Pfarrkirche Dobl, habe ich übrigens auch unter anderem mithilfe dieses Portals aktualisiert.

Ein Römerstein in der Kirchenmauer

In der Nähe der steirischen Landeshauptstadt Graz liegt Dobl; eine kleine, unauffällige Landgemeinde. Nun gut, unauffällig vielleicht nicht, denn dort steht ein 1939 errichteter, unübersehbarer, gut 150 m hoher Sendeturm. Dieses Überbleibsel des 2. Weltkrieges möchte ich hier allerdings nicht näher unter die Lupe nehmen. 
Viel interessanter finde ich nämlich, dass in der Außenmauer der örtlichen Pfarkirche eine Spolie bzw. ein sogenannter "Römerstein" eingemauert wurde - siehe die beiden Fotos. Aufgrund der Haartracht der dargestellten Personen, würde ich den Stein ins 4. Jahrhundert datieren; da ich kein Kunsthistoriker bin, mag ich damit aber auch falsch liegen. Jedenfalls erinnert mich vor allem der links Dargestellte, vom Stil her, schwer an ihn. Außerdem bilde ich mir ein, dass die rechte Person, ihre Hand zum christlichen "Segenszeichen" formt (ausgestreckter Zeige- und Mittelfinger, abgewinkelter Ringfinger und Kleiner Finger).

Unweit der Pfarrkirche Dobl liegt ein heute mit dem freien Auge kaum noch erkennbarer, römischer Grabhügel, der eine nahezu quadratische Ummauerung aufweist bzw. aufwies - ich habe hier schon einmal kurz davon berichtetGut möglich, dass hier zumindest im weitesten Sinn eine Verbindung zu dieser Spolie besteht. 
Die Kirche selbst ist im Kern spätromanisch, wurde aber im Laufe ihrer Geschichte zigmal umgebaut bzw. erweitert. Zu welchem Zeitpunkt genau dieser antike Stein eingesetzt wurde, vermag ich deshalb nicht zu sagen. Es könnte allerdings erst relativ spät, etwa im 19. Jh. geschehen sein, als man sich verstärkt des antiken Erbes anzunehmen begann. Ein besonders eindrucksvolles Beipiel für dieses Wiederverwenden antiker Bildsteine, liefert das einige Kilometer entfernten Schloss Seggau: Klick mich 

NACHTRAG: In der Bilddatenbank Ubi-erat-lupa.org, fand ich zwischenzeitlich einen Eintrag, der genau diesen Bildstein behandelt. Datiert wird er ca. in die Mitte des 3. Jhs. Die rechts dargestellte Person ist ein Mann, dem man bei einem wohl schon weit zurückliegenden Restaurierungsversuch den Kopf eines Mädchens aufgesetzt hat, welcher wiederum von einem anderen Relief stammt (mir kam die Darstellung aufgrund der Proportionen und Frisur in der Tat ziemlich seltsam vor). Fragt sich nur, wo dieser zweite Stein geblieben ist?
Auch die Fingerhaltung dürfte eine andere Bedeutung haben als zuerst vermutet (Das kommt davon, wenn man noch spät am Abend Blog-Artikel verfasst; da übersieht man leicht das Offensichtliche...). Der Mann hat höchstwahrscheinlich, wie man es bei anderen Darstellungen ja auch immer wieder sieht, in der linken Hand eine Schriftrolle gehalten, auf die er mit der rechten Hand weist. Diese oft zu sehende Rolle bzw. Geste, könnte im Zusammenhang mit der Verleihung des Bürgerrechts stehen; allerdings ist das, soweit mir bekannt, in der Forschung umstritten. Und wenn man bedenkt, dass Caracalla im Jahr 212 ohnehin allen Freien im Reich das Bürgerrecht verlieh, dann würde das hier eventuell auch mit der Datierung des Steins nicht ganz übereinstimmen. Wie auch immer; nähere Informationen, wie z.B. die Begründung für die Datierung, findet man hier: Klick mich



Mittwoch, 23. Januar 2013

In Eigener Sache: Keine Schnüffelversuche

Folgendes möchte ich kurz klar stellen: Google Analytics und ähnliche von Marketing-Menschen ersonnene Schnüffel-Werkzeuge, kommt im Rahmen dieses Blogs nicht zum Einsatz. Die Mittel die mir Blogger zur Verfügung stellt, sind mehr als ausreichend, um mir einen vernünftigen Überblick zu verschaffen.
Ich betone dies alles deshalb, weil ich weiß, dass es etliche Nutzer gibt die es nicht gut heißen, wenn man ihre Surf-Gewohnheiten akribisch aufzeichnet. Ich zähle mich da selbst dazu. Und wie heißt es doch so schön: Was du nicht willst, das man dir tut,...

Wurde Amerika von Phöniziern (und Kelten!) entdeckt?

Welt.de berichtet ausführlich von einem Ende Jänner erscheinenden Buch, das recht interessant zu sein versprich; der Titel lautet: "Wurde Amerika in der Antike entdeckt?" Der Buchautor geht darin der Frage nach, ob vor den Wikingern nicht bereits die Phönizier und Kelten den amerikanischen Kontinent besucht haben könnten. Nicht, dass er der Erste ist, der diese These aufstellt, aber er scheint sich dem Thema sehr ausführlich gewidmet zu haben. Hier geht es zum Artikel: Klick mich

Ich fand die Behauptung, die Rahsegler der Antike hätten gar nicht gegen den Wind kreuzen können, und wären somit nicht imstande gewesen den Atlantik zu überqueren, schon immer etwas seltsam. Das was wir über das Rigg damaliger Seefahrzeuge wissen, beruht ja in erster Linie auf zeitgenössischen Darstellungen. Und bei Neptun, wenn Landratten Schiffe darstellen, dann schleichen sich häufig gravierende Fehler ein! Selbst die großartigen Marinemaler des 17. Jahrhunderts, haben sich in der Hinsicht manch einen Schnitzer erlaubt. Segel wurden z.B. oft viel zu bauchig dargestellt.
Es ist also durchaus denkbar, dass antike Schiffe die Fähigkeit besaßen gegen den Wind zu kreuzen. Man brauchte dazu nicht unbedingt Stagsegel, oder Lateinersegel wie sie die Karavellen des Kolumbus besaßen. Und man darf nicht vergessen, auch die Wikinger gelangten mit einer vergleichsweise primitiven Besegelung, und aufgrund günstiger Meeresströmungen, nach Amerika und wieder zurück. Warum also sollte das rund 1000 Jahre früher nicht auch schon möglich gewesen sein?

Dienstag, 22. Januar 2013

Diese historischen Hörbücher kann ich wärmstens empfehlen


Hörbücher können eine feine Sache sein. Im Gegensatz zu einem normalen Buch ist allerdings nicht nur die erzählte Geschichte selbst ein Qualitätskriterium, sondern auch der Vorleser. Und gerade bei letzerem Punkt hakt es in vielen Fällen gewaltig. Manch gutes Buch, wurde durch lustloses Herunterleiern ruiniert.
Leider gibt es überdies die (Un-)Sitte, bei Hörbüchern oft eine mehr oder weniger starke Kürzung des originalen Textes vorzunehmen; wohl damit eine bestimmte Anzahl an CDs nicht überschritten wird. Es handelt sich hier also um eine Kostenfrage. In Anbetracht der Tatsache, dass wir im Zeitalter des MP3-Formats leben, ein eher seltsamer Anachronismus. Vermutlich ist er aber den unzähligen Autoradios geschuldet, die nach wie vor nur ordinäre Audio-CDs wiedergeben können. Sei es wie es sei, diese Kürzungen können sehr misslingen und die Originalgeschichte ziemlich entstellen.
Nun aber zu meinen Lieblingshörbüchern mit historischem Handlungsrahmen, bei denen einfach alles stimmt und die ich uneingeschränkt empfehlen kann:

Sharpe-Reihe
Autor: Bernard Cornwell
Verlag: Kübler
Vorleser: Torsten Michaelis (Synchronsprecher von Jean Bean, Wesley Snipes)
Bisher erschienen: 8 Hörbücher
Zeit: Frühes 19. Jh. (Napoleonische Kriege)
Ort der Handlung: Indien und Europa
Handlung: Richard Sharpe, ein in den Slums von London aufgewachsener, aus der einfachen Mannschaft aufgestiegener Offizier, erkämpft sich seinen Platz in der britischen Armee und bekommt es dabei nicht nur mit äußeren, sondern auch mit den inneren Feinden Großbritanniens zu tun.
Fazit: Brutal spannend, im wahrsten Sinne des Wortes.

Uhtred-Reihe
Autor: Bernard Cornwell
Verlag: Audiobuch
Vorleser: Gerd Andresen
Bisher erschienen: 6 Hörbücher
Zeit: 9./10. Jahrhundert (Wikingerzeit)
Ort der Handlung: Das angelsächsische England
Handlung: Uhtred von Bebbanburgh, ein bei dänischen Wikingern aufgewachsener Angelsachse, kämpft sich durch das "dunkle Zeitalter" Englands, als die Insel von unbarmherzigen Kriegen heimgesucht wurde.
Fazit: Was der Autor Bernard Cornwell nicht beherrscht, ist das Erzählen von schmalzigen Beziehungskisten. Er verzichtet deshalb weitestgehend darauf und beschränkt sich auf seine Kernkompetenz; nämlich die packende und gut recherchierte Schilderung vergangener Kriege. Auch ist Uhtred, wie Sharpe, kein "Schwiegermutter-Typ", sondern hat Ecken und Kanten. 

SPQR-Reihe
Autor: John Maddox Roberts
Verlag: Audible
Vorleser: Erich Räuker (Synchronsprecher von Tom Paris, Star Trek Voyager)
Bisher erschienen: 13 Hörbücher
Zeit: 1. Jh. v. Chr.
Ort der Handlung: Meist die Stadt Rom
Handlung: Der leicht degenerierte Decius Caecilius Metellus der Jüngere, Spross einer angesehen und mächtigen Senatorendynastie, löst im Laufe seiner politischen Karriere eine Vielzahl an kniffligen Kriminalfällen, die in der Regel irgendwie mit den politischen Ereignissen jener unruhigen Tage zu tun haben. Immer wieder steigt er dabei seinen großen Zeitgenossen, wie etwa Cäsar, Pompeius oder Crassus, auf die Zehen; weshalb er auch mehr als nur einmal selbst das Ziel eines Mordanschlages wird.
Fazit: Ein gut recherchierter, herrlicher Einblick in die letzten Jahre der Römischen Republik; gewürzt mit einer kräftigen Prise Ironie, die der Vorleser dem Hörer wirklich grandios vermittelt.

Martin Luther & Thomas Müntzer - oder - Die Einführung der Buchhaltung  (Hörspiel)
Autor: Dieter Forte
Verlag: Der Audio Verlag
Sprecher: Hans-Peter Bögel, Hans Helmut Dickow, Jaromir Borek, Christian Brückner, Ernst Konarek, Tilo Prückner, Peter Lieck, Charles Wirths, Thomas Pieper, ...
Zeit: frühes 16. Jh (Reformation)
Ort der Handlung: meist Deutschland
Handlung und Fazit: Vorlage für dieses wunderbare Hörspiel von 1983 ist ein Theaterstück Dieter Fortes, in dem sozusagen das (Un-)Sittenbild einer Epoche gezeichnet wird. Die gesprochenen Dialoge sind oft sehr pointiert und haben mich immer wieder zum Schmunzeln gebracht. Aber Achtung, hier wird mit der üblichen Glorifizierung Luthers kräftig aufgeräumt. Der Reformator wird als mehr oder weniger williges Werkzeug des Hochadels dargestellt, mit dem dieser sich den Kirchenbesitz unter den Nagel reißen konnte. Der Papst andererseits, obwohl ziemlich hedonistisch und unheilig, erscheint hier in seiner aufgeklärten Art teilweise sympathischer als der Mönch aus Wittenberg, der den Glauben über die Vernunft stellt.
Der Autor musste hier übrigens kaum seine Phantasie gebrauchen, denn die  bekannten Fakten sprechen für sich; oder besser gesagt, gegen Luther.
Viele der für dieses Hörspiel engagierten Sprecher dürften dem Hörer bekannt vorkommen (auch wenn einige mittlerweile nicht mehr leben). Da wäre z.B. Christian Brückner, der wohl bekannteste deutsche Synchronsprecher, der seit Jahren Robert De Niro seine Stimme leiht. Oder Jaromir Borek, der in der österreichischen Kultserie "Ein echter Wiener geht nicht unter", den Schwiegervater Franz Werner spielte. Thomas Pieper wiederum lieh Alf seine Stimme, und Hans Helmut Dickow dürfte noch manch einem von der Fernsehserie "Die Fraggles" bekannt sein, in der er das Herrchen des Hundes Sproky spielte. Gerade Dickow gefällt mir in diesem Hörspiel als Friedrich der Weise besonders gut. Und das will etwas heißen, bei der Vielzahl an großartigen Sprechern.
(Ich habe übriges irgendwo mitbekommen, dass man dieses Hörspiel bei einem großen Videoportal probehören kann...)

Montag, 21. Januar 2013

Der Wanderstock, ein unverzichtbares Accessoire


Bekanntlich war das Mittelalter eine vergleichsweise unsicherer Zeit. Nicht nur Räuber waren ein Problem, sondern auch wilde Tiere. Im Angesicht dessen war es nicht nur für den Pilger vorteilhaft, wenn man zumindest einen massiven Stock zur Selbstverteidigung besaß, an dem praktischerweise auch das mit den eigenen Habseligkeiten gefüllte Bündel befestigt werden konnte. Meinen Stock habe ich mir vor ca einem Monat aus einem Haselnussstrauch geschnitten. Ganz gerade ist er zwar nicht, aber er liegt sehr gut in der Hand. Nun habe ich begonnen, ein wenig (dilettantisch) daran herum zu schnitzen. Da ich mich ja in ottonischer Zeit bewege (10. Jh.), konnte ich schlecht heidnischen Symbole verwenden und beschränkte mich daher auf solche, die dem Christentum zuzuordnen sind: ein Kreuz, das sich in sehr ähnlicher Form auf einer zeitgenössischen Fibel findet, und das Christus-Monogramm PX (Chi-Rho). Wobei die Schnitzereien hier auch einen praktischen Zweck erfüllen: Der Stock liegt dadurch rutschfester in der Hand. Geht es in den Infight mit einem Wolf, ist das sicher von Vorteil ;) Warum das erste Bild wieder so matschig wurde, weiß ich übrigens nicht. Der Autofokus scheint nicht richtig zu arbeiten. Und mein Kopf wurde auch schon wieder abgeschnitten ;)























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Freitag, 18. Januar 2013

Video: "Stil-Epochen"

Der Bayrische Rundfunk hat eine informative Sendereihe produziert, die den bezeichnenden Titel "Stilepochen" trägt. In 13 Folgen erfährt man viel Wissenswertes zum Thema Kunstgeschichte und darüber hinaus; beispielsweise werden im ersten Teil unter anderem Rekonstruktionen antiker, griechischer Reihenhäuser gezeigt.   Klick mich

Donnerstag, 17. Januar 2013

Linktipp: Kaltesonne.de

Wer sich abseits des medialen Mainstreams ausführlich über das Thema Klima bzw. Klimawandel informieren möchte, dem sei die Internetseite kaltesonne.de ans Herz gelegt. Es finden sich dort auch immer wieder interessante Artikel mit historischem Bezug. Die beiden Autoren, Fritz Vahrenholt und Sebastian Lüning, stützen sich bei ihrer Arbeit stets auf wissenschaftliche Studien und harte Fakten; soll heißen, sie saugen sich nichts aus den Fingern. Letzeres ist in diesem Metier leider keine Selbstverständlichkeit, wenn man bedenkt, dass einst großspurig  und im Brustton der Überzeugung prognostiziert wurde, in 10 Jahren gäbe es in Mitteleuropa nur noch schneelose Winter. Nun, die 10 Jahre sind längst um, und wenn ich so aus dem Fenster blicke, dann sehe ich eine beinahe 40 cm dicke Schneedecke...

Ölbäume im frühmittelalterlichen England?

Olivenbaum (Foto: Tbc / Wikimedia.org)
Als ich unlängst das Arbeitsbuch Geschichte, Mittelalter Repetitorium (UTB) hervorkramte, um einen Blick auf die darin enthaltene Herrscherliste des westfränkischen Reichs zu werfen, stolperte ich zufällig über folgenden Satz: "Karl der Große ordnete in einer seiner Kapitularien den Anbau von Feigen an, im 9. Jahrhundert sind in England Ölbäume(!) nachgewiesen." 
Dass in England je Ölbäume (Olivenbäume) gediehen, Mittelalterliche Warmzeit hin oder her, habe ich ehrlich gesagt noch nirgendwo gelesen. Leider wird  dieser Satz mit keiner konkreten Quelle belegt.
Freilich, das Klima in England war damals sehr mild, und theoretisch wäre es deshalb eventuell möglich, dass dort Olivenbäume wuchsen. Ein einziger, kalter Winter kann jedoch schon ausreichen, um den gesamten Bestand zu vernichten, da diese Bäume sehr frostempfindlich sind.

Interessant finde ich die Sache vor allem aus folgendem Grund: Im St. Galler Klosterplan (auch im 9. Jh. angefertigt) ist eine Ölpresse eingezeichnet. Darüber habe ich mich im Rahmen dieses Blogs schon schwer gewundert (Stichwort "Campus Galli"). Denn die bei uns wachsenden Ölpflanzen, wie etwa Mohn oder Flachs, wurden, soweit bekannt, erst Jahrhunderte später im größeren Maßstab in Ölmühlen verarbeitet. Außerdem eignet sich dieses Öl in mancherlei Hinsicht kaum für die typischen Anwendungsbereiche in Klöstern. Grundlage für Salböl war nämlich Olivenöl, das, anders als Mohn- oder Leinöl, nicht so leicht ranzig wird. Und auch für die großen, klösterlichen Radleuchter, soll Olivenöl als Brennstoff verwendet worden sein. Dieses Olivenöl wurde normalerweise für viel Geld aus Italien und Südfrankreich importiert. Aus all diesen Gründen machte eine Ölpresse (für Oliven) in einem frühmittelalterlichen Kloster nördlich der Alpen wenig Sinn.
Doch jetzt stellt sich eben die Frage, ob in St. Gallen - oder zumindest auf der Insel Reichenau, dem Ort an dem der Klosterplan entstand - damals Olivenbäume wuchsen, wie in England? Gab es im 9. Jh. dort irgendwo weitestgehend frostfreie Flächen, die sich für Olivenbaumpflanzungen eigneten - Stichwort Mikroklima?
Heutzutage werden Versuche unternommen, Olivenbäume auch in unseren Breiten anzusiedeln; Köln scheint bisher das nördlichste Gebiet zu sein, in dem dies mit besonders robusten Sorten im eher kleinen Maßstab und recht bescheidenem Ernteertag gelingt. Ob allerdings die modernen Züchtungen punkto Kälteresistenz mit jenen des Mittelalters überhaupt vergleichbar sind?

Nachtrag: Mehr zu diesem Thema siehe auch hier

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Literatur:
  • Eberhard Büssem | Arbeitsbuch Geschichte. Mittelalter. Repetitorium: 3. bis 16. Jahrhundert | UTB |
  • Infos bei Amazon
  • Konrad Hecht | Der St. Galler Klosterplan |  Thorbecke Jan Verlag | Infos bei Amazon


Mittwoch, 16. Januar 2013

Etwas zum Hören: Römische Kneipen, Kaiser Caracalla und "Weißes Gold"


Es ist wieder einmal an der Zeit, hier etwas für die Ohren zu verlinken:
  • "Wein, Weib und Würfelspiel - Ein Streifzug durch die Kneipen und Herbergen des Römischen Reiches"; so lautet der Titel einer launig gestalteten und wirklich sehr empfehlenswerten Radiosendung des Bayrischen Rundfunks (Spieldauer: 24 Minuten): Klick mich (direkter Downloadlink der Audiodatei)
  • Eine andere Sendung des Bayrischen Rundfunks beleuchtet Kaiser Caracalla (Foto), seine Zeit und am Rande die von ihm initiierte Vergabe des römischen Bürgerrechts an alle freien Einwohner des Reichs (Spieldauer: 5 Minuten): Klick mich (direkter Downloadlink der Audiodatei)
  • Beim Deutschlandfunk findet sich unter dem Titel "Wo das weiße Gold quillt", ein Audiobeitrag in dem man der Frage nachgeht, in welchen Gegenden Europas bereits vor Jahrtausenden Salz gewonnen wurde und welche Methoden die Menschen dabei anwendeten (Spieldauer: 4 Minuten): Klick mich  (Um den Audiostream zu starten, auf der verlinkten Seite auf das Lautsprecher-Symbol neben der Überschrift klicken).

Dienstag, 15. Januar 2013

Die Unrast der Germanen

Oft liest man, unter anderem bei antiken Schriftstellern, dass es Kinderreichtum war, der die Germanen ab dem 2. Jahrhundert immer häufiger dazu trieb, bei den Nachbarn vorbeizuschauen.; soll heißen, das Siedlungsland wurde für die stark anwachsende Bevölkerung allzu knapp, so dass der vielköpfige Nachwuchs mit Raub im Land der Römer seinen Lebensunterhalt verdienen musste. 
So einfach scheint die Sache jedoch nicht zu sein, denn wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge verstarben damals zwei von drei germanischen Kindern bereits recht jung. In der Spätantike kam es sogar vermehrt zu Menschenraub durch die Germanen; ein Indiz dafür, dass man aufgrund einer rückläufigen  Bevölkerungszahl dringend Arbeitskräfte benötigte, 
Die Gründe für die zunehmende Unrast der Germanen, dürften demnach andere gewesen sein. Welche dies tatsächlich waren, wird man nie mit Bestimmtheit sagen können. Theorien gibt es freilich mehrere. Eine der interessantesten macht eine damals einsetzende, und heute gut nachweisbare, Klimaverschlechterung dafür verantwortlich. Damit ist übrigens, im Gegensatz zur modernen Lesart, eine Abkühlung gemeint (Warmphasen andererseits, waren und sind für das Gedeihen der Menschheit von Vorteil, da sie das Pflanzenwachstum fördern; selbiges bewirkt  auch CO2). 
Eine Abkühlung und der damit einhergehende zunehmende Niederschlag führt unter anderem dazu, dass der mancherorts ohnehin schon nicht leicht zu bearbeitende, lehmige Ackerboden für die Holzpflüge zu schwer wurde - eiserne Pflugscharen waren damals bei den Germanen noch nicht überall im Einsatz. Auch nimmt man an, dass der Grundwasserspiegel teils erheblich gestiegen sein könnte, sodass tiefer liegende Felder regelrecht absoffen. 
Kurz gesagt, durch die Klimaverschlechterung fiel es den Germanen immer schwerer sich selbst zu ernähren. Deshalb bediente man sich bei den römischen Nachbarn, deren Landwirtschaft deutlich effizienter arbeitete (wobei die römische Landwirtschaft zeitgleich allerdings immer häufiger mit Problemen zu kämpfen hatte, die über das schlechte Klima hinausgingen).


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Montag, 14. Januar 2013

Das Bruchstück einer antiken Keramik (2300 Jahre alt?)

Die Fotos zeigen das Bruchstück einer antiken Keramik, genauer gesagt den Teil eines Henkels. Vielleicht gehörte dieser zu einer Amphore, vielleicht auch nicht. Bei der Unzahl an verschiedenen, Gefäßtypen möchte ich mich lieber nicht festlegen (Klick mich)
Zumindest der Fundort ist mir jedoch bekannt: Das berühmte Persepolis, welches 330 v. Chr. von Alexander dem Großen teilweise niedergebrannt wurde. Vielleicht stammt dieses Fragment aus genau jener Zeit? Oder ist es womöglich noch älter? Sollte sich ein Keramikfachmann hierher verirren - es darf auch eine Frau sein ;) - würde ich mich über zusätzliche Informationen sehr freuen.

Die Länge des Bruchstücks beträgt insgesamt 12,6 cm, der kreisrunde Querschnitt des Henkels 2,5 cm.
Das Wandstück ist zwischen 1,2 und 1,5 cm dick.

Das Bruchstück befand sich nicht unter der Erde, sondern war geraume Zeit Wind und Wetter ausgesetzt; das sieht man an den Bruchkanten, die teilweise rund geschliffen sind, und an den Resten von Flechten, die Teile der Oberfläche überziehen. Touristen und Bildungsreisende konnten Objekte wie dieses, bis in die 70er-Jahre hinein, einfach einsammeln und als Souvenir mit nachhause nehmen (was man natürlich nicht machen sollte).

Nachdem ich an einer Stelle den Schmutz mit Wasser und einer Zahnbürste entfernt hatte, sah ich plötzlich die möglicherweise weit über 2000 Jahre alten Fingernägelabdrücke des Töpfers. Für mich eine schöne Entdeckung.

Freitag, 11. Januar 2013

Digital rekonstruiert: Eine karolingische Kirche und ein Legionslager

Zufällig bin ich bei Wikimedia.org auf einen sehr schönen, digitalen Rekonstruktionsversuch einer karolingischen Kirche gestoßen (Den Artikel dazu gibt es hier). Ich finde solche schlichten, frühmittelalterlichen Gebäude ja wunderschön! Hier lebt unverkennbar die Antike bzw. provinzialrömische Architektur fort.

Niedermünster
(Foto: Christof Flügel / Wikimedia.org)





Eine weitere Rekonstruktion zeigt das römische Regensburg (Castra Regina).

Römisches Regensburg
(Foto: Christof Flügel / Wikimedia.org)




Donnerstag, 10. Januar 2013

Asterix und sein Flügelhelm


Im Frankreich des 19. Jahrhunderts versuchte man mit großer Anstrengung die Abstammung der Franzosen von den Kelten herzuleiten. Es sollte quasi eine Abgrenzung zu den "germanischen Deutschen" stattfinden. Was, nebenbei bemerkt, einer gewissen Ironie nicht entbehrt, da die Franzosen doch die germanischen Merowinger als ihre ersten Könige betrachten, sich der Name "Frankreich" vom germanischen Großstamm der Franken ableitet und selbst "Charlemagne" eindeutig dem germanischen Kulturkreis entstammte.
Im patriotischen Übereifer jener Tage suchte man jedenfalls eine historische Symbolfigur, die man Arminius, dem Nationalhelden der Deutschen, gegenüberstellen konnte. Die Wahl fiel auf Vercingetorix. Dass Vercingetorix im Gegensatz zu Arminius eigentlich ein "Loser" war, der es nicht geschafft hatte sein Volk vor der römischen Kolonialisierung zu bewahren, ignorierte man aus Mangel an echten Alternativen ;) 
Im Zuge des einsetzenden Vercingetorix- und Kelten-Booms wurden etliche Denkmäler errichtet, die an die  glorreiche Vergangenheit des französischen bzw. keltischen Volkes erinnern sollten. Eines davon entstand Anfang des 20. Jh. in Clermont-Ferrand (siehe Foto) und stellt den berühmten Keltenfürsten mit einem Kammhelm dar, dessen Vorbild nicht in die Eisenzeit (La Tène D) datiert - also in jene Zeit in der Vercingetorix lebte - sondern unpassenderweise in die Bronzezeit (möglicherweise handelt es sich dabei um einen in den 1830ern gemachten Fund aus Salzburg). An diesem Helm befestigte der Künstler zwei fantasievolle Flügel, für die es keinen historischen Beleg gab bzw. gibt.

1925 entstand dann das auch heute noch recht bekannte Symbol der französischen Zigarettenmarke Gauloises (=Gallier bzw. Gallierinnen), welches in abstrahierter Form einen geflügelten Kammhelm darstellt. Es liegt nun die Vermutung nahe, dass sich hier der zuständige Grafiker am Standbild in Clermont-Ferrand orientiert hat. Und auch René Goscinny und Albert Uderzo könnten dieser Mischung aus Anachronismus und Phantasie auf den Leim gegangen sein, als sie Asterix und einigen seiner Freunde Flügelhelme verpassten. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass sie sehr wohl darüber informiert waren, wie wenig authentisch diese Kopfbedeckung ist, sich aber deshalb nicht von ihrem Tun abbringen ließen, weil dieser vermeintlich gallische Flügelhelm durch die Zigarettenmarke in der Populärkultur bereits eine ähnliche Bedeutung besaß, wie der berühmt-berüchtigte Hörnerhelm in Bezug auf die Wikinger (im Übrigen, auch Germanen wurden damals gerne mit Flügeln an ihren Helmen dargestellt; siehe etwa das Hermannsdenkmal). Den Helmkamm ließ man bei Asterix und Co allerdings weg und setzte stattdessen auf die Helmspitze ein rundes Knöpfchen; ein weiteres Indiz dafür, dass die beiden Autoren durchaus wussten was sie taten. Denn diese Helmform ist typisch für die späte Eisenzeit und im Gegensatz zu den Flügeln durchaus passend.
Das Schwert, das Asterix trägt, wirkt aus archäologischer Sicht wiederum wenig authentisch. Jedoch weist es interessanterweise Ähnlichkeit mit einem Schwert auf, welches Teil einer hellenistischen Skulptur aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. ist, die einen sich selbst tötenden Gallier/Kelten darstellt. Hier ein Bild der teilweise rekonstruierten, römischen Kopie des zerstörten Originals: Klick mich  Kannten Goscinny und Uderzo möglicherweise diese Skulptur?
Und übrigens, die Asterix-Hefte werden bekanntlich mit folgendem Satz eingeleitet: "Wir befinden uns im Jahre 50 v.Chr. Ganz Gallien ist von den Römern besetzt..."  Hier ist nun interessant, dass Cäsars berühmter Bericht vom Gallischen Krieg wie folgt beginnt: "Gallia est omnis..." Und dies bedeutet frei übersetzt ebenfalls, "Ganz Gallien...." Zufall ? ;)

Mittwoch, 9. Januar 2013

Das Wort Besitz stammt aus dem Mittelalter (angeblich)

Es ist schon komisch, wo manche Wortbedeutungen herrühren sollen; beispielsweise im Fall von "Besitz":
Im Mittelalter wurden Grundstücke nicht nur per schriftlichem Kaufvertrag übertragen, sondern es galt mitunter auch symbolische Handlungen vorzunehmen. So eine Handlung war es, das neu erworbene Land zu besetzen - wortwörtlich! Mann musste nämlich einen Stuhl nehmen, den irgendwo auf seinem Land aufstellen und sich dann drei Tage lang daraufsetzen ^^
Ich nehme allerdings an, dass man zumindest aufstehen durfte, wenn man seine Notdurft verrichten musste ;)   Überlege ich mir weiters, dass man zwischendurch ja auch Schlaf benötigt, dann frage ich mich ernsthaft, wie praktikabel die Sache war...


Weiterführende Literatur:
Gerhard Wagner | Schwein gehabt!: Redewendungen des Mittelalters | Regionalia Verlag | Infos bei Amazon

Dienstag, 8. Januar 2013

2150 Jahre alte Pillendose samt Inhalt entdeckt

Ich muss gestehen, wenn es um Medizingeschichte geht, dann tut sich bei mir ein ziemliche Wissenslücke auf (etwas über Krankheiten zu lesen, finde ich einfach wenig prickelnd). Trotzdem gibt es in diesem Bereich immer weder erstaunliche Entdeckungen. In der österr. Tageszeitung "Die Presse" findet sich beispielsweise ein interessanter Artikel, in dem man vom Inhalt einer 2150 Jahre alten Pillendose berichtet: Klick mich

Die Medizin der Antike wies auch einige echte Kuriositäten auf: Beispielsweise die Ernährungstipps des Pythagoras, der den Anhängern seiner philosophischen Schule wohl allen Ernstes den Verzehr von Bohnen verbot. Es gibt nun seitens der Historiker die tollsten Theorien, welche medizinischen Überlegungen denn hinter diesem Verbot gesteckt haben könnten. Ich bin der Meinung, der gute Mann hätte einfach bei seinen Dreiecken und Quadraten bleiben sollen ;)
Der Ursprung aller Krankheiten war nach antiker Vorstellung übrigens die Büchse der Pandora, aus der sich, als man sie erst einmal geöffnet hatte, alles Übel über die Menschheit ergoss...

Montag, 7. Januar 2013

Ein frühmittelalterlicher, angelsächsischer Kübel

Angelsächsisches Kübelchen
(Zerichnung: Hiltibold - No rights reserved)
Die hier von mir angefertigte Zeichnung hat einen Kübel (= Eimer ;)) zur Vorlage, der sich als Beigabe in einem angelsächsischen Grab aus dem 6./7. Jh. befand. Interessant daran ist, dass das Original nur ca 10 cm hoch war ^^
Von einem Kübel zu sprechen ist daher wohl etwas übertrieben. Eher handelt es sich hierbei um die Miniatur eines Kübels bzw. ein Kübelchen.
Zusammengehalten wurden die hölzernen Dauben mit Bändern, deren Material als "Kupferlegierung" angegeben wird (es gab allerdings auch Exemplare mit eisernen Bänder). 
Wie ich nun feststellte, gibt es (bei Flickr) jemanden, der sich auf diese kleinen, teils recht kunstvollen Behälter aus dem angelsächsischen Frühmittelalter spezialisiert hat; die Nachbauten scheinen auf Grabfunden zu beruhen (einige der Exemplare kenne ich nämlich von diversen Rekonstruktionszeichnungen her): Klick mich 

Kübel in verschiedenen Größen, finden sich übrigens als Grabbeigaben zeitgleich (Merowingerzeit) auch auf dem Kontinent; beispielsweise im bekannten Grab des Herrn von Morken (vermutlich ein germanisch-fränkischer Adeliger, der um das Jahr 600 starb).

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Weitere interessante Themen auf diesem Blog: 

Samstag, 5. Januar 2013

Da bleibt einem nur noch die Spucke weg

Die Türkei, genauer gesagt ein türkischer Archäologe (der wohl nicht ganz ohne Rückendeckung von "oben" agiert), möchte wohl wieder einmal etwas zurückhaben. Diesmal ist es nicht das Schliemann-Gold, für das ja eigentlich schon vor langer Zeit eine großzügige Entschädigung an das damalige Osmanische Reich bezahlt wurde (ein Umstand den man übrigens geflissentlich ignoriert), sondern man hat sich als Objekt der Begierde  noch etwas viel Originelleres auserkoren: die in Bari (Italien) aufbewahrten und verehrten Gebeine des Heiligen Nikolaus von Myra; und ja, das ist genau DER Nikolaus!

Sinn und Zweck der Aktion: Der türkische Fremdenverkehr soll in Antalya mit den Knochen dieses christlichen Heiligen angekurbelt werden (sic!... oder treffender, sick!)  Kipa berichtet: Klick mich

Wenn man bedenkt, dass man diese Reliquie bereits im 11. Jh. (!), und noch dazu ausgerechnet im Angesicht der anrückenden Seldschucken (=Türken) nach Italien verbrachte, dann wäre hier das Wort Chuzpe wohl ein überaus unangebrachter Euphemismus. Diese ganze Sache fügt sich allerdings hervorragend in folgendes, wiederholt besprochenes Bild ein:  Klick mich

Noch viel zu tun, für Mediävisten

Kürzlich las ich in der Zeitung, dass man auf einem mittelalterlichen Pergament einen bislang unbekannten Text eines antiken Schriftstellers entdeckte. Der Autor des Zeitungsartikels war ganz verblüfft darüber und fragte sich, wie man dies bislang übersehen konnte. Mich persönlich wundert so etwas weniger, wo doch, laut Robert Fossier, bisher nur rund ein Viertel(!) aller erhaltenen Texte aus dem Mittelalter wissenschaftlich ausgewertet wurde.  Da dürfte noch manch unentdecktes Geheimnis in den Archiven schlummern...

Freitag, 4. Januar 2013

Das Schweigen der Käfer: Krabbeltiere in Königin Edgithas Sarg

In der Badische Zeitung findet sich ein Artikel über eine "Käferdedektivin" und ihre interessante Theorie zu den unzähligen, verschiedenartigen Käfern und Insekten, die überraschend in dem wiederentdeckten Sarg von Königin Edgitha, der ersten Frau Ottos des Großen, gefunden wurden: Klick mich
Und ich entschuldige mich bei den eher zartbesaiteten für dieses Gruselfoto mit dem Speckkäfer, aber der findet auch im verlinkten Artikel Erwähnung ;)


Donnerstag, 3. Januar 2013

Was hat Petrus mit einem Hahn zu schaffen?

(Foto: Johann Jaritz / Wikimedia.org)
Die ältesten noch erhaltenen Abbildungen von Petrus stammen aus dem 3. Jahrhundert nach Christus und finden sich in den Katakomben Roms.  Er wird hier oft mit dichtem Haar und kurzem Bart dargestellt - im Gegensatz zu Paulus, der auf Abbildungen jener Zeit meist eine Halbglatze hat und einen langen Bart trägt. 
Petrus steht in diesen frühen Darstellungen häufig mit demütig gesenktem Kopf neben Jesus; und als besonderes Merkmal sitzt zu seinen Füßen ein Hahn. Doch wieso ausgerechnet ein Hahn? Nun, beim Evangelisten Lukas findet sich folgendes Zitat von Jesus: "Petrus, ich sage dir, dass der Hahn heute nicht krähen wird, ehe du dreimal geleugnet hast, dass du mich kennst" (Lk 22,33-34). 
Von dieser, laut Bibel, tatsächlich eingetroffenen Prophezeiung, soll sich in weiterer Folge übrigens auch unser oft auf Kirchtürmen sitzender Wetterhahn ableiten. Petrus hat, als es brenzlig wurde, Jesus verleugnet und sich sozusagen wie ein Fähnchen im Winde gedreht - so wie es in gewisser Weise ja auch der Wetterhahn macht :)

Als Kirche und Papsttum verstärkt begannen von Petrus ihren Machtanspruch abzuleiten, gab man die demütige Darstellung mit dem gesenkten Kopf und dem Hahn auf, und bildete Petrus stattdessen zunehmend als Apostelfürsten mit gekreuzten Schlüsseln ab (= die Schlüssel zum Himmelreich).
Anzumerken wäre abschließend noch, dass der Hahn ursprünglich ein Attribut des Asklepios war. Deshalb wurden Petrus-Darstellungen wohl bereits in der Antike des öfteren mit diesem griechischen Gott verwechselt.

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Literatur-Tipp:

Mittwoch, 2. Januar 2013

Ein frühmittelalterliches Messer: Teil 2

Im nun schon einige Wochen zurückliegenden 1. Teil habe ich vor allem davon berichtet, wie ein ottonenzeitliches Messer nicht aussehen sollte und welche im Netz frei zugängliche Literatur für die Recherche besonders hilfreich sein kann (ich verlinke noch einmal darauf am Ende des Beitrags).
Nachdem ich die benötigten Informationen gesammelt und ausgewertet hatte, beauftragte ich Schorsch den Schmied mir das Messer anzufertigen; sein Kollegen Aulus von der Ledermanufaktur war für die Messerscheide zuständig. 
Dieser Tage ist das nach meinen Wünschen angefertigte Messer eingetrudelt und ich kann es nun im Rahmen dieses Blogs ein wenig unter die Lupe nehmen. Vorweg aber einige allgemeine Informationen:
Charakteristisch für ein der Ottonenzeit zuzuordnendes Messer ist eine Klinge mit mehr oder weniger geradem Rücken; daneben gab es durchaus noch andere Formen. Die durchschnittliche Klingenlänge beträgt rund 9 cm; allerdings gibt es auch hier etliche Funde, die eine Ausnahme von der Regel darstellen. Für den Griff kommen Holz, Horn und Elfenbein in Frage; wobei Holz besonders häufig Verwendung fand (auch gab es in ottonischer Zeit Messergriffe, die lediglich aus der tordierten Griffangel bestanden, wie westslawische Funde belegen). Bei etlichen Messern verbreitert sich der Griff außerdem am hinteren Ende.
Vor allem ein Thema muss ich noch einmal ansprechen: Griffplätchen, siehe die Zeichnung im ersten Teil, gab es im 10. und frühen 11. Jh., also in ottonischer Zeit, wohl keine. In der Arbeit von Holtmann heißt es, dass diese Technik bei normalen Messern (also keinen Saxen) erst für das 12. Jh. sicher nachweisbar ist. Jedoch der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass an anderer Stelle geschrieben steht, dass zwingenartige, metallene Einfassungen des Griffstücks (quasi Griffplättchen), sowie Knäufe, bei Messern die in den dänischen Mooren Kragehul und Nydam gefunden wurden, in das 4.-5. Jahrhundert datieren. Zurecht kann man hier anmerken, dass dies der Aussage, es habe Griffplättchenmesser erst ab dem 12. Jh. gegeben, widerspricht. Trotzdem, zumindest für ottonische Zeit scheint es keine eindeutigen Belege dafür zu geben. Man ist demnach auf der sicheren Seite, wenn man auf Griffplättchen bei seinem Messernachbau verzichtet.
In Schweden wurden außerdem ins 9. und 10. Jahrhundert datierte Messer bzw. Messergriffe gefunden, die teilweise mit Silberdraht umwickelt waren. Auf Zeichnungen und einigen Fotos sehen diese Drahtwindungen allerdings manchmal so aus, als handle es sich um Griffplättchen aus Metall. Hier besteht demnach eine gewisse Verwechslungsgefahr! Ähnlichs gilt für ausgeschmiedete Verdickungen am Übergang zwischen Klinge und Angel. Sie können bei oberflächlicher Betrachtung ebenfalls mit Griffplättchen verwechselt werden.
Was es in ottonischer Zeit unzweifelhaft gab, wenn auch in recht geringem Umfang, sind Metallhülsen bzw. -Manschetten, die die Griffenden umschließen um ein Aufspleißen des Holzes zu verhindern. Auch dies mag für das nicht ganz so geübte Auge, und da nehme ich mich nicht aus, manchmal wie eine massive Griffplatte aussehen. 
Typische ottonenzeitliche Messer waren übrigens Griffangelmesser, keine Griffzungenmesser.

Die aus einem nicht rostfreien Stahl (C60) geschmiedete Klinge (gut 14 cm lang, ohne Griffangel)
(Foto: Schorsch der Schmied)
Die geschliffene und polierte Klinge, sowie der noch ungeschliffene Griff aus Zwetschgenholz
(Foto: Schorsch der Schmied)
Der Griff wurde auf die erhitzte Griffangel aufgesteckt und mit Birkenteer verklebt
(Foto: Hiltibold - No rights reserved)
Das ca 2,5 mm starke Rindsleder der Messerscheide, wurde von Hand vernäht 
(Foto: Hiltibold - No rights reserved)
Das Messer, schön verpackt. Mit der Lederschlaufe wird es am Gürtel befestigt.
(Foto: Hiltibold - No rights reserved)
Detailaufnahme der Messerscheide bzw. der Naht aus Leinengarn
(Foto: Hiltibold - No rights reserved)


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Weiterführende Informationen:
  • Der Ottonik-Kitguide von Wilhaim.de bietet einen leicht verständlichen und umfangreichen Überblick zu Kleidung, Bewaffnung und sonstiger Ausrüstung des 10. und frühen 11. Jahrhunderts (im deutschen Sprachraum): Klick mich
  • Gerhard Folke Wulf Holtmann geht in seiner umfangreich bebilderte Dissertation detailliert auf die im Mittelalter und der frühen Neuzeit verwendeten Messer ein; es wird vor allem der Zeitraum vom 8. bis zum 17./18. Jh. behandelt. Die Arbeit ist ziemlich genau 20 Jahre alt und, so könnte man eventuell einwenden, nicht mehr auf dem letzten Stand der Forschung. Da sie allerdings überwiegend auf statistischen Erhebungen beruht - konkret ausgedrückt, auf weit über 1000 breit gestreuten Einzelfunden - dürften auch zwischenzeitlich gemachte Neufunde, die in der Arbeit getroffenen Aussagen kaum verändern: Klick mich